Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
ihren Schlüssel ein und fuhr mit der rechten Hand über den DNA-Schnüffler. Im nächsten Augenblick blinkte das Display bestätigend, und der Vorsatz wich Hamishs Gesicht. Er wirkte eigenartig erregt, aber nicht bedrückt. Wenn er überhaupt etwas ausdrückte, dann das Gegenteil.
»Honor«, sagte er, »diese Nachricht hätte ich dir wahrscheinlich auch über normale Kanäle zukommen lassen können, aber ich sagte mir, dass du mir dann wahrscheinlich wehtun würdest. Deshalb habe ich das Privileg des Ranges genutzt und mir von Thomas Caparelli erlauben lassen, dir eine Sonderdepesche zu schicken. Halt bloß dein Barett fest, Liebes.«
Er atmete tief durch, und Honor spürte, wie ihre Schultern sich in Erwartung des Unbekannten verkrampften.
»Wir haben gerade über Erewhon eine offizielle Mitteilung Havens erhalten. Es handelt sich um eine aktualisierte Liste von Kriegsgefangenen und Gefallenen, deren Tod Haven bestätigen kann. Demzufolge lebt Mike Henke noch.«
Honor sank so plötzlich in ihrem Stuhl zurück, als hätte ihr jemand gegen die Brust geboxt. Und genauso fühlte sie sich, wie sie einen Augenblick später bemerkte, als Nimitz von seiner Sitzstange auffuhr, kaum dass er ihre emotionale Spitze spürte. Sie starrte auf das Display, und Hamish blickte sie mehrere Sekunden lang wortlos an, als hätte er ihre Reaktion vorhergesehen und ließe ihr die Zeit, damit fertigzuwerden, ehe er weitersprach.
»Wir kennen noch nicht alle Details«, fuhr er schließlich fort, »aber anscheinend hat die Ajax wenigstens einen Beiboothangar freigeräumt bekommen. Nach der Liste sieht es so aus, als wäre noch ein gutes Drittel der Besatzung von Bord gekommen, einschließlich Mike. Sie ist verwundet, und wir wissen nicht, wie schwer, aber laut der havenitischen Nachricht sind ihre Verletzungen nicht lebensgefährlich, und sie erhält die beste verfügbare medizinische Versorgung. Das gilt übrigens für alle unsere Verwundeten.
Gegen Ende der Nachricht findet sich zumindest eine Andeutung, dass man offen wäre für die Idee eines Gefangenenaustauschs. Du betonst immer wieder, dass ein himmelweiter Unterschied bestehe zwischen der jetzigen Regierung und Pierre und seinen Bluthunden. Das ist mit Sicherheit ein deutlicher Hinweis. Natürlich gibt es Personen – die Königin eingeschlossen –, die anführen, es handele sich um einen Trick, mit dem uns ein Leopard umgarnen will, der nicht aus seiner Haut kann. Aber ob das nun stimmt oder nicht, mir war es wichtig, dass du so schnell wie möglich die Neuigkeit über Mike erfährst.
Nach der Depesche beabsichtigen die Havies, den Kriegsgefangenen das Versenden und den Empfang persönlicher Nachrichten zu erlauben, strikt nach der Übereinkunft von Deneb. Ein weiterer erfrischender Unterschied zur Systemsicherheit oder den Legislaturisten. Ich dachte, du überlegst dir vielleicht, was du ihr schreiben willst.«
Er schwieg wieder, gab ihr weitere Sekunden zum Nachdenken und lächelte sie an.
»Trotz ihres Misstrauens ist Elizabeth überglücklich, dass Mike noch lebt. Das ist jeder, der sie kennt. Emily und ich haben uns fast mehr für dich gefreut als für uns. Alles Gute, Liebes. Ende.«
Das Display wurde leer, und Honor saß davor und starrte es an. Nimitz glitt von seiner Sitzstange, kletterte auf ihre Arme und tätschelte ihr die Wange. Sie sah ihn an, und er begann mit fliegenden Fingern zu signalisieren.
›Siehst du? Hab doch gesagt, alles wird besser. Vielleicht kann dein Geistesleuchten jetzt heilen.‹ »Tut mir leid, Stinker.« Sie streichelte ihm den Hinterkopf. »Ich weiß, dass ich seit Solon nicht die beste Gesellschaft gewesen bin.«
›Du hast einen Kampf verloren‹, signalisierte er zurück. ›Der erste, den du je wirklich verloren hast. Du weißt wahrscheinlich noch nicht, wie das geht. Und du dachtest, deine Freundin wäre tot. Natürlich war dein Geistesleuchten dunkler. Starkes Herz und Durchschaut-alles tun dir gut, ergänzen dich, aber du bist schon immer am strengsten mit dir selbst gewesen. Tief drinnen konntest du dir Mikes Tod nicht vergeben. Jetzt brauchst du es nicht mehr.‹
»Vielleicht hast du recht.« Sie zog ihn sanft an sich. Es war ungewöhnlich, dass er Hamish und Emily in einem normalen Gespräch bei ihren Baumkatzennamen nannte. Es zeigte, welche Sorgen er sich um sie gemacht hatte, begriff sie, und drückte ihn wieder.
»Vielleicht hast du recht«, wiederholte sie, und ein gewaltiges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht
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