Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
aus, als die Erkenntnis, dass ihre beste Freundin noch lebte, emotional wie intellektuell einsickerte. »Ja, Stinker, ich glaube, du hast wirklich recht. Und ich glaube, wir sollten Mac suchen und es ihm sagen, ehe er es von jemand anderem erfährt!«
»Admiral Henke.«
Michelle Henke öffnete die Augen, und als sie sah, wer sie mit Namen angesprochen hatte, richtete sie sich hastig in dem Krankenhausbett auf. Es fiel ihr nicht leicht, denn ihr linkes Bein lag noch immer im Streckverband, während die Schnellheilung den zerschmetterten Knochen neu aufbaute. Sie waren einander zwar noch nie begegnet, doch Mike hatte genug Nachrichtenbilder gesehen, um die platinblonde Frau mit den Topasaugen zu erkennen, die am Fußende ihres Bettes stand.
»Lassen Sie nur, Admiral«, sagte Eloise Pritchart. »Sie sind verletzt, und mein Besuch ist nicht gerade offiziell.«
»Sie sind eine Staatschefin, Madame Präsidentin«, entgegnete Henke trocken, setzte sich aufrecht und ließ sich erleichtert an das obere Ende des Bettes sinken, das sich automatisch aufgerichtet hatte. »Ihre Besuche sind immer offiziell.«
»Na, vielleicht haben Sie recht«, räumte Pritchart mit einem charmanten Lächeln ein. Dann wies sie auf den Stuhl am Bett. »Darf ich?«
»Aber sicher. Schließlich ist es Ihr Stuhl. Im Grunde« – Henke wies auf das hübsche, wenn auch nicht gerade luxuriöse Krankenzimmer – »gehört Ihnen das ganze Lazarett.«
»Im übertragenen Sinn vielleicht.«
Pritchart setzte sich mit Anmut und regte sich einige Sekunden lang nicht. Sie hatte den Kopf leicht zur Seite geneigt, und ihr Gesicht zeigte einen nachdenklichen Ausdruck.
»Welchem Umstand habe ich die Ehre Ihres Besuches zu verdanken, Madame Präsidentin?«, fragte Henke nach einer Weile.
»Mehreren. Erstens sind Sie unsere ranghöchste Kriegsgefangene, in mehreren Hinsichten. Sie sind militärisch gesehen der ranghöchste Offizier, und außerdem sind Sie … was? Die fünfte in der Erbfolge?«
»Seit der Ermordung meines älteren Bruders, ja«, antwortete Henke ruhig, und ihr wurde die Genugtuung zuteil, dass Pritchart ganz leicht zusammenzuckte.
»Der Tod Ihres Vaters und Ihres Bruder tut mir aufrichtig leid, Admiral Henke«, sagte sie genauso ruhig und sah, während sie sprach, Henke offen in die Augen. »Aus den Akten, die uns vorliegen, geht hervor, dass die Systemsicherheit tatsächlich für dieses Attentat verantwortlich war. Die Fanatiker, die es ausgeführt haben, sind zwar Masadaner gewesen, aber die SyS hat sie angeworben und mit den Waffen versorgt. Soweit wir feststellen konnten, sind alle Personen, die direkt an der Entscheidung, diese Operation auszuführen, beteiligt waren, entweder tot oder hinter Gittern. Nicht«, fuhr sie fort, als Henke ungläubig die Brauen wölbte, »wegen dieser speziellen Operation, sondern wegen eines ganzen Katalogs an Verbrechen, die sie an der Bevölkerung ihrer eigenen Sternnation begangen haben. Auch wenn es Ihren Zorn und Ihre Trauer wohl nicht mindert, möchte ich darauf hinweisen, dass diese Menschen für den Tod von unzähligen Tausenden – nein Millionen – ihrer eigenen Bürger verantwortlich waren. Die Republik Haven hat von solchen Männern und Frauen mehr als genug.«
»Das glaube ich Ihnen«, entgegnete Henke, während sie ihr Gegenüber sorgsam musterte. »Aber anscheinend haben Sie deren Methoden nicht so ganz abgeschworen.«
»In welcher Hinsicht?«, fragte Pritchart ein wenig scharf und kniff die Augen zusammen.
»Ich könnte zum Beispiel auf Ihre Diplomatie unmittelbar vor dem Krieg zu sprechen kommen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns dabei nicht einig werden«, sagte Henke. »Also beschränke ich mich darauf, auf Ihren Mordanschlag auf die Herzogin von Harrington hinzuweisen. Die, wie ich Sie erinnern darf, zufällig eine enge Freundin von mir ist.«
»Ihrer engen Freundschaft mit der Herzogin bin ich gewahr«, sagte Pritchart. »Sie ist sogar einer der erwähnten Gründe für dieses Gespräch. Einige meiner höchsten Offiziere, einschließlich Kriegsminister Theisman, Admiral Tourville und Admiral Foraker, kennen Ihren ›Salamander‹. Sie haben eine sehr hohe Meinung von ihr. Wenn sie auch nur einen Augenblick glauben würden, meine Regierung hätte ihre Ermordung befohlen, wären sie sehr, sehr ungehalten mit mir.«
»Verzeihen Sie, Madame Präsidentin, aber das ist nicht das Gleiche, als hätten Sie gesagt, Sie hätten den Anschlag nicht
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