Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
dass es darum geht, uns empfindlich zu schwächen. Vielleicht soll die Liga sogar zerbrechen.« Frustriert gestikulierte er mit den Händen. »Schauen Sie sich doch an, was im Augenblick passiert! Die Navy hat kräftig eins hinter die Ohren bekommen. Dass die Mantys das Wurmlochnetzwerk abriegeln, wird die Wirtschaft der Liga härter treffen als irgendetwas jemals zuvor. Und wir steuern geradewegs auf eine ausgewachsene Verfassungskrise zu. Zum ersten Mal seit T-Jahrhunderten reden die Leute wieder von der Verfassung … und darüber, dass wir uns in den letzten sechs- oder siebenhundert Jahren einen feuchten Kehricht darum geschert haben. Und glauben Sie bloß nicht, diese Abreibung, die uns die Mantys verpasst haben, würde nicht gewaltige Wellen im Rand und in den Protektoraten schlagen, Colonel Okiku! Denn genauso ist es, glauben Sie mir! Und wenn da draußen die Hölle losbricht und die Kernwelten die schlimmste Rezession aller Zeiten erleben und die Schuld dafür einer Hand voll ungewählter Bürokraten zuschieben, dann, so glaube ich, verlieren wir ein Mitgliedssystem nach dem anderen. Ich halte es sogar für denkbar, dass wir miterleben werden, wie die gesamte föderale Regierung zusammenbricht. Ich weiß selbst, wie ungeheuerlich das klingt. Nennen Sie es meinetwegen sogar lächerlich, schließlich reden wir hier über die Solare Liga! Aber es könnte passieren!«
Der Captain hielt inne. Endlose Sekunden herrschte Schweigen im Archivraum. Dann schüttelte Okiku den Kopf.
»Großer Gott!«, sagte sie leise. »Kein Wunder, dass die Leute Sie für einen durchgeknallten Spinner halten! Aber Sie könnten recht haben.« Ihre Miene verriet eine Mischung aus Erstaunen und Furcht. »Sie könnten tatsächlich recht haben!«
»Glauben Sie mir, nichts wäre mir lieber, als unrecht zu haben«, erwiderte al-Fanudahi ebenso leise.
»Und warum haben Sie dann mich dazu geholt?«, fragte Okiku nach einer kurzen Pause. »Glauben Sie mir, dankbar bin ich Ihnen dafür gewiss nicht! Falls an Ihrer Theorie wirklich etwas dran ist, ganz egal, wer nun die Verschwörer sind, das Mesanische Alignment oder jemand ganz anderes: Die haben zumindest keinerlei Scheu, Leute aus dem Weg zu räumen. Ich würde sehr gern darauf verzichten, auf deren Abschussliste zu landen!«
»Da sind wir schon zwo«, sagte al-Fanudahi aus tiefstem Herzen. »Das Problem ist: Die müssen Zugang zu höchsten Kreisen haben, und ich habe keinen blassen Schimmer, wie man sie aufspüren könnte. Ich bin Analyst, kein Kriminalist. Ich glaube – nein: ich fürchte –, hier einer großen Sache auf der Spur zu sein. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich weitere Nachforschungen anstellen soll. Das Amt für Spionageabwehr ist schon seit Jahrzehnten vor allem Abstellgleis für Leute, die sich durch eines auszeichnen: ihre Beziehungen. Aufgrund von Sachkenntnis wird man zumindest nicht in diese Abteilung versetzt. Konteradmiral Yaus Fähigkeiten sind … sagen wir: nicht gerade überwältigend. Und der Rest seiner Abteilung nimmt sich an ihm ein Beispiel. Aber wäre es meine Aufgabe, insgeheim eine andere Navy zu unterwandern, brächte ich als Erstes Leute bei der Spionageabwehr der Ziel-Navy unter – nur um sicherzustellen, dass meine Maulwürfe nicht auffliegen. Ich wage daher nicht, mit dieser Sache zum ASA zu gehen, ohne zumindest eine grobe Ahnung zu haben, wer von den Leuten dort ein zusätzliches Gehalt bezieht – von wem auch immer. Ich kann mich auch schlecht an ein Gericht wenden oder das Ganze an den Judge Advocate General weiterleiten, um eine offizielle Ermittlung anzustoßen, und dabei die ASA übergehen. Denn jede dieser Stellen wüsste mit meinem Material nicht umzugehen und würde es prompt an Yau weiterleiten – vermutlich mit der recht nachdrücklich vorgebrachten Empfehlung, ich möge mich doch bitte in Zukunft an den offiziellen Dienstweg halten. Deswegen brauche ich Ihre Expertenmeinung – und die brauche ich, ohne dass jemand erfährt, dass wir miteinander gesprochen haben.«
»Wirklich, Sie werden uns alle noch umbringen!«, meinte Okiku grimmig.
»Vielleicht ist die Lage schlimmer, als Sie im Augenblick denken«, sagte al-Fanudahi und quittierte Okikus scharfen Blick mit einem Achselzucken. »Bislang ist es noch nicht in die Medien gekommen. Aber lange werden die das nicht mehr zurückhalten können.«
»Was denn zurückhalten? «, verlangte Okiku zu wissen.
»Ich glaube, ich weiß jetzt, wer der Kontaktmann der Flotte des Alignments
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