Honor Harrington Bd. 16
meisten hängen mit Mesa zusammen, sicher, aber Lieutenant Palanes Trupp hat bereits bewiesen, dass sie sich von diesen Bindungen lösen können. Noch eine Gruppe von Ausgestoßenen - und es gibt viel mehr davon. Sehr viel mehr. Die Galaxis ist groß.«
Das Oberhaupt der Imbesi-Familie drehte leicht den Kopf zur Seite und musterte Victor aus den Augenwinkeln - wie ein Mann, der eine Sache von allen Seiten betrachten möchte.
»Und darum ging es Ihnen von Anfang an, richtig?«
Victor zuckte mit den Schultern. »Hauptsächlich geht es mir darum - wenig überraschend -, Erewhons Bündnis mit Manticore zu zerstören.« Er schnaubte. »Nach allem, was sie sagt, hat Prinzessin Ruth das mittlerweile gewiss begriffen! Und wenn es möglich ist, möchte ich natürlich die Grundlagen für ein Bündnis mit meiner Sternnation legen. Doch niemand - auf Erewhon schon gar nicht - fällt solche Entscheidungen auf der Grundlage von einem kleinen Geheimagentengetümmel. Die Sache muss mit einer Situation enden - anders geht es nicht-, die objektiv jeden zufrieden stellt. Sie brauchen nicht nur einen Planeten Congo, der von Mesa losgeeist worden ist, Walter. Ihr Congo muss drei weitere Bedingungen erfüllen.«
Er bedachte Du Havel mit einem langen, abschätzenden Blick. »Ich würde dazu gern Ihre Meinung hören, Professor.« Dann begann Victor an den Fingern abzuzählen.
»Erstens, Stärke. Zumindest muss der Planet eine harte
Nuss sein. Ein Sonnensystem, das sich mit Zähnen und Klauen gegen jeden Möchtegern-Eroberer wehrt.«
»Einverstanden«, sagte Du Havel.
»Zwotens aus sich heraus wohlhabend und stabil - oder der Wurmlochknoten nutzt Erewhon überhaupt nichts. Niemand will sich auf eine Handelsroute verlassen müssen, die durch ein System führt, das nicht nur bettelarm ist, sondern außerdem, wie es in armen Systemen eben üblich ist, unter Instabilität und Piraterie leidet.«
»Richtig«, pflichtete Du Havel ihm bei. »Nur weiter, junger Mann.«
»Drittens - und das folgt aus den ersten beiden Punkten - muss das System eine unabhängige Sternnation sein. Zu Erewhon benötigt es offensichtlich ein enges, freundliches Verhältnis, und es muss eine Reihe von objektiven Gründen geben, dass es auch so bleibt. Aber keinesfalls eine erewhonische Kolonie oder Marionette. Dadurch entsteht übrigens der weitere Vorteil, dass der Wurmlochknoten zu einer noch weniger attraktiven Angriffsroute gegen Erewhon wird - denn Ihr Feind würde nicht nur Ihre, sondern auch die Neutralität Congos verletzen.«
»So etwas ist schon geschehen«, entgegnete Walter Imbesi. »Die Geschichtsbücher sind voller Beispiele.« Seinen Worten fehlte es an Nachdruck; er klang eher wie jemand, der die Partie des Advocatus Diaboli übernimmt.
Du Havel schüttelte den Kopf. »Doch, Cachat hat Recht. Freilich ist es richtig, dass die Souveränität kleiner, neutraler Nationen oft mit Füßen getreten wird. Das arme kleine Belgien etwa, um ein Beispiel aus der Alten Geschichte zu bemühen. Aber...« - Du Havel grinste beinahe so wölfisch wie Victor - »natürlich war Belgien kein Staat, den ein Audubon Ballroom gegründet hätte, und schon gar nicht erfuhr es den starken Zufluss von Einwanderern aus Orten wie den Mfecane- Höllenwelten und den Überbleibseln aus den ukrainischen Genexperimenten.«
Mit einem Grunzen räumte Imbesi ihm ein, dass er nicht Unrecht habe. Er kannte sich sowohl mit Alter Geschichte als auch mit Biologie aus. »Eher also wie die Schweiz. Ein neutraler Staat mit starken natürlichen Grenzen - Congos Sümpfe und Urwälder, vergleichbar mit den Schweizer Alpen -, aus denen jahrhundertelang die gefürchtetsten Söldner Europas gekommen waren. Mit der Schweiz legte sich niemand an, weil es den Arger einfach nicht wert war.«
Victor nickte. »Es gibt noch andere Beispiele, und historische Vergleiche sollte man ohnehin nie auf die Spitze treiben. Aber ... ja. Genauso sieht es aus, Walter.« Er sah Du Havel noch einmal nachdenklich an. »Und ich finde, auch Sie sollten anfangen, Ihren Verstand auf die Angelegenheit anzuwenden.«
Imbesi lächelte schief. »Hier auf Erewhon habe aber nicht ich das Sagen, Victor.«
»Das wird sich schon bald ändern, wenn ich mich nicht irre. Auf jeden Fall kehren Sie in die Schaltstellen der Macht zurück. Es spielt aber auch keine Rolle - und das wissen Sie. Wenn Sie den Handel in die Wege leiten, Walter, und ich meinen Teil erfülle, dann werden die Familien, die das Sagen haben, kaum eine
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