Honor Harrington Bd. 16
Zwecken. Der Alkohol floss in Strömen, und ein größerer Teil des Raums unter dem Zeltdach war zur Tanzfläche umfunktioniert worden. Palane brauchte darum eine Weile, bis sie Rozsak und seinen Stab erspähte.
Nachdem sie begriffen hatte, dass auf einer anderen Teilfläche Tische aufgestellt worden waren, benötigte sie nicht mehr viel Zeit. Sie suchte einfach nach dem größten Tisch. Rozsaks Stab war in jeder Hinsicht gründlich.
Rozsak persönlich saß jedoch nicht in der Runde. Er stand in der Nähe und sprach unter vier Augen mit Lieutenant Manson.
Thandi zögerte. Sie wollte sich dem Captain nicht aufdrängen, wenn er sich zu einem Gespräch absonderte. Außerdem mochte sie Lieutenant Manson nicht sonderlich. Der Captain musste sie jedoch entdeckt haben, denn Palane sah, wie er ihr ein Signal gab, indem er die Augenbraue hob. Der unauffällige Ausdruck machte ihr klar, dass er nichts gegen eine Einmischung einzuwenden hätte.
Sie verkniff sich ein Lächeln, während sie auf ihn zuging. Zu Mansons unangenehmeren Eigenschaften gehörte es, sich an seine Vorgesetzten zu hängen. Palane hatte den Verdacht, dass das »Gespräch unter vier Augen‹ zwischen Rozsak und Manson mittlerweile zu unerwünschter Arschkriecherei degeneriert war.
Rozsak war für Schmeicheleien nicht unempfänglich: genauer gesagt, wehrte er sie nicht ab - vorausgesetzt, sie beschränkten sich auf ein vernünftiges Maß. Allerdings gehörte er zu den überaus selbstsicheren Männern, die es nicht nötig haben, dass ein Untergebener ihnen versichert, sie seien die Größten. Dass er der Größte war, wusste Rozsak von sich aus.
Als Thandi näher kam, verstummte Manson und sah sie unfreundlich an, ein rascher, feindseliger Blick, mit dem ein
Rivale den anderen bedenkt - was Thandi für ein wenig absurd hielt, denn Manson und sie folgten völlig unterschiedlichen Laufbahnen. Er war ein Stabsspezialist der Navy, sie ein Gefechtsoffizier der Marines. Außerhalb von Stabskonferenzen kreuzten sich ihre Wege so gut wie nie.
Irgendwann musste es wohl leider dazu kommen, überlegte sie. Mansons konstante kleinliche Versuche, seine ›Rivalen‹ zu unterminieren, waren ebenso reflexhaft wie sein zwanghaftes Anbiedern bei den Vorgesetzten - mehr eine Frage des Instinkts als der Logik.
Rozsak räusperte sich. »Lieutenant Palane erledigt etwas für mich, Lieutenant Manson.«
Der feindselige Ausdruck verschwand auf der Stelle aus Mansons Gesicht und wurde von öliger Höflichkeit ersetzt.
»Aha. Dann bitte ich Sie, mich zu entschuldigen.«
»Nein, bleiben Sie ruhig. Wahrscheinlich müsste ich Sie sowieso hinzuziehen.«
Palane war ein wenig erstaunt, das zu hören. Manson erledigte schließlich viele nachrichtendienstliche Aufgaben für den Captain, auch wenn Rozsak die heikleren Dinge lieber Edie Habib oder Watanapongse übertrug.
»Na, Thandi? Was sagen Sie? Ach, verzeihen Sie. Ich betrage mich unmöglich. Auf dem Tisch stehen Erfrischungen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, danke, Captain. Im Augenblick ist Alkohol das Letzte, was ich möchte. Habe gerade eine spektakuläre Vorstellung der üblen Nachwirkungen erlebt.«
Rozsak zog wieder die Braue hoch. Palane fasste es als Einladung auf und berichtete ihm knapp von der jüngsten Eskapade Virginia Ushers.
»Die Frau hat sie doch nicht alle«, verkündete Manson. »Wenn Haven sich eines nicht leisten kann ...«
Thandi hatte genug von Manson. »Seien Sie nicht albern«, unterbrach sie ihn. »Die Haveniten bekommen ihren Technologietransfer durch private Abmachungen mit Industriekonzernen. Was kümmert es Trommp Enterprises - nur ein Beispiel ob ein paar untergeordnete Beamte angereihert worden sind? Und wenn das Botschaftspersonal der Liga hier genauso blind und taub ist wie gewöhnlich, dann wissen sie noch nicht einmal, wer die Frau war.«
Mansons Gesicht verhärtete sich. Thandi begriff, dass sie sich soeben jemanden zum Feind gemacht hatte, der zuvor nur aus Gewohnheit mit ihr konkurrierte. Nachdem sie noch ein, zwei Sekunden darüber nachgedacht hatte, bemerkte sie, dass es völlig gleichgültig war, wie Manson ihr begegnete. Nach einem Jahr in Rozsaks Dienst war sich Thandi ihres Status nicht mehr so unsicher wie zu Anfang.
Und Manson ging ihr gewaltig gegen den Strich. Virginia Usher hingegen hatte sie gemocht. Sehr sogar, obwohl sie nur wenig von ihr wusste.
Rozsak nahm, gewandt wie immer, der Spannung die Schärfe, indem er Manson klar machte, wie die Dinge lagen.
»Ich
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