Honor Harrington 17. Um jeden Preis
Sie diesen etwas geheimnisvollen Nachsatz bitte genauer erläutern?«, bat er seinen Stabschef.
»Ich habe mit Ihrer Hoheit gesprochen, Sir«, sagte Captain Dryslar. »Leider habe ich sie erst nach elf Uhr erreichen können. Sie war mit ein paar von Admiral Hemphills Leuten zum Arbeitsmittagessen verabredet und hatte unmittelbar danach einen Arzttermin. Sie sagte, den Arzttermin könne sie verschieben, falls es sich um einen Notfall handele, aber wenn es irgend ginge, wolle sie ihn lieber wahrnehmen.«
»Ein Arzttermin?« Caparelli kniff die Augen zusammen und setzte sich gerade auf. »Hat sie gesundheitliche Probleme, von denen ich wissen sollte?«
»Soweit ich weiß, nein, Sir«, antwortete Dryslar vorsichtig.
»Und was soll das heißen? Lassen Sie sich die Würmer doch nicht einzeln aus der Nase ziehen, Adam!«
»Verzeihung, Sir. Ich habe Ihre Hoheit gefragt, wo ihr Termin sei, falls wir sie erreichen müssten. Sie antwortete, es sei im Briarwood Center.«
Caparelli hatte den Mund geöffnet. Er schloss ihn wieder und zog, offensichtlich verblüfft, die Augenbrauen in die Höhe.
»Briarwood?«, wiederholte er.
»Jawohl, Sir.«
»Verstehe. Nun, dann können wir unsere Besprechung sicherlich verschieben. Bitte rufen Sie Ihre Hoheit zurück, und erkundigen Sie sich, ob sie morgen Zeit hat. Nein, warten Sie. Freitag ist mir lieber.«
»Jawohl, Sir.«
Dryslar verließ das Büro und schloss hinter sich die Tür. Caparelli saß etliche Sekunden lang reglos da und blickte ins Leere, während er die möglichen Komplikationen überdachte, die aus dem Nachmittagstermin Admiral Harringtons entstehen konnten. Er überlegte, sie persönlich anzurufen, aber nur kurz. Wenn sie etwas mit ihm zu besprechen hatte, so besaß sie seine Com-Nummer, und es gab gewisse Dinge, die der Erste Raumlord erst dann offiziell zur Kenntnis zu nehmen gedachte, wenn er musste.
»Mylady, ich bezweifle, ob die Königin – oder Protector Benjamin – darüber erfreut sein wird.«
Colonel Andrew LaFollet klang schüchtern, doch in seinen grauen Augen lag ein unverkennbar störrischer Ausdruck, und Honor drehte sich zu ihm um und sah ihn ernst an.
»Von mir wird Ihre Majestät – und der Protector – nichts davon hören, Andrew. Haben Sie an einen anderen möglichen Informanten – verzeihen Sie, Reporter – gedacht, der ihnen die Neuigkeit unterbreiten könnte?«
»Mylady, früher oder später finden sie es heraus«, erwiderte LaFollet unnachgiebig. »Ich bin Ihr Waffenträger. Mir ist klar, dass Vertraulichkeit gefragt ist, und Sie wissen sehr gut, was das bedeutet, genau so wie Sie wissen, dass die übrigen Leute in der Abteilung den Mund halten werden. Aber ihnen fehlt es nicht gerade an Quellen, und wenn sie von dieser kleinen Eskapade erfahren, werden sie nicht erfreut sein. Übrigens«, fügte er mit noch regloserem Gesicht hinzu, »bezweifle ich sehr, ob der Earl oder die Lady White Haven sehr erfreut wären, wenn sie wüssten, wie ungedeckt Sie im Augenblick dastehen.«
Honor hatte bereits den Mund geöffnet, doch nun schluckte sie herunter, was sie hatte entgegnen wollen, und sah LaFollet scharf an. Noch nie hatte so wenig gefehlt, und der Colonel hätte zugegeben, dass er über ihre Beziehung mit Hamish im Bilde war. Und ob es ihr nun passte oder nicht, das Argument ihres persönlichen Waffenträgers war stichhaltig.
Sie schaute aus dem nur einseitig transparenten Fenster der Fluglimousine. Im Laufe der Jahre hatte sie sich an die Routinesicherheitsmaßnahmen gewöhnt, denen sie als Gutsherrin und Herzogin unterworfen war. Sie mochte sie noch immer nicht, sie würde sie nie mögen, und doch fühlte sie sich nach so langer Zeit unleugbar … entblößt, wenn sie aus dem Fenster blickte und nur leere Löcher in der Luft sah, wo eigentlich Stingships sein sollten. Und so albern es ihr oft erschien, sie hatte aus bitterer Erfahrung gelernt, dass Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie sie eine geworden war, die Verrückten anzogen. Ganz zu schweigen die nicht wenigen Feinde, die sie sich im Laufe der Jahre gemacht hatte und die keineswegs an gebrochenem Herzen zugrunde gehen würden, sollte ihr etwas Dauerhaftes zustoßen. Diese Feinde waren auch ein Grund, weshalb von ihren ersten persönlichen Waffenträgern nur noch LaFollet und Simon Mattingly lebten. Und auch, wie ›nicht erfreut‹ eine sehr blasse Beschreibung für Benjamins voraussichtliche Reaktion darstellte, sollte er erfahren, was sie an
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