Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
Vom Netzwerk:
Da, wo ich ein Lamm erwartet habe, habe ich tatsächlich eine Wildkatze mit scharfen Krallen und scharfen Zähnen gefunden.“ Er tastete nach einer geschwollenen Bisswunde am Hals und war froh, dass sein Uniformkragen diese später verdecken würde.
    Kurz musste er an seinen Bruder Leopold und ihr Gespräch in der Bibliothek nach Elisabeths Beisetzung denken. Wie hatte er sich ausgedrückt? Ach ja. Leopold hatte ihn davor gewarnt, dass Deborah eine scharfe Klinge wäre und er sich daran schneiden würde. Nun, so befand er, zumindest war sie nicht zimperlich, wenn es ums Kratzen und Beißen ging. Ein Jammer, dass Leopold ihn jetzt nicht so sehen konnte. Ein selbstgefälliger Zug kroch über sein Gesicht.
    Deborah genoss den süßen wunden Schmerz der ersten Nacht zwischen ihren Beinen. Sie fand, dass sie Albrecht genug Regenerationszeit eingeräumt hatte und drehte sich in der Wanne um, so dass sie auf ihm zu liegen kam. Aufreizend bewegte sie ihre Hüften, aber Albrecht hielt sie mit beiden Armen lachend von sich: „Tut mir leid, Kleines. So gerne ich wollte, aber ich habe gleich einen Termin und muss mich ohnehin beeilen.“ Er presste sie kurz an sich und küsste sie hart, so wie sie es mochte. Deborah versuchte sofort, ihn in seine ohnehin mitgenommene Lippe zu beißen, aber er entzog sich ihr und entkam gerade rechtzeitig aus der Wanne.
    „Schluss, du Unersättliche. Ich werde mir heute ohnehin noch einiges von den Kameraden anhören müssen. Wir sehen uns zum Abendessen. Wenn du Geld brauchst, nimm es dir aus der Schublade im Schreibtisch.“
    Er war schon zur Badezimmertür hinaus, als er nochmals zurückkehrte. Mit einer Beiläufigkeit, die zu aufgesetzt war, um echt zu wirken, sagte er: „Da wäre noch etwas. Dein Name. Ich finde Deborah nicht passend für dich. Darum werde ich dich ab sofort Maria nennen.“
    Er machte kehrt und ließ eine sprachlose Deborah zurück. Sie fühlte sich derart überrumpelt, dass sie zunächst überhaupt nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte. Doch dann wurde sie wütend und in Ermangelung von etwas Besserem schleuderte sie den mit Wasser vollgesogenen Schwamm gegen die Tür, die Albrecht klugerweise hinter sich geschlossen hatte. Der erzielte Effekt war lahm, der Schwamm kam über ein leises Plopp nicht hinaus.
    Was sollte das für ein Unsinn sein? Was passte Albrecht an ihrem Namen nicht? Deborah holte Luft, sank in die Wanne und tauchte unter. Wolfgang und sie hatten früher oft gespielt, wer länger die Luft unter Wasser anhalten konnte. Plötzlich sehnte sie sich nach ihrem kleinen Bruder wie nie zuvor auf dieser Reise. Sie nahm sich vor, ihn gleich heute nach seinem täglichen Unterricht anzurufen.
    Prustend kam sie wieder hoch und pumpte Luft in ihre Lungen. Sie lag noch eine ganze weitere Stunde in dem erkaltenden Wasser und ließ ihre Gedanken wandern. Dann erhob sie sich mit einem abschließenden Seufzer. Deborah war trotz ihrer Jugend scharfsinnig genug, um zu begreifen, dass sie heute Nacht nicht nur ihre Unschuld, sondern auch ihren Namen verloren hatte – weil er für den SS-Obersturmbannführer Albrecht Brunnmann zu jüdisch klang.
    Dabei hatte der Name `Deborah´ im Alten Testament eine besondere Bedeutung. Ihr Vater Gustav hatte ihr erzählt, dass er dort vergleichsweise für Richterin oder Prophetin stand. Auf Hebräisch bedeutete ihr Name auch Biene .
    Doch für die nächste Zeit sollte sich Deborah nicht daran stören - denn sie hatte mit Albrecht einen Geliebten gewonnen, mit dem sie die mächtigen Gefühle von Hass und Zorn in sich betäuben konnte.
    Sie fügte sich eine Weile selbst keine eigenen weiteren Narben zu, denn ihr Streben nach Schmerz wurde nun von Albrecht befriedigt.

 
     

    Kapitel 3 7
     
     
    WIEN/Ostmark
     
    Drei Tage später reisten sie sehr früh am Morgen aus Zürich ab. Ein schläfriger Portier half ihnen mit dem Gepäck. Als der Wagen anfuhr, warf Deborah einen sehnsüchtigen Blick zurück auf den Park. Der See war noch in dichten Dunst gehüllt und die Stille wirkte beinahe gespenstisch. Sie wäre gerne noch länger geblieben.
    Albrecht trug zu Deborahs Missfallen erneut seine SS-Uniform. Die mehrstündige Fahrt ging in die Ostmark, wie Österreich seit dem Anschluss hieß, in die Hauptstadt Wien. Sie würden dort im Hotel Imperial logieren, ein Haus mit ebenso viel Geschichte und Eleganz wie das Zürcher Baur au Lac, wie Albrecht ihr erklärt hatte.
    Wien, die alte Kaiserstadt und Geburtsstätte ihrer Mutter, empfing

Weitere Kostenlose Bücher