Hongkong 02 - Noble House Hongkong
reiten?«
»Würden Sie an meiner Stelle anders handeln?«
Beide Männer lächelten, und Crosse fragte: »Was können wir für Sie tun?«
Dunross richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Sinders. »Die neuen Berichte kann ich Ihnen nicht geben – ich kann nichts Unmögliches tun. Aber ich kann Ihnen etwas geben – ich weiß noch nicht, was es ist, aber ich habe eben ein Päckchen von AMG erhalten.«
Beide Beamten waren überrascht. »Durch Boten überbracht?« fragte Sinders.
Dunross zögerte. »Durch Boten überbracht. Aber jetzt bitte keine Fragen mehr, bis ich zu Ende bin!«
Sinders zündete seine Pfeife an und schmunzelte. »Das sieht AMG ähnlich, noch im Jenseits aktiv zu werden. War immer schon ein kluges Kerlchen. Verzeihung, bitte sprechen Sie weiter!«
»Die Information, so heißt es in AMGs Botschaft, sei von besonderer Wichtigkeit, und sollte nur an den Premierminister persönlich oder den jetzigen Leiter der MI-6, Mr. Edward Sinders, weitergereicht werden – nach meinem Belieben, und sofern ich es für politisch vertretbar halte.« Dunross holte tief Atem. »Da Sie sich über das Wesen eines Tauschhandels im klaren sind, bin ich bereit, ›es‹ Ihnen in Gegenwart des Gouverneurs, und von sonst niemandem, zu übergeben. Als Gegenleistung wird Brian Kwok entlassen und, wenn er es wünscht, abgeschoben, damit wir mit Tiptop ins Geschäft kommen.«
Die Stille verdichtete sich. Sinders paffte seine Pfeife. »Was meinen Sie, Mr. Crosse?«
Roger Crosse dachte über ›es‹ nach. Was konnte das für eine Information sein, daß sie nur an den Premierminister oder Sinders weitergegeben werden durfte? »Ich denke, Sie könnten Mr. Dunross’ Vorschlag in Erwägung ziehen«, antwortete er verbindlich. »Mit Muße.«
»Keine Muße«, versetzte Dunross in scharfem Ton. »Wir brauchen das Geld dringend, und offensichtlich ist auch die Freilassung dringend. Bis Montag um zehn, wenn die Banken …«
»Möglicherweise hat weder Tiptop noch das Geld irgendwelchen Stellenwert in dieser Gleichung«, unterbrach ihn Sinders; er spürte, daß seine Stimme brüchig klang.
»Es macht dem SI – oder auch der MI-6 – nicht das geringste aus, wenn ganz Hongkong vor die Hunde geht. Haben Sie denn überhaupt eine Vorstellung, welchen Wert ein ranghoher Inspektor im SI – insbesondere ein Mann von Brian Kwoks Qualifikation und Erfahrung – für den Feind haben könnte, wenn Brian Kwok tatsächlich in Haft ist, wie Sie denken und dieser Tiptop behauptet? Haben Sie auch schon daran gedacht, daß die Informationen eines solchen feindlichen Verräters über seine Kontakte und Auftraggeber von größter Bedeutung für das ganze Königreich sein könnten?«
»Ist das Ihre Antwort?«
»Hat Mrs. Gresserhoff Ihnen das Päckchen überbracht?«
»Sind Sie zu einem Tauschhandel bereit?«
»Wer ist Mrs. Gresserhoff?« Crosse war gereizt.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Sinders, »beziehungsweise nur so viel, daß sie die verschwundene Empfängerin des zweiten Telefonanrufs von AMGs Sekretär Kiernan ist.« Sein Mund lächelte Dunross an. »Hat Mrs. Gresserhoff Ihnen das Päckchen gebracht?«
»Nein«, antwortete Dunross, und das ist nicht wirklich gelogen, beruhigte er sein Gewissen. Es war Riko Anjin.
»Wer denn?«
»Ich will Ihnen diese Auskunft gern geben, sobald wir unseren Handel abgeschlossen haben.«
»Es gibt keinen Handel«, erklärte Crosse, und Dunross machte Anstalten, sich zu erheben.
»Augenblick, Mr. Crosse«, schaltete Sinders sich ein, und Dunross ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen. Der MI-6-Mann klopfte mit dem Pfeifenmundstück gegen seine vom Tabak verfärbten Zähne. »Mr. Dunross«, sagte er schließlich, »sind Sie bereit zu beeiden, daß Sie nicht im Besitz der Originale der AMG-Berichte sind?«
»Ja«, erwiderte Dunross sofort, durchaus willens, die Wahrheit zu verschleiern – AMG hatte die Originale immer behalten und ihm nur den ersten Durchschlag geschickt. »Nächster Punkt?«
»Montag wäre unmöglich.«
Dunross fixierte Sinders. »Unmöglich, weil Brian Kwok verhört wird?«
»Jeder feindliche Agent, der uns ins Netz geht, wird selbstverständlich sofort vernommen.«
»Und Brian wird eine harte Nuß sein.«
» Wenn er der Kunde ist, würden Sie das besser wissen als wir. Sie sind seit langem mit ihm befreundet.«
»Ja, und ich halte ihn immer noch für einen aufrechten, pflichtgetreuen englischen Polizeibeamten. Wie ist das überhaupt möglich?«
»Wie waren
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