Hongkong 02 - Noble House Hongkong
dem großgewachsenen, hageren Herausgeber des Guardian vorbei. »Mein Beileid!«
»Joss.« Christian Toxe bemühte sich, ruhig zu sprechen, und blieb vor ihm stehen.
»Joss. Sie würde … Na ja, das Leben geht weiter.« Sein gezwungenes Lächeln wirkte fast grotesk. »Der Guardian muß auch weiter erscheinen, nicht wahr? Haben Sie später einen Augenblick Zeit für mich?«
»Gewiß. Nicht zur Veröffentlichung bestimmt, wie immer?«
»Selbstverständlich.«
Er ging weiter, an Pugmire und Sir Luis vorbei, die sich angelegentlich über die General-Stores-Struan’s-Übernahme unterhielten, und sah Casey in der Mitte einer Gruppe auf dem breiten Balkon, von dem man eine weite Aussicht über den Hafen genoß. DeVille war dabei und auch Gornt, ein mildes Lächeln um die Lippen, was Crosses Verwunderung erregte. »Hallo, Jason«, sagte er, auf Plumm zutretend, der, ihm den Rücken zukehrend, mit Joseph Stern und Philip Tschen plauderte. »Danke für die Einladung!«
»Oh, hallo, Roger! Schön, daß Sie kommen konnten!«
»Guten Abend«, begrüßte er die anderen. »Wo bleibt denn Ihr Ehrengast, Jason?«
»Der Tai-Pan hat angerufen. Er wurde aufgehalten, ist aber schon unterwegs und muß gleich da sein.« Plumm befand sich sichtlich in einem Zustand innerer Spannung. »Der Champagner ist bereit, meine kleine Rede auch. Alles ist bereit. Kommen Sie, Roger, ich hole Ihnen etwas zu trinken! Ein Perrier, nicht wahr?«
Crosse folgte ihm. Auch er war froh, eine Gelegenheit zu haben, unter vier Augen mit ihm zu sprechen, aber in diesem Moment trat plötzlich Stille ein. Dunross stand in der Tür, neben ihm Riko und Gavallan. Alle drei strahlten.
»Hören Sie, Jason, ich …« Crosse verstummte. Plumm hatte sich bereits der Bar zugewandt, und wenn Crosse nicht genau aufgepaßt hätte, er hätte nie gesehen, wie Plumms linke Hand sehr geschickt die kleine Phiole über einem der gefüllten Champagnergläser zerbrach und die Splitter in seiner Tasche verschwinden ließ.
Dann nahm Plumm das Tablett mit den vier Gläsern vom Tisch und ging damit auf die Tür zu.
Dunross ließ Riko und Gavallan ein Glas nehmen. Ohne merkliche Nötigung griff er dann nach dem präparierten Glas. Plumm nahm das letzte und reichte das Tablett einem verlegenen Kellner. »Willkommen, Tai-Pan, und meine Glückwünsche zu dem gelungenen Coup«, brachte Plumm einen Toast aus, ohne eine große Sache daraus zu machen. Als der Geehrte trank Dunross natürlich nicht mit.
»Vielleicht sollten Sie jetzt einen Toast auf Richard Kwang, Johnjohn und die Fusion ausbringen«, schlug Plumm mit belegter Stimme vor.
»Warum nicht?« Dunross lächelte, während sein Blick Johnjohn suchte. »Bruce«, rief er und hob sein Glas. »Auf die Victoria!« Seine Stimme gewann an Kraft, und die anderen Gäste wurden aufmerksam und verstummten. »Vielleicht sollten sich alle an diesem Toast beteiligen. Ich habe soeben erfahren, daß sich die Bank of China bereit erklärt hat, euch und den anderen Banken eine halbe Milliarde in bar zur Verfügung zu stellen.«
Tiefe Stille erfüllte den Raum. Die am Balkon gestanden hatten, kamen herein, Gornt als erster. »Was?«
»Ich habe soeben erfahren, daß die Bank of China Hongkong der Victoria und über sie auch den anderen Banken eine halbe Milliarde in bar leiht. Der Run auf die Banken ist vorbei!« Dunross hob sein Glas. »Auf die Victoria!«
Während der Raum zum Hexenkessel wurde und man Dunross mit Fragen bestürmte, setzte sich Crosse eilig in Bewegung; in dem Augenblick, da Dunross das Glas an die Lippen setzen wollte, schien er zu stolpern, stieß mit ihm zusammen und schlug ihm dabei das Glas aus der Hand. »Es tut mir entsetzlich leid«, entschuldigte er sich.
Plumm starrte ihn entgeistert an. »Aber was …«
»Verzeihen Sie mir, Jason«, fiel Crosse ihm ins Wort und fügte, während ein Kellner hastig die Scherben auflas, rasch hinzu: »Vielleicht könnten Sie Ian ein anderes Glas besorgen.«
»Ja, ja, aber …« Benommen schickte Plumm sich an, dem Hinweis Folge zu leisten, blieb aber stehen, als Riko sagte: »Hier, Tai-Pan, nehmen Sie doch mein Glas!« Und dann brüllte Johnjohn über die Köpfe der anderen hinweg: »Bitte um Ruhe« und drängte sich zu Dunross durch. »Ian«, sagte er in die plötzliche Stille hinein, »sind Sie auch ganz sicher?«
»Aber ja«, antwortete Dunross gelassen, nippte an Rikos Glas und genoß den Augenblick. »Tiptop hat mich angerufen. Sie werden es alle in den
Weitere Kostenlose Bücher