Honigtot (German Edition)
Deborah verwundert und zeigte auf die Handschuhe.
„Weil es zwischenzeitlich gute Methoden gibt, Personen allein anhand ihrer Fingerabdrücke zu identifizieren.“ Marlene konnte sich noch gut an den geschwätzigen SS-Wächter erinnern, der ihr während ihrer einmonatigen Gefangenschaft stolz von diesbezüglichen Versuchen berichtet hatte. Angeblich gab es eine ganze Abteilung junger Wissenschaftler im Reichssicherheitshauptamt, die sich allein mit den Methoden der modernen Kriminalistik beschäftigten.
Marlene merkte sich die genaue Position der Aktentasche auf dem Sofa, bevor sie sie nahm. Vorsichtig setzte sie die Tasche vor sich auf dem niedrigen Sofatisch ab und öffnete sie. Eine dicke, verschnürte Dokumentenmappe aus abgegriffenem Leder kam zum Vorschein. Marlene widerstand der Versuchung, irgendetwas zu lesen, und griff sofort nach der Kamera. Es handelte sich um das neueste Karat-Modell von Agfa mit speziellen Patronen, die das Filme-Einlegen im Gegensatz zum Vorgängermodell stark vereinfachte.
Ihr Besitz war ein seltener Glücksfall und der Gruppe zusammen mit einem Dutzend Ersatzpatronen erst kürzlich bei einem der wenigen gelungenen Überfälle auf einen deutschen Nachschub-Konvoi in die Hände gefallen. Marlene hatte die Informationen hierfür geliefert, an die sie durch Ernst gekommen war.
Geschickt zog sie nun das Objektiv heraus und begann sofort, Seite für Seite abzufotografieren. Dazwischen legte sie einmal eine neue Patrone nach. Schließlich war die letzte Seite fotografiert. Marlene packte alle Papiere wieder sorgfältig zurück in die Aktentasche und vergewisserte sich, dass die Tasche genauso wieder an ihrem Platz lag, obwohl sich Albrecht, wenn er aufwachte, kaum daran erinnern würde.
Deborah hatte inzwischen bei Albrecht im Bad Wache gehalten, falls er wider Erwarten das Bewusstsein früher als geplant erlangen würde. Doch er schlief wie ein Stein.
„So, jetzt kommt der schwierigste Teil“, meinte Marlene zu Deborah. „Wir müssen ihn ins Bett schaffen. Nimm du den Kopf, ich die Beine.“ Sie wuchteten Albrecht aus der vollen Wanne. Deborah hatte nicht gewagt, das Wasser vorher ablaufen zu lassen. Sie hoben ihn auf und schleppten den nassen, schlaffen Körper ins Schlafzimmer.
Deborah schauderte. Ihr kam es vor, als würden sie einen Toten tragen. Auf halbem Weg klopfte es an der Tür. Marlene und Deborah wechselten einen panischen Blick. Das Klopfsignal wiederholte sich in einem bestimmten Rhythmus und Marlene entspannte sich.
„Scheiße“, entfuhr es ihr undamenhaft. „Das ist der Safeknacker. Den hatte ich völlig vergessen.“
Rasch warf sie sich Deborahs Bademantel über, ging zur Tür und öffnete. Einige wenige geflüsterte Worte und sie schloss sie wieder.
„Warum hast du ihm die Kamera nicht gleich mitgegeben?“, wollte Deborah von ihr wissen.
„Weil ich niemandem außer mir traue. Komm jetzt, rein mit ihm ins Bett.“
Früh am Morgen erwachte Albrecht nicht nur mit einem fürchterlichen Brummschädel, sondern auch sein gesamter Körper fühlte sich völlig zerschlagen an. Rechts und links fand er Deborah und Marlene an sich geschmiegt und friedlich schlafend vor.
Zumindest taten sie so. Die beiden Frauen hatten den Raum einer Orgie entsprechend präpariert. Schmutzige Gläser, Teller mit Essensresten und mehrere leere Champagnerflaschen standen oder lagen im Raum verteilt und vermischten sich mit Teilen von Albrechts Uniform. Ebenso wie den Raum, hatten sie auch Albrecht präpariert. Sein Körper wies frische Kratz- und Bissspuren auf und als Krönung einige herrliche Striemen quer über den Rücken.
Die dazugehörige Hundepeitsche lag sichtbar auf dem Nachttisch. Marlene war es ein besonderes Vergnügen gewesen. Dass Albrecht alles hatte über sich ergehen lassen, ohne sich auch nur zu regen, hatte Marlene beunruhigt und sie hatte sich nervös gefragt, was mit ihnen geschehen würde, wenn Brunnmann überhaupt nicht mehr aufwachen würde. War die Dosis Schlafmittel doch zu hoch gewesen? Als er sich nun bewegte, hätte sie vor Erleichterung beinahe aufgeseufzt.
Wie verabredet, regten sich nun auch die beiden Frauen neben ihm. Um Albrechts Argwohn nicht zu wecken, setzte sich Marlene auf und hielt sich den Kopf, als wollte sie verhindern, dass er davonrollte. „Oh weh, habe ich einen Durst“, stöhnte sie. Sie tastete nach einem halbvollen Glas Champagner auf dem Nachttisch und leerte den Rest in einem Zug. Er schmeckte schal.
„Besser“, sagte sie
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