Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
resignierend. Sie liebte diesen Mann, aber bei Gott, manchmal war er anstrengend! Zu den unpassendsten Momenten konnte ihn eine Eingebung ereilen, und einen neuen Gedanken mußte er zwanghaft zu Ende verfolgen, bevor er ihn beiseite zu stellen vermochte.
»Was ist denn?«
»Ich mußte an diese manticoranischen Q-Schiffe denken«, sagte Giscard sinnend. »Wenn wir nur bestätigt hätten, ob Harrington nun eins davon kommandiert oder nicht.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, daß ein Q-Schiff gegen einen Schweren Kreuzer keine Chance hat«, wunderte sich Pritchart. Er nickte, und sie zuckte mit den Schultern. »Nun, du hast zwölf Schwere Kreuzer und dazu acht Schlachtkreuzer . Das erscheint mir als hinreichend großes Vernichtungspotential.«
»Ja, da stimme ich dir zu. Aber wenn die Manties plötzlich hier herumschnüffeln, sollten wir vielleicht woanders auf die Jagd gehen. Wie groß die Chancen theoretisch auch sein mögen, während eines Gefechts kann immer etwas schiefgehen, das weißt du. Und ein Q-Schiff könnte durchaus eine unserer Einheiten treffen – einen Leichten Kreuzer zum Beispiel – und dadurch unsere Operation insgesamt auffliegen lassen, indem es unsere Gegenwart hier bekanntgibt.«
»Also?«
»Also, Bürgerin Kommissar«, sagte Giscard, stellte sein Weinglas ab, um beide Hände frei zu haben, und näherte sich ihr mit dem Grinsen, das sie so sehr liebte, »wird es Zeit, daß wir unsere operativen Muster anpassen. Wir können an allen genehmigten Informationsstellen Depeschen für Waters und Caslet hinterlassen, und der Rest von uns befindet sich gerade hier. Unter den gegebenen Umständen werde ich wohl mit dem Stab über mögliche neue Jagdgründe sprechen müssen … aber natürlich erst später«, fügte er verschmitzt hinzu und küßte sie.
22
Senior Chief Electronics Mate Ginger Lewis mußte alle Willenskraft aufbringen, um den finsteren Ausdruck von ihrem Gesicht zu verscheuchen, als sie Impeller Eins betrat. Der Impellerraum war nicht ihre Wachstation, und im Grunde wollte Ginger gar nicht hier sein. Leider gab es eine Störung in den Datenleitungen von Impeller Eins zum Technischen Leitstand, und Lieutenant Silvetti, Gingers Chef, hatte sie geschickt, um die Techniker zu beaufsichtigen, die nach dem Fehler suchten. Genaugenommen gehörte es nicht zu ihren Pflichten als Chief der Wache im Technischen Leitstand, Routinewartungen vorzunehmen, aber Silvetti hatte bereits Zutrauen zu ihren Fähigkeiten als Problemlöserin gewonnen; der unerfahrene Petty Officer Dritter Klasse, dessen Gruppe den Auftrag erhalten hatte, benötigte wahrscheinlich ein Kindermädchen.
Gegen Silvettis Argumentation ließ sich nur wenig einwenden, vor allem, weil der Lieutenant auf diese Weise Ginger auf die »Verlustliste« setzen und Chief Sewell für den Rest der Wache ihren Posten im Technischen Leitstand übertragen konnte. Die Schiffstechnische Abteilung hatte in den letzten Wochen gewaltige Fortschritte gemacht, trotzdem lagen die Leistungen noch unter dem Durchschnitt, und die Leute brauchten alle Übung, die sie bekommen konnten. Was Ginger nicht gefiel, war der Umstand, daß Randy Steilman zu Impeller Eins gehörte, denn sie hatte beschlossen, Sally MacBrides Befehl, sich von ihm fernzuhalten, auf den Buchstaben zu gehorchen. Nicht deshalb, weil sie dem Befehl zustimmte, sondern weil es sich um eine dienstliche Anweisung handelte.
»Howdy, Ginger«, grüßte Bruce Maxwell sie; ebenso wie Ginger hatte man ihn kürzlich zum Senior Chief befördert. Er war zehn Jahre älter als sie und wirkte so hart wie ein gut gealterter Baumstumpf. Er war Chief der Wache in Impeller Eins, und darum beneidete Ginger ihn nicht im geringsten. Zu Maxwells Wache gehörte auch Steilman, und das reichte, um trotz der unnachgiebigen, nüchternen Art des Chiefs die Leistungsbewertung der Wache um ganze zehn Prozentpunkte zu drücken. Nicht etwa, daß Steilman seinen Aufgaben nicht gewachsen gewesen wäre, sondern weil er anlagebedingt eine Weigerung mitbrachte, seine Arbeit zu erledigen.
»Hallo, Bruce«, erwiderte sie und trat zur Seite, um die Luke für P.O. Jansson und seine Leute freizugeben.
»Wie ich höre, haben wir ein Problem mit der Telemetrie?« Mit erhobener Augenbraue sah Maxwell zu, wie Janssons Leute sich um die Datenüberträger scharten, von denen die W-Displays im Technischen Leitstand angesteuert wurden.
»Ja.« Ginger beobachtete Jansson, der sich an die Arbeit machte. Sie beabsichtigte nicht,
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