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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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befinden sich in der rechten Stechpalme, wenn du vor dem Aufzug stehst. Du musst sie unauffällig herausholen. Wir treffen uns später im Café Cyganeria. Ich werde dort den ganzen Tag auf dich warten. Bring sie mir dorthin. Wenn ich nicht dort sein sollte, dann heißt das, dass mir etwas passiert ist. Dann bring die Kamera zu Pavel. Hast du alles verstanden?“
    „Ja, ja, natürlich. Aber wieso glaubst du, dass es für mich einfacher sein wird als für dich?
    „Weil Greiff die Freundin Albrecht Brunnmanns ohne weiteres passieren lassen wird.“
    „Aber er kennt mich doch gar nicht!“
    „Oh doch. Glaub mir, er kennt jede einzelne Geliebte der hohen Tiere. Er arbeitet so. Jede Information ist für ihn eine nützliche Information. Deine Fotografie liegt schon längst in seiner Schublade. Ich muss jetzt los. Warte ungefähr eine Stunde, dann folge mir nach. Viel Glück.“ Marlene küsste sie zum Abschied auf die Wange und öffnete dann langsam die Tür. Auf dem Gang war niemand zu sehen. Lautlos schlüpfte sie hinaus.
     
    Angespannt lauschte Deborah auf ungewohnte Geräusche wie schwere Stiefel oder laute Rufe, aber im Hotel lief alles weiter seinen gewohnten Gang. Marlenes Flucht schien vorerst gelungen zu sein.
    Sorgfältig kleidete sich Deborah an. Sie entschied sich für ein schwarzes, enges Kleid mit einer weißen fedrigen Blume auf dem Revers. Nachdem ihre nervösen Finger das erste Paar Seidenstrümpfe auf dem Gewissen hatten, verzichtete sie bewusst darauf. Ihr war sowieso zu warm. Die Morgensonne schien durch die raumhohen Bogenfenster und hatte das Zimmer inzwischen ordentlich aufgeheizt.
    Während Deborah Schuhe mit halbhohen Absätzen überstreifte, dachte sie über ihr weiteres Vorgehen nach. Wie konnte sie sich, ohne, dass es jemandem auffiel, neben die Palme knien und die Kamera aus dem Topf nehmen? Sie hatte den Satz kaum zu Ende gedacht, da schleuderte sie ihre Schuhe von den Füßen und zog ein paar Halbschuhe mit Schnürsenkeln aus dem Schrank. Mit einem offenen Schnürsenkel hatte sie einen Vorwand, sich bei den Palmen niederzuknien. Dazu ihre große schwarze Klapphandtasche. Aufzug oder Treppe, überlegte sie als Nächstes und entschied sich für die Treppe. Von dort aus würde sie eine bessere Übersicht über die Lobby haben.
    Dann war die Stunde um und sie machte sich auf den Weg.
     
    Manchmal muss man einfach Glück haben, dachte Deborah kaum fünf Minuten später, als sie sich erleichtert in die weichen Polster eines Taxis sinken ließ.
    Alles war furchtbar einfach verlaufen. Die Halle war ausnahmsweise bis auf zwei zivile Neuankömmlinge, die am Tresen ihre Papiere ausfüllten, leer gewesen, und niemand hatte ihr Beachtung geschenkt. Sie hatte die Kamera und die Patronen fast sofort zu fassen bekommen und ebenso geschickt wie unbemerkt in ihre Tasche gleiten lassen.
     
    Im Café Cyganeria angekommen, sah sie sich gründlich um, konnte aber Marlene zu ihrer Bestürzung nirgends entdecken.
    Wie immer war das Lokal mit Menschen überfüllt, der Geräuschpegel für ihr empfindliches Gehör unerträglich und die Ausdünstungen der Menschen, zusammen mit dem Zigaretten- und Zigarrenrauch, betäubten sie beinahe. Sie kam nicht gerne hierher. Aber Marlene hatte gemeint, dass die Höhle des Löwen der sicherste Ort für sie wäre.
    Bei ihrem Eintreten waren sofort mehrere Gruppen von Offizieren auf Deborah aufmerksam geworden und winkten sie an ihren jeweiligen Tisch. Sie schüttelte lächelnd den Kopf und bat stattdessen eine der Kellnerinnen, den nächsten leeren Zweiertisch für sie zu reservieren. Kaum hatte sie zehn Minuten später in der linken hinteren Ecke Platz genommen, als Marlene das Café betrat.
    Deborah war derart erleichtert, sie zu sehen, dass sie Mühe hatte, nicht aufzuspringen und ihr entgegenzulaufen. Da ein solches Verhalten sowohl undamenhaft als auch unvorsichtig gewesen wäre, begnügte sie sich mit einem unauffälligen Winken.
    Marlene durchquerte das Lokal, erwiderte mehrere Grüße freundlich und lachte über eine scherzhafte Bemerkung eines der Männer. Sie erreichte Deborahs Tisch, küsste sie auf die Wange und bestellte sofort zwei Glas Champagner und einen Mokka. Deborah hatte bereits eine leere Tasse vor sich stehen. Die beiden Frauen steckten kichernd die Köpfe zusammen, als tauschten sie Frauentratsch aus und Deborah sagte: „Ich habe sie. Wann soll ich sie dir geben?“
    „Nicht hier. Zu viele Augen. Wir gehen nachher gemeinsam zur Damentoilette. Ist dir

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