Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
dem Schmollen aufhören.
Dann endlich kam eine offizielle Nachricht. Ein Kurier traf von Haven kommend ein und brachte eine amtliche Verlautbarung der neuen Regierung.
Kaum hatte das Kurierboot seine Alpha-Transition gemacht, als Yuri den typischen Hyperabdruck eines schnellen Depeschenschiffes erkannte. Kein anderes hyperraumtüchtiges Raumfahrzeug war ähnlich klein, deshalb konnte es sich um keinen Frachter handeln – und schon gar nicht um ein Kriegsschiff. Augenblicklich rief Yuri alle Befehlshaber des Kampfverbands auf die Brücke der Hector . Als das Kurierboot in Reichweite war und beginnen konnte, Signale zu übertragen, waren sie alle anwesend. Admiral Chin, Commodore Ogilve, Kommissar Wilkins, Captain Vesey, Major Bürger, Major Lafitte. Captain Wright, jüngst befördert, um Gallanti als Kommandant der Hector abzulösen. Und natürlich Sharon.
Als Yuri die ersten Nachrichten las, seufzte er vor Erleichterung auf. Die Depesche begann mit der Feststellung, dass Admiral Theisman zugunsten einer Übergangsregierung abgedankt hätte. Einer zivilen Regierung. Haven wurde also doch keine Militärdiktatur. Abgesehen von einer Wiederherstellung des alten Regimes war Yuris größte Sorge gewesen, Theisman könnte die Macht nicht wieder aus den Händen geben wollen.
Die Nachricht ging mit einer Namenliste weiter – die Vertreter der Übergangsregierung. Beim ersten dieser Name wäre Yuri fast das Herz stehen geblieben.
Eloise Pritchard, Provisorische Präsidentin.
Der König ist tot, es lebe die Königin. Saint-Justs Liebling. Einmal Ringelreihen, und wir sind wieder am Anfang.
Wir sind alle tot.
Doch dann las er den Rest der Liste und begriff die Wahrheit, bevor er Sharons erschrockenes Flüstern hörte.
»Allmächtiger. Sie muss die ganze Zeit zur Opposition gehört haben. Sieh dir nur an, wer da steht.«
Die anderen drängten sich näher und versuchten Yuri über die Schultern zu blicken.
»Ja, du hast Recht«, stimmte er ihr zu. »Ich kenne viele von ihnen von früher. Die Hälfte der Liste besteht aus Aprilisten. Die besten von ihnen, vorausgesetzt, sie haben die letzten zehn Jahre überlebt. Hier – sieh dir das an! Sie haben sogar Kevin Usher. Ich wusste nicht, dass er noch lebt. Das Letzte, was ich über ihn gehört habe, war, dass man ihn in Ungnade zur Marineinfanterie abgeschoben hätte. Ich dachte, mittlerweile hätte man ihn längst verschwinden lassen.«
»Wer ist dieser Usher?«, fragte Ogilve.
»Ein verdammt guter Marine, soviel weiß ich«, knurrte Lafitte. »Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich habe zwo Offiziere gekannt, die auf Terra unter ihm gedient haben.« Lafitte lachte leise. »Sie sagten, er säuft wie ein Loch und ist kaum das Rollenmodell für einen Colonel. Manchmal ließ er sich sogar in Kneipenschlägereien verwickeln. Seine Leute aber schworen auf den Mann, und diese beiden Offiziere sagten – und es waren gute Leute –, sie hätten ihn gern mal im Gefecht erlebt. Und das« – sein Knurren verstärkte sich – »ist das Einzige, was zählt.«
»Ich kenne ich persönlich«, sagte Yuri leise. »Sogar ganz gut, früher. Es ist lange her, aber …«
Seine Augen hafteten mit Befriedigung an Ushers Namen, mit noch größerer Zufriedenheit allerdings auf seinem Titel. Direktor der Federal Investigative Agency.
»Was meinen Sie, ist diese ›Federal Investigative Agency‹?«, fragte Genevieve Chin.
»Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Yuri, »aber ich vermute, dass Theisman – oder Pritchart – beschlossen haben, die SyS aufzulösen und ihre Polizeifunktionen von den Geheimdienstaufgaben zu trennen. Gott sei Dank. Und Kevin Usher ist Chef der Bundespolizei geworden. Ha!«
Er tanzte fast vor Freude. »Das ist ja, als würde man einem Hahn den Befehl über alle Füchse geben! Ausgerechnet Kevin Usher als Polizist! Aber er ist ein sehr, sehr zäher Gockel.« Er grinste Major Lafitte an. »Die armen Füchse tun mir Leid. Ich kann mir niemanden denken, der so verrückt wäre, mit ihm in einer Bar Streit anzufangen.«
Während er sich in der Freude gesonnt hatte, Kevins Namen zu lesen, hatte Sharon auf der Liste weitergelesen. Plötzlich brach sie in schallendes Gelächter aus. Sie klang fast hysterisch.
»Was ist denn so komisch?«, fragte Yuri.
Sharon, die nicht allzu sicher auf den Beinen stand, nahm Yuri bei den Schultern und zwang ihn mehr oder weniger, auf einem der Sessel Platz zu nehmen. »Wenn du den Rest liest, solltest du sitzen«,
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