Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
Sternnationen war.
»Also gut, Mr. O’Shaughnessy«, sagte sie drei oder vier Sekunden später mit eisiger Präzision. »Um jegliche Missverständnisse zu vermeiden - ich sollte wohl lieber sagen: jegliche weiteren Missverständnisse -, würde ich gerne mit... »Gouverneur Medusa‹ persönlich sprechen.«
Wieder wies sie mit dem Finger auf Chatfield, sodass ihr Gesprächspartner nur noch das offizielle Hintergrundbild der Joseph Buckley zu sehen bekam. Dann ging sie noch einen Schritt weiter und unterbrach auch den Empfang der manticoranischen Videoübertragung. Düster betrachtete sie den nun schwarzen Bildschirm.
Dieses Mal stellte niemand Überlegungen an, während der Admiral reglos und schweigend in ihrem Kommandosessel saß. Bautista, Ouyang und Ouyangs Assistenten brüteten über den Daten, die ihnen die ferngesteuerten Aufklärungsplattformen lieferten. Shavarshyan vermutete, dass sie alle durchaus zufrieden damit waren, etwas anderes zu tun zu haben, während ihr Admiral innerlich kochte. Er wünschte, ihm wäre das gleiche Glück beschieden wie seinen Kameraden. Also rief er seine eigenen Analysen zur Bedrohungslage auf und befasste sich ernsthaft - und ostentativ - mit den Daten, die er nun schon zum wer-weiß-wie-vielten Male durchging. Minuten verstrichen. Schließlich räusperte sich Chatfield.
»Eine Minute bis zur Antwort der Mantys, Ma’am«, sagte er in ausgesucht neutralem Tonfall.
»Schalten Sie’s wieder ein«, grollte Crandall. Erneut erwachte das Display zum Leben.
O’Shaughnessy hatte sich weiter mit seinem Buch befasst, während Crandalls Ersuchen, mit Baronin Medusa zu sprechen, ihn vor neun Minuten erreicht hatte. Nun blickte er auf.
»Ich verstehe.« Kurz blickte er sein Gegenüber schweigend an, dann nickte er. »Ich werde mich erkundigen, ob die Gouverneurin zu sprechen ist«, erklärte er. Dann wich sein Abbild dem Wappenschild des Sternenimperiums von Manticore.
Das Schweigen auf der Flaggbrücke der Joseph Buckley wurde widernatürlich drückend, als nun die Mantys ihr Hintergrundbild übertrugen. Als einziger Grenzflotten-Außenseiter an Bord empfand Shavarshyan vor allem düstere Belustigung angesichts der widerstreitenden Gefühle, die Crandalls gesamten Stab erfasst hatten. Auch sie wussten nur zu gut, wie wütend der Admiral war, und die meisten hätten gewiss gerne ihren eigenen Unmut geäußert, um ihre Vorgesetzte wissen zu lassen, dass sie ihr voll und ganz zustimmten. Doch gleichzeitig überzeugte ein ausgleichender Uberlebensinstinkt sie davon, nicht angesichts von O’Shaughnessy Arroganz in wüstes Schimpfen zu verfallen. Schließlich wollten sie sich nicht Crandalls Zorn zuziehen, die in ihrer Frustration gewiss auf das nächstgelegene Ziel einschlagen würde. Ein interessantes Dilemma, sinnierte Shavarshyan. Schließlich könnte man ihr völliges Schweigen auch anders interpretieren: Vielleicht wollten sie ja auf keinen Fall den Eindruck erwecken, bemerkt zu haben, wie sehr O’Shaughnessy ihre Vorgesetzte durch diese Zurechtweisung gerade gedemütigt hatte.
Innerlich wettete Shavarshyan mit sich selbst, Bautista werde vor Ouyang das Wort ergreifen, da verschwand das manticoranische Hintergrundbild wieder. Stattdessen erschien auf dem Hauptschirm nun eine zierliche Dame mit dunklen, äußerst wachsamen Mandelaugen. Shavarshyan wusste bereits aus den Akten, wie Dame Estelle Matsuko, ihres Zeichens Baronin Medusa, aussah. Sie wirkte bemerkenswert gefasst. Doch da war ein Funkeln in diesen dunklen Augen ...
Diese Frau darf man nicht unterschätzen, entschied Shavarshyan. Vor allem nicht nach diesem Gespräch zwischen O’Shaughnessy und Crandall. Die unverkennbare Selbstbeherrschung der Baronin machte sie sogar noch gefährlicher. Und auch wenn das Funkeln in diesen tiefen, dunklen Augen von Zorn herrühren sollte, so war in diesem Blick doch ebenso wenig Furcht zu erkennen wie in O’Shaughnessys Augen - soweit Shavarshyan das beurteilen konnte. Wieder ging ihm das Bild durch den Kopf, das ihn gerade eben schon beschäftigt hatte: Diese Frau war der Matador, der nun mit großen Schritten die Arena betrat, nachdem ihre Picadore den Stier ernstlich gereizt hatten. Und da diese Frau ganz offensichtlich keine Idiotin war und zweifellos wusste, dass soeben zwölf ganz offenkundig feindlich gesinnte Wallschiff-Geschwader widerrechtlich in ihr Territorium eingedrungen waren, machte ihr Auftreten Hago Shavarshyan extrem nervös.
»Guten Abend, Admiral Crandall«,
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