Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Stanley.«
»Sie und Ihre Ahnungen!«
»Man kann nie wissen, Stanley, es hätte was sein können«, sagte Crosse, bemüht, wieder in den Vollbesitz seiner Sinne zu gelangen. Er hatte seine »Ahnung« frei erfunden und Rosemont aufgefordert, mitzukommen – und unten zu warten, um Rosemonts CIA-Männer, die das Haus beobachteten, von der Fährte abzubringen.
»Fühlen Sie sich nicht wohl, Rog?«
»Doch, doch. Warum fragen Sie?«
Rosemont zuckte die Achseln. »Haben Sie Lust auf einen Kaffee oder ein Bier?« Sie gingen in die Nacht hinaus. Rosemonts Wagen wartete auf der Straße.
»Nein, danke. Ich muß da rauf.« Crosse deutete auf den Rose Court, das Hochhaus, das ein Stück weiter die Straße hinauf stand. »Pflichtbesuch bei einer Cocktailparty.«
Wieder stieg Angst in ihm auf. Was soll ich nur tun?
»Haben Sie was, Rog?«
»Nichts.«
»Rose Court. Vielleicht sollte ich mir da eine Wohnung nehmen. Klingt doch gut: Rosemont von Rose Court.«
»Ja, das klingt wirklich gut. Wollen Sie zum Hafen hinunterkommen, wenn die Iwanow ausläuft?«
»Warum nicht?« Rosemont unterdrückte ein Gähnen. »Diesen Computer-Bastard haben wir heute abend auseinandergenommen. Stellte sich heraus, daß sich der Kerl noch eine ganze Menge geheimer Informationen aufgespart hatte.«
»Was?«
»Allerlei Häppchen in bezug auf die Corregidor. Ihre maximale Geschwindigkeit, wo ihre Atomsprengköpfe herkommen, die Codes zum Scharfmachen und dergleichen mehr. Ich gebe Ihnen dann eine genaue Übersicht. Holen Sie mich um Mitternacht ab?«
»Ja, gut.« Crosse machte kehrt und eilte die Straße hinauf. Stirnrunzelnd sah Rosemont ihm nach. Alle zwölf Stockwerke des Rose Court waren hell erleuchtet. Crosse bog um die Ecke und verschwand im Dunkel.
Was ist denn mit Rog los? fragte sich Rosemont nachdenklich. Etwas stimmt da nicht.
10
20.10 Uhr:
Mit hartem Blick verließ Crosse im fünften Stockwerk den Aufzug. Die Tür zum Apartment von Asian Properties stand offen. Der große Raum war voll Menschen.
Er blieb auf der Schwelle stehen; seine Augen suchten Plumm oder Dunross. Es fiel ihm gleich auf, daß sich die meisten Gäste in deprimierter Stimmung befanden; was seine Unruhe noch steigerte. Es waren nur wenige Frauen gekommen – sie standen in kleinen Gruppen am anderen Ende des Saales. Man unterhielt sich erregt über das bevorstehende Debakel an der Börse und den Sturm auf die Banken.
»Macht sich ja sehr gut, wenn die Victoria die Übernahme der Ho-Pak in Millionenhöhe bekanntgibt, aber wo soll das Bargeld herkommen, das wir alle brauchen, um weitermachen zu können?«
»Es ist eine Fusion, keine Übernahme, Dunstan«, ließ sich Richard Kwang vernehmen. »Die Ho-Pak ist …«
Barres Gesicht lief rot an. »Verdammt, Richard, wir sind ja alte Freunde und wissen alle, daß es mehr ist als eine bloße Sanierung! Wir sind doch keine Kinder! Das Entscheidende«, sagte Barre und erhob seine Stimme, um Richard Kwang und Johnjohn zu übertönen, »das Entscheidende, alter Knabe, ist doch, daß wir, die Geschäftsleute Hongkongs, Fusion hin, Fusion her, uns einfach nicht über Wasser halten können, wenn eure verdammten Banken ohne Geld dastehen! Schlechtes Management, wenn man mich fragt«, erklärte er verdrießlich unter allgemeiner Zustimmung. Sein Blick fiel auf Crosse, der an ihm vorbei wollte. »Guten Abend, Roger«, begrüßte er ihn mit einem dünnen Lächeln.
Roger Crosse registrierte die aufmerksame Vorsicht, der er immer wieder begegnete, wenn er überraschend auf einen Menschen stieß. »Ist der Tai-Pan da?«
»Nein, noch nicht«, antwortete Johnjohn, und Crosse atmete erleichtert auf.
»Sind Sie sicher?«
»Aber ja«, bekräftigte Dunstan zornig. »Diese verdammten Banken! Wenn sie nicht …«
Johnjohn unterbrach ihn. »Sind Sie mit den dreckigen Werwölfen schon weitergekommen, Oberinspektor?« Die Entdeckung der beiden Leichen war das Leitthema von Radio Hongkong und aller chinesischen Zeitungen gewesen – Sonntag nachmittag erschienen keine englischen Blätter.
»Ich weiß nicht mehr als Sie alle«, erwiderte Crosse. »Wir sind immer noch bemüht, die Opfer zu identifizieren.« Er wandte sich an Richard Kwang. »Wissen Sie etwas von entführten oder auch nur vermißten Söhnen oder Neffen?«
»Nein, tut mir leid.«
»Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich möchte unseren Gastgeber begrüßen.« Crosse drängte sich durch die Umstehenden. »Guten Abend, Mr. Toxe«, sagte er und schob sich an
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