Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
Bündnis-Angebot zu unterbreiten. Wir aber werden erklären, in Wirklichkeit habe Elisabeth dieses Angebot Pritchart gemacht. Der Rest ist wie gehabt: Pritchart habe eine Gelegenheit gewittert, nach Beendigung des leidigen Krieges sich auf derselben Seite wie Manticore einzufinden, damit Manticore und Haven gemeinsam dann die Solare Liga unter sich aufteilen können.«
»Wissen Sie«, ergriff MacArtney nach längerem Schweigen wieder das Wort, »eigentlich könnte es sich tatsächlich so abgespielt haben. So oder zumindest ganz ähnlich. Ich will ja nicht wegdiskutieren, dass Filareta als Erster das Feuer eröffnet hat, ganz unabhängig davon, was wir offiziell sonst verlauten lassen. Aber Ihr Szenario, Herr Kollege, erklärt sehr schlüssig, warum Haven so plötzlich bei den Mantys aufgetaucht ist.«
»Möglich, ja«, stimmte Abruzzi zu. »Aber wir sollten das Ganze schlicht halten. Es ist viel einfacher – und lässt sich auch viel leichter verkaufen –, wenn die Mantys hier wie immer unbestreitbar die Schurken sind. Soll Haven der unwissentliche Gimpel sein, der, das mögen wir andeuten oder nicht, sich durch gewisse imperialistische Bestrebungen hat verführen lassen! Offiziell lassen wir jedenfalls verlauten, es sei eine Schande, wie Haven sich manipulieren lasse. Das ist, wie gehabt, der ›eher betrübt als erzürnt‹-Ansatz. So halten wir Haven ein Hintertürchen offen, sollte sich die Lage für Manticore drastisch verschlechtern und Pritchart erneut die Seiten wechseln wollen.«
»Na, darauf würde ich an Ihrer Stelle nicht bauen!«, meinte MacArtney trocken. »Aber ich muss Ihnen zustimmen: Zumindest kurzfristig könnten wir das der Öffentlichkeit verkaufen. Ja, ich persönlich werde Rajani sagen, wie praktisch es doch wäre, wenn seine Experten die Aufzeichnungen der Mantys noch einmal genau unter die Lupe nähmen und dabei Hinweise auf mögliche Datenmanipulationen fänden. Ich denke, es wäre hilfreich, eine gute, gründliche Untersuchung einzuleiten – eine Untersuchung, bei der ganz offenkundig unvoreingenommen und maßvoll vorgegangen wird. Wenn die verlauten lässt, die Aufzeichnungen könnten möglicherweise manipuliert worden sein, es sei aber schlichtweg unmöglich, ein endgültiges Ergebnis zu dieser Frage vorzulegen, wäre das für uns deutlich hilfreicher als jedwede offene Verurteilung.«
»Das sehe ich genauso.«
Ungewöhnlich für ihn gab Abruzzi seinem Kollegen recht. Erneut blickte Kolokoltsov die Anwesenden der Reihe nach an.
»Also gut. Wir sind uns einig: Wir gehen vor, wie Malachai es vorgeschlagen hat. Außerdem wäre wohl gut, wenn Sie, Agatá, zusammen mit Omosupe einen Bericht verfassten, in dem Sie mit Nachdruck vor dem beachtlichen wirtschaftlichen Schaden warnen, den die Mantys im Zuge ihrer imperialistischen Bestrebungen der Liga zufügen. Auch das sollte möglichst rasch an die Medien gehen. Gewiss lässt sich damit die öffentliche Meinung noch ein wenig mehr gegen Manticore aufbringen.« Kolokoltsov lächelte dünn. »Ja, ein solcher Bericht dürfte die Öffentlichkeit gar noch eher dazu bringen, die Mantys für die wahren Schurken zu halten!«
Kapitel 9
Das havenitische Kurierboot dockte an der Haven One an. Währenddessen zog das offizielle Interstellarschiff der havenitischen Präsidentin auf seiner vorgegebenen Umlaufbahn friedlich über den Planeten Manticore hinweg. Man hatte dem winzigen Boot gestattet, sich dem republikanischen Schiff zu nähern, ohne zuvor einen manticoranischen Rudergänger an Bord zu bringen. Sonst war die eherne Zweimannregel, die im Sternenimperium für jeglichen planetennahen Verkehr zur Norm geworden war, immer einzuhalten. Das in diesem Fall darauf verzichtet wurde, sprach Bände darüber, wie sich innerhalb eines einzigen T-Monats die Beziehungen zwischen Haven und Manticore verändert hatten.
Die Hochsicherheitsdepeschen aus Nouveau Paris wurden von einem Kurier persönlich an Bord der Haven One gebracht. Dort blieben sie etwas mehr als drei Stunden lang unbeachtet liegen, da sich Präsidentin Pritchart noch für eine Besprechung mit Kaiserin Elisabeth I., Protector Benjamin und Generaldirektor Benton-Ramirez y Chou im Mount Royal Palace aufhielt. Besagte Besprechung war zu wichtig, um wegen eintreffender Post unterbrochen zu werden. Aber es gab noch einen anderen Grund. Eloise Pritchart war wahrlich kein ängstlicher Mensch. Doch unter den gegebenen Umständen hätte nur ein Übermensch angesichts der Nachrichten aus der
Weitere Kostenlose Bücher