Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
vor der Brust.
»Mir ist bewusst, dass Sie erst seit weniger als zwölf Stunden diensttuender CdA sind, Admiral, und ich möchte Sie nicht unnötig unter Druck setzen. Aber Sie waren bisher Kommandeur der Schlachtflotte. Deswegen muss ich davon ausgehen, dass Sie bereits seit geraumer Zeit eng mit Flottenadmiral Rajampet zusammengearbeitet haben. Gerade diese Kontinuität ist einer der Gründe, weswegen ich fest davon ausgehe, dass Minister Taketomo Sie als Rajampets Nachfolger nominieren wird. Ich hoffe, das bedeutet zugleich auch, dass Sie in der Lage sind, uns eine Einschätzung der derzeitigen militärischen Lage zu geben und uns zu erläutern, welches Vorgehen Sie für das Beste halten.«
»Das ist eine ziemlich beachtliche Aufgabe, Herr Staatssekretär«, erwiderte Kingsford nach kurzem Nachdenken. »Und ein wenig heikel. Schließlich waren Flottenadmiral Rajampet und ich hinsichtlich dieser Punkte nicht einer Meinung.«
»Ach, nicht?« Kolokoltsov lehnte sich noch ein wenig weiter zurück. »Inwiefern?«
»Ich hatte einige Vorbehalte, was Unternehmen Heiliger Zorn betraf«, erläuterte Kingsford. »Aber ich habe mich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen. Nun, im Nachhinein, wünschte ich mir, ich hätte es getan. Aber als wir seinerzeit zum ersten Mal über das Thema sprachen, wandte ich lediglich ein, das Unternehmen derart voranzutreiben sei möglicherweise nicht ratsam. Doch Rajampet – Flottenadmiral Rajampet, meine ich natürlich! – witterte damals eine Gelegenheit und wollte, dass der Militärschlag so rasch wie möglich erfolge, noch bevor die Mantys sich von dem Angriff auf ihr Heimatsystem erholen könnten. Mir leuchtete der Gedanke durchaus ein. Aber ich hatte das Gefühl, die unvermeidbare Verzögerung, die sich ergibt, wenn man einen groß angelegten Angriff über eine derartige Distanz hinweg koordinieren muss, lasse dem Feind doch entschieden zu viel Zeit, sein strategisches Gleichgewicht wiederzufinden.
Aber um nicht ungerecht zu sein, muss ich zugeben, dass ich meine Vorbehalte bei weitem nicht so nachdrücklich ausgesprochen habe, wie das jetzt wirken mag. Zum einen hatte ich ebenso wenig wie jeder andere damit gerechnet, dass Haven und Manticore sich verbünden könnten. Wer hätte das schon kommen sehen können! Ich machte mir lediglich Sorgen, wir könnten uns zu rasch zu sehr festlegen.« Kingsford zuckte mit den Schultern. »Aber nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen hätte ich mir etwas derart Katastrophales ausmalen können wie das, was Flottenadmiral Filareta widerfahren ist. Es wäre Rajampet – und auch Filareta – gegenüber unfair, so zu tun, als wäre ich weitsichtiger gewesen als meine beiden Kameraden.«
»Warum haben Sie den Punkt dann überhaupt angesprochen?«, setzte Kolokoltsov nach.
»Weil ich Gründe für meine Vorbehalte Operation Heiliger Zorn gegenüber hatte: Ich war deutlich eher als Rajampet geneigt, zumindest für möglich zu halten, dass die Berichte über die Reichweite der neuen manticoranischen Raketen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen sind. Ich hatte nur einfach nicht begriffen, wie rasch und gründlich der Gegner seine Armierung umgestellt hat. Mir war nicht klar, dass die Mantys mittlerweile Raketen beinahe ausschließlich von Gondeln aus starten lassen. Und mir war auch nicht bewusst, dass sie bei ihren Feuerleitsystemen ÜL-Komponenten verwenden. Aber ich war durchaus der Ansicht, einiges spräche dafür, die Mantys hätten die effektive Reichweite ihrer Raketen drastisch gesteigert. Unter diesen Umständen hätte ich es vorgezogen, zunächst vorsichtig die Lage zu sondieren, bevor wir einen ganzen Schlachtwall ausschicken. Meines Erachtens wäre es besser gewesen, hier und da den einen oder anderen Schlachtkreuzer zu verlieren, als sich gleich drei- oder vierhundert Superdreadnoughts auf einen Schlag aus dem All blasen zu lassen.«
»Ich verstehe.« Kolokoltsov fragte sich, wie viel von dem, was er gerade gehört hatte, tatsächlich der Wahrheit entsprach und wie viel davon nur dazu diente, Kingsford in ein besseres Licht zu rücken. Andererseits war ja auch Kingsford schon lange genug mit von der Partie, um genau zu wissen, wie das Spiel gespielt wurde. Er hätte Derartiges niemals behauptet, wenn er nicht auch über entsprechende Memoranden und Kurzmitteilungen verfügte, die man zumindest so auslegen konnte, als würden sie die soeben dargelegte Lageeinschätzung unterstützen.
»Soll ich dann davon ausgehen, Admiral,
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