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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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Montelupych-Kamienna hielt und Albrecht keine Anstalten machte, auszusteigen, fragte ihn Deborah nervös: „Was ist, kommst du nicht mit?“
    „Nein, ich habe noch zu tun. Ich schicke dir aber Osman mit dem Wagen. Er wird hier in einer Stunde auf dich warten.“
    „Du lässt mich allein mit diesem Greiff?“ Deborah hatte Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.
    Albrecht lächelte selbstsicher. „Du musst keine Angst vor ihm haben, Maria, er kann und wird dir nichts tun. Ich habe ihm strikte Anweisungen erteilt. Er kann sich weder Ärger mit mir und schon gar nicht mit Heydrich leisten. Und jetzt ab mit dir und sieh zu, dass du erfolgreich bist. Dann habe ich eine Belohnung für dich.“
    Osman hatte die Tür für sie geöffnet. Deborah blieb nichts anderes übrig, als auszusteigen.
    „Da wäre noch etwas“, rief Albrecht ihr nach und Deborah drehte sich fragend zu ihm um. „Marlene hat viel an früherer Eleganz eingebüßt.“ Er lächelte sie an.
    Zum ersten Mal hasste Deborah ihn.
     
    Der Wärter ging vor ihr her. Er machte sich nicht die Mühe, mit Deborah zu sprechen oder darauf zu achten, ob sie ihm folgen konnte, sondern schritt zügig voran, eine Reihe von schmalen Treppen hinab und weiter durch endlose dunkle Gänge, die zum Teil so niedrig waren, dass er den Kopf einziehen musste. Es stank nach Moder und Kanalisation. Der Mann schloss schweigsam eine schwere Tür auf und ließ Deborah eintreten.
    „Ich warte gleich hier draußen auf Sie. Rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen.“ Deborah zwang sich zu einem freundlichen Nicken. Schon fiel die Tür hinter ihr zu und der Schlüssel im Schloss knirschte.
    „Ich habe mich schon gefragt, wann du auftauchen würdest. Wer schickt dich? Greiff oder Brunnmann?“ Marlene lag ausgestreckt auf einer Pritsche.
    Auch wenn Deborah durch Albrecht vorgewarnt war, so schockierte sie Marlenes Anblick zutiefst. Sie lag in ihrem eigenen Schmutz. Da sie sich nicht bewegen konnte, konnte sie auch den Blecheimer in der Ecke nicht erreichen.
    Hilflos sah sich Deborah um. Es gab kein Wasser, kein Papier, kein Tuch, nichts. Nur Schmutz, Gestank und Ungeziefer.
    „Ja, das ist nicht gerade das Adlon“, sagte Marlene leise, als Deborah nähertrat. „Beug dich zu mir herab. Die Wände sind zwar dick, aber ich will kein Risiko eingehen. „Hör zu, Deborah, ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben. Ich komme hier nicht mehr lebend heraus. Du musst unseren Auftrag allein zu Ende führen und Brunnmann das Protokoll stehlen. Sonst war alles umsonst. Wir brauchen das Original. Gib es Osman. Er weiß, was er zu tun hat. Versprich mir, dass du dich darum kümmerst.“ Deborah sagte nichts, sondern sah sie nur stumm an. Sie begriff, dass nur Marlenes Körper gebrochen war, aber nicht ihr Willen.
    „Versprich es mir. Los, sag es!“
    „Ich verspreche es“, sagte Deborah widerstrebend.
    „Gut. Du musst mir noch einen Gefallen tun. Ich konnte meine Zyankalikapsel aus augenscheinlichen Gründen“, Marlene versuchte sich an einem Lächeln, „nicht nehmen. Greiff hat sie mir abgenommen. Aber ich habe bei dir im Bad eine zweite Kapsel versteckt. Sie klebt unter dem Handtuchschrank. Du musst sie mir bringen und geben. In den Mund geben“, ergänzte sie nachdrücklich.
    „Was?“
    „Du hast mich schon verstanden. Sieh mich an, ich bin total im Arsch! Kein Gefühl mehr unterhalb des Halses. Nichts! Nicht mal Ein-Auge hat noch Spaß daran, mich zu quälen. Bring sie mir, hörst du?“
    „Ich soll sie dir bringen, damit du dich damit umbringen kannst?“, sagte Deborah schwach.
    „Schlaues Kind, sie hat´s kapiert.“
    „Aber …“
    „Nichts aber! Tu es. So will ich nicht weiterleben, ich liege in meiner eigenen Scheiße. Bring sie mir, so schnell du kannst. Wenn du meine Freundin bist, dann tu es. Für mich.“ Deborah starrte sie an, unfähig etwas zu sagen. Sie fühlte sich wütend und traurig zugleich.
    „Los, versprich es mir. Bitte …“ Es lag etwas Neues, Wundes in Marlenes Stimme, das Deborah mitten ins Herz schnitt. Sie begriff, dass sie ihre einzige Freundin verlieren würde. Und nichts, was sie sagen oder tun könnte, würde etwas daran ändern oder Marlene von ihrem Vorhaben abbringen. Wenn Marlene sich nicht selbst tötete, dann würden es die Nazis tun. „Gut, ich verspreche es dir.“
    „Gut, dann verrate ich dir jetzt ein unwichtiges Detail über unsere Widerstandsgruppe ZOB. Damit sie dich morgen wieder zu mir lassen, behaupte einfach, dass ich

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