Honor Harrington Bd. 16
fremdgeht.«
Er betrachtete Templetons Leiche erneut. »Also ist sie in jeder Hinsicht, die zählt, nach wie vor ein Mensch. Noch immer Teil unseres Genpools - wie Manpower nachhaltig bewiesen hat, als man dort Teile des Mfecane-Genotyps in einige Zuchtrassen eingefügt hat. Apropos, die Herzogin von Harrington ist Ihnen doch gewiss ein Begriff?«
Beide Zuhörer nickten, und er grinste schief. Der ›Salamander ‹ gehörte zu den wenigen Manticoranern, die in erewhonischen Augen noch nicht ›erledigt‹ waren.
»Nun, sie ist kein Extremfall wie Lieutenant Palane, doch das liegt nur daran, dass ihre Vorfahren einer Umwelt auszuweichen verstanden, die ganz so extrem ist wie Ndebele.«
»Als die Volksflotte sie gefangen nahm«, warf Victor ein, »bevor sie von Cerberus floh und der SyS dabei gleich zwei blaue Augen verpasste, waren wir ... bestrebt, umfangreiche Daten über sie zu sammeln. Damals erfuhren wir, dass sie von einem genetischen Modifikationsprogramm abstammt, das mit dem von Thandis Vorfahren eine Menge gemeinsam hat.
Diese Vorfahren haben es augenscheinlich erheblich weiter getrieben. Thandis Knochen sind zum Beispiel viel dichter als die gewöhnlicher Menschen. Harrington schwimmt offenbar sehr gern, doch jemand wie Thandi Palane hätte ohne Hilfsmittel Schwierigkeiten, sich über der Wasseroberfläche zu halten, denn ihr Körper besitzt keinen Auftrieb. Keinen Augenblick lang, obwohl sie mit Sicherheit schneller sprinten kann als irgendjemand sonst. Doch aufs Volumen bezogen ist ihr Körper selbst dann noch schwerer als Wasser, wenn ihre Lungen komplett mit Luft gefüllt sind. Ihre Muskeln sind nicht nur härter und kräftiger; wie bei Harrington besitzen sie eine unterschiedliche Zusammensetzung. Ein höherer Prozentsatz an Zellen, die ...«
Er brach ab. Jetzt war nicht die richtige Zeit für einen ausgedehnten Vortrag über die physiologischen Varianten der Spezies Mensch. »Es hat selbstverständlich auch seine Nachteile. Genmodifikation bringt immer Nachteile mit sich. Hier gewinnt man etwas, dort verliert man; Zauberei ist es nicht. Thandi kann fast jeden im Zweikampf besiegen, auch wirklich starke Männer - aber wenn man sie zusammen mit ein paar ausgezehrten Vetteln auf Minimalrationen in ein Lager steckt, dann ist sie die Erste, die stirbt.«
»Sie hat also keine Ausdauer?«
Victor schüttelte den Kopf. »Nein, ganz und gar nicht. Solange sie ernährt wird, besitzt sie eine phänomenale Ausdauer. Viel größer als Ihre oder meine.«
Walter nickte und blickte auf die Leichen, die überall auf dem Boden lagen, dann sah er Naomi an. Das Gesicht seiner Nichte zeigte noch immer ihre Wut.
»In meiner Familie wird es keine Inzucht geben, Mädchen«, sagte er leise und kalt. Er wandte sich wieder Victor zu.
»Wie stehen die Chancen, Auswanderung von diesen Welten zu ermutigen? Hierher, nach Erewhon, meine ich. Wenn ich mich nicht sehr irre, werden wir in den nächsten Jahren sehr ›interessante‹ Zeiten erleben.«
Victor grinste wölfisch. »Zufällig habe ich mir genau darüber Gedanken gemacht. Es kommt natürlich auf den Ballroom an, aber wenn er seinen eigenen Planeten bekommt...«
Du Havel fuhr auf. Bislang konnte er von Victors langfristigen Plänen noch nichts gehört haben. Sein Interesse war offensichtlich brennend, doch er konnte den Mund halten und nur zuhören.
Walter grinste ähnlich. »Dem Ballroom bleiben zwei Möglichkeiten: ein exklusiver kleiner Klub zu bleiben - die sicherste Methode, um unterzugehen wie ein Stein - oder die Welt zu einer Anlaufstelle der Unerwünschten und Verachteten der Galaxis zu machen. Wobei Erewhon - samt seiner Bequemlichkeiten - nur einen Katzensprung entfernt ist.«
Victor setzte zu einem Stirnrunzeln an - und Du Havel auch -, doch Walter fuhr rasch fort: »Nein, nein, ich weiß, was Sie denken. Wir Erewhoner haben gewiss unsere Fehler, aber wir sind keine lausige Solare Liga, die ihre Kolonien aussaugt wie ein Blutegel. Es würde keinen Braindrain geben, Victor. Wir würden einen angemessenen Teil unserer Ressourcen zur
Verfügung stellen, um Congo lebenswert und attraktiv zu machen. Anreize für Menschen schaffen, dorthin zurückzukehren, nachdem sie bei uns eine Ausbildung erhalten haben.«
Du Havel grunzte. »Es würde gehen, Walter. Wenn Sie schlau sind und auf lange Sicht denken, statt kurzfristig gierig zu sein. Und es sind nicht nur die Mfecane-Welten. Über die ganze Milchstraße sind hier und da noch Schwätzer verteilt. Die
Weitere Kostenlose Bücher