Honky Tonk Pirates - Das verheißene Land - Band 1
Will«, sagte Moses aufrichtig. »Sonst werden uns die Delfine nicht gehorchen. Dann ziehen sie uns nicht, wohin ich es will.«
»Wohin ich es will.« Will schüttelte lachend den Kopf. »Oh, Moses, oh Moses, das kann ich nicht glauben.«
»Aber ich schwör’s dir beim Herz … beim Herz meiner … Mutter.«
Will sah zu Jo. »Beim Herz seiner Mutter?« Er grinste verschmitzt. »Kennst du die Mutter von diesem Bastard?« Er drückte Moses den Pistolenlauf auf die Wange.
»Nein«, meinte Jo, »aber ich glaube ihm, Will. Ja. Ich glaube, ich glaube ihm.«
»Bist du dir sicher?« Will sah ihn an. »Traust du ihm, Jo?«
»Ja.« Jo nickte und dann musste er lachen. »Ja«, lachte er. »Ja! Ja! Ja! Ja!« Und dann steckte sein Lachen die anderen an.
IM LAND DER PIRATEN
V on Stunde zu Stunde wurde es wärmer und als die Sonne unterging, tauchte sie das spiegelglatte Meer, durch das die Delfine sie auf ihren Särgen wie auf Wasserskiern zogen, in flüssiges Gold. Moses sang ein paar Worte in seiner Kikeriki-Sprache. So nannte Will sie. Die Delfine verloren an Tempo und schließlich hielten sie an. Sie schwammen zu Moses, der sie aus ihren Strickleitergeschirren befreite, und schossen davon, um jagen zu gehen.
Ja, und auch Moses, Jo und Will hatten Hunger. Das spürten sie jetzt, und nachdem sie die Särge mit den Seilen der Leiter verbunden hatten, setzten sie sich und verspeisten zusammen den Laib Brot und den Wein.
Der Wein machte sie schwindelig und dizzie, bizzie, fizzie im Kopf. So nannte es Jo. Aber weil das so war, lachten sie wieder und genossen den Abend und den Sonnenuntergang.
»So muss das Land aussehen, das nur aus Gold und Silber besteht«, staunte Will, lehnte sich auf seine Arme und schaute sich um. »So muss es aussehen. So stell ich’s mir vor.«
»Nein«, schwärmte Jo. »So muss es nicht sein. Das ist das Land, Will. Komm, sag es uns, Moses. Das ist das verheißene Land, nach dem wir so lange gesucht haben.«
Die Blicke der beiden Freunde hingen an dem Franzosen. Der saß auf dem anderen Sarg, kaute am Brot, ließ den Blick schweifen und in seinen Augen funkelte es.
»Nein«, sagte er fröhlich. »Das ist das Land der Piraten. Ja, und wartet nur darauf, bis ihr nach Nassau kommt: in Honky Tonk Hanks Piratennest.« Er leerte die Flasche in drei kräftigen Zügen, verzog das Gesicht und rülpste dann laut.
»Huh«, sang er dann. »Honky Tonk Hank, wie sehr ich dich liebe.« Er breitete die Arme aus und legte sich hin.
»Ich liebe dich so«, sang er und Jo und Will sahen sich an.
»Er liebt ihn?«, fragte der kleine Junge und hob eine Braue.
Und Moses säuselte: »Ja. Ja, ja, ja.« Dann schlief er ein.
Auch Jo schlief schon bald. Der Kleine war müde, todmüde gewesen. Er hatte den Kopf auf Wills Bauch gelegt, der hatte ihm vielleicht zweimal durch die Locken gestrichen und dann hatte er schon das leise Schnarchen gehört. Jos Schnarchen, das wie kein anderes klang. Es klang wie Musik, zumindest für Will. Denn er liebte den Jungen. Das wusste er jetzt. Er wusste es seit dem Moment, als er ihn vor den Haien gerettet hatte. Und jetzt verstand er auch Moses, der Honky Tonk Hank bestimmt auf dieselbe Art liebte. Denn Honky Tonk Hank war ein großer Pirat.Will konnte nicht schlafen. Er war viel zu aufgeregt. Man kann doch nicht schlafen, wenn der eigene Traum plötzlich und unwiderruflich Wirklichkeit wird!
Ja, endlich war Will dort, wohin er gehörte. Er war im Piratenland und obwohl er mitten im Ozean auf einem Holzsarg trieb, fühlte er sich so gut und so stark wie noch nie. Er blickte zum Horizont, bis der im Nachtschwarz versank, und er stellte sich vor, welche Abenteuer und Schätze in diesem Schwarz auf ihn warteten. Schätze wie dieser Diskus auf der
Stirn eines Kraken. Oh ja, wie gern wär er jetzt bei Honky Tonk Hank.
Will lauschte den Geräuschen der Wellen. Er hörte die Schreie der Delfine und dann etwas, das er noch nicht kannte. Ein dunkles Geräusch, ein Summen und Brummen, als würden riesige Peitschen unter Wasser geschlagen. Acht Peitschen, noppenbesetzt und so lang wie ein Großmast: die Arme des Kraken.
Will wollte atmen, doch er bekam keine Luft. Sein Herz blieb fast stehen und er schielte zu Hank, der neben ihm lag.
Jetzt werden wir sterben!, wollte er sagen, doch dieser Mistkerl grinste ihn einfach an.
»Sag nicht, du hast Angst?«, fragte der Bastard und stand auf. »Das ist doch genau so ein Augenblick, wie wir beide ihn lieben.«
Er zog Will hoch, stellte
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