Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
anzusehen war, dass es oft genutztwurde. Der Lieutenant stieß einen Grunzlaut aus, der vielleicht andeuten sollte, das sei eine beachtliche Untertreibung gewesen, und kurz zuckte ein Grinsen über Corbetts Gesicht. Zweifellos hatte er bereits gehört, welche Abenteuer der damalige Sergeant Matteo Gutierrez und die damalige Midshipwoman Hearns auf dem Planeten Refuge erlebt hatten.
»Drei Dinge müssen Sie im Kopf behalten«, fuhr Abigail in deutlich strengerem Ton fort. »Erstens: Sie sind ein Offizier der Königin. Zwotens: sämtliche Sollys, die da drinnen vielleicht noch leben« - nun deutete sie mit dem Kinn in Richtung Bugschott, hinter dem das Wrack von SLNS Charles Babbage auf sie wartete, dem ehemaligen Flaggschiff von Schlachtgeschwader 371 der Solarian League Navy - »haben ihr ganzes Berufsleben lang immer geglaubt, sie seien die mächtigste Navy in der ganzen Galaxis, und das Sternenimperium von Manticore mit seiner Navy sei nur ein emporkömmlerischer Haufen armseliger Würstchen mit Größenwahn. Drittens: wir haben keine Ahnung, wie viele Sollys an Bord der Babbage noch leben, oder in welchem Zustand sie sich befinden, aber unser Enterkommando besteht aus weniger als dreißig Mann.«
Abigail blickte ihm fest in die Augen. Schließlich nickte Corbett, und seine Vorgesetzte fuhr fort.
»Im Augenblick dürften die Überlebenden aus der Mannschaft der Babbage noch im Schockzustand sein. Ich weiß nicht, wie lange das anhalten wird. Für uns könnte das gut sein, aber auch schlecht... vielleicht sogar beides gleichzeitig. Einerseits werden die meisten wahrscheinlich zu betäubt sein und zu sehr darauf hoffen, dass irgendjemand kommt, um sie zu holen, um an organisierten, effektiven Widerstand auch nur zu denken. Andererseits: selbst wenn neunzig Prozent der Besatzung dieses Schiffes gefallen sein sollten, befinden sich an Bord immer noch mehr als zehnmal so viele Überlebende, wie die ganze Tristram an Besatzungsmitgliedern mit sich führt. Viele von denen werden froh sein, jemanden zu sehen, der sie aus diesem Wrack herausholen will; die werden uns also kaum Schwierigkeiten machen. Aber es sollte mich sehr überraschen, wenn auch nur ein Einziger von denen im Augenblick einen klaren Gedanken fassen kann. Diejenigen, die im Moment nicht völlig betäubt sind, werden entsetzt, gedemütigt und unfassbar wütend sein, dass ein Haufen ›Neobarbaren‹ ihnen so dermaßen einen verpasst hat, dass sie vielleicht wirklich offenen Widerstand leisten. Und dass Sie ›bloß‹ ein Midshipman sind, wird einige der Leute dort drüben wahrscheinlich zusätzlich stinksauer machen, weil sie sich darüber ärgern, von jemandem wie Ihnen Befehle entgegennehmen zu müssen. Also gibt es zwo Probleme, die Sie gegeneinander abwägen müssen: Zum einen müssen Sie wissen, was die Gegenseite denkt und empfindet, und das auch bei Ihren Entscheidungen berücksichtigen. Zum anderen aber sind Sie ein Offizier, und die dort drüben sind Ihnen unterstellt. Sie müssen Ihren Befehlen gehorchen, und jeglicher Anschein von Schwäche kann sehr gut zu einem unschönen Zwischenfall führen.«
Wieder hielt Abigail inne, und wieder nickte Corbett.
»Jawohl, Ma’am«, sagte er. Obwohl Abigail ziemlich genau wusste, was sie an Bord der Babbage erwartete, zuckten ihre Mundwinkel. Es wäre nicht ganz gerecht gewesen, seinen Tonfall als ›kläglich‹ zu beschreiben, aber es ging schon sehr deutlich in genau diese Richtung.
»So schlimm wird’s wahrscheinlich gar nicht, Walt! Zumindest nicht, was die Überlebenden betrifft. Ja, Sie müssen an all das denken, was ich Ihnen gerade gesagt habe. Aber aus genau diesem Grund habe ich Ihnen auch den Bosun zur Seite gestellt. Ich will jetzt nicht behaupten, ich würde ihn mitschicken, damit er Sie ›im Auge behält‹. Aber Sie sollten nicht vergessen, dass er schon zur Navy gekommen ist, als Sie noch keine fünf T-Jahre alt waren. Machen Sie sich seine Erfahrungen also zunutze.«
»Jawohl, Ma’am«, bestätigte Corbett mit deutlich festerer Stimme. Kurz schaute Abigail über ihre Schulter hinweg zu Gutierrez. Als der Lieutenant ihr in die Augen blickte, rief das Erinnerungen an einen anderen Middy wach, der dringend das Wissen eines erfahrenen Unteroffiziers gebraucht hatte. Gutierrez’ zustimmendes Nicken erleichterte sie zutiefst. Offensichtlich hatte Matteo ebenfalls einige Worte mit Senior Chief Petty Officer Franklin Musgrave, dem Bosun der Tristram, gewechselt.
»Dann möchte ich nur
Weitere Kostenlose Bücher