Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
wohl kaum ein Grund für die Havies, hier einen Schweren Kreuzer zu stationieren, oder?«
Michael spürte, wie seine Brauen bis zum Haaransatz hochschnellten. Die Intransigent war ein Leichter Kreuzer, und Beth hatte es bereits als Demonstration der Stärke angesehen, sie auf eine diplomatische Mission zu entsenden. Anscheinend waren die Haveniten noch viel weniger subtil.
»Es ist die Moscow , Prinz Michael«, fügte John Hill hinzu. »Keins ihrer modernsten Schiffe, aber auch nicht gerade das älteste.«
»Ist sie schon lange hier?«, fragte Michael. Er hatte ein merkwürdiges Gefühl, wie es ihn immer beschlich, wenn er aus der starren Befehlsstruktur der Navy entwich und wieder Menschen gegenüberstand, die sich ihm subtil unterordneten.
»Nicht lange genug, um sagen zu können, die Moscow sei hier stationiert, Königliche Hoheit«, antwortete Hill mit dem leicht überdrüssigen Unterton, den er sich, wie Michael mittlerweile wusste, für Gelegenheiten aufsparte, in denen er eher übertriebene Behauptungen Lawlers korrigierte. »Ich würde auch nicht sagen, dass die Moscow entsendet worden ist, um unserer Ankunft zuvorzukommen, auch wenn sich das nicht ausschließen lässt. Dass Mr Lawler mit neuen Anweisungen eintrifft, ist nicht gerade als Geheimnis behandelt worden.«
Soweit Michael wusste, hatte kein wirklicher Grund bestanden, Lawlers Entsendung geheim zu halten, doch hatte er das Gefühl, Hill gehöre zu jenen Menschen, die automatisch alles geheim halten, was sie nicht unbedingt preisgeben müssen. Hill hielt es vermutlich schon für eine Sicherheitslücke, wenn er die Farbe seiner eigenen Socken kannte.
»Botschafter Faldo erwartet unsere Ankunft sehr ungeduldig«, warf Lawler freudig ein, »aber Commander Boniece sagt, wir können vor morgen früh nicht auf den Boden befördert werden. Dadurch haben wir ausreichend Zeit für eine Rückschau.«
Während der nächsten Stunden bemühte Michael sich sehr, nicht bedauernd an die Reparatursimulation zurückzudenken, die er nicht abgeschlossen hatte, oder sich nach der Unfallübung zu sehnen, die Surgeon Lieutenant Commander Rink, der Schiffsarzt, für die Middys abhalten wollte. Als das Zwitschern des Coms Lawler in seinem nahezu pausenlosen Vortrag unterbrach, wurde Michael klar, dass er beinahe eingedöst wäre.
»Botschafter Faldo möchte Sie und Ihr Kommando sprechen«, meldete der Signaloffizier vom Dienst. »Wenn Sie Zeit haben.«
Lawler unterdrückte eine leicht gereizte Miene und nickte.
»Bitte stellen Sie den Botschafter durch.«
»Einen Augenblick, Mr Lawler.«
In dem Moment, in dem das Com sich meldete, war Cayen aufgesprungen und hatte die Konsole des Schreibtisches so umgeschaltet, dass das Gesicht des Botschafters auf ein Schott der Kajüte projiziert wurde, sodass sie sich nicht um das Terminal zu drängen brauchten.
Wie Mr Lawler war Botschafter Faldo ein Prolong-Empfänger der ersten Generation. Im Gegensatz zu Lawler jedoch, dem es gelang, unglaubliche Vitalität auszustrahlen, wirkte Faldo ausgelaugt. Anscheinend war sein Haar früher einmal blond gewesen, aber jetzt war es zu einem schlammigen Grau verblasst, das gerade noch so viel von der ursprünglichen Farbe zeigte, um schütter zu wirken. Die Augen, hinter geschwollenen Lidern versunken, waren von einem verwaschenen Braun, doch ihr Blick war noch immer offen und durchdringend.
»Gelinde gesagt«, begann er, nachdem ein Minimum an Höflichkeiten ausgetauscht worden war, »übertrifft die masadanische Reaktion auf die Anwesenheit Seiner Königlichen Hoheit an Bord der Intransigent meine kühnsten Erwartungen. Nicht nur, dass der Vorsitzende Älteste den Wunsch geäußert hat, Seine Königliche Hoheit kennen zu lernen, auch die Hohen Ältesten sollen an dem Treffen teilnehmen. Soweit ich sagen kann, nimmt tatsächlich jeder, der jemand ist, und jeder, der für jemanden gehalten werden will, an einem umfänglichen Konklave der Ältesten teil, das die Wahren Gläubigen zufälligerweise auf den gleichen Zeitraum gelegt haben.«
»Das ist wunderbar, Sir«, sagte Lawler.
»Würde ich auch sagen«, entgegnete Faldo. »Aus diesem Grunde möchte ich jedenfalls unser morgiges Treffen vorverlegen. Wir werden pünktlich zur Mittagsstunde beim Vorsitzenden Ältesten erwartet, und ich möchte dieses wichtige Ereignis in nicht zu knapper Zeit vorbereiten. Der Vorsitzende Älteste ehrt uns damit, dass er uns einen Besprechungsraum in der Halle der Gerechten zur Verfügung stellt.«
Wir
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