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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Landgang in Charleston bedrängt sie Kramer so lange mit ihren Bitten um mehr Information, dass er sich schließlich tatsächlich auf den Weg macht und mit einem kleinen, »etwas schmutzigen« Buch mit dem Titel
Kurze Geschichte Englands
zurückkehrt, das sie zwischen Charleston und dem Panamakanal dreimal von vorne bis hinten liest, mit dem ernüchternden Ergebnis: »Viel habe ich daraus nicht erfahren, aber immerhin so viel, dass es sich bei unserer Queen um Adelheid Louise Theresa von Sachsen-Meiningen handelt, die ein kurzes und schweres Leben hatte. Eine deutsche Prinzessin, weggefangen und nach England verkauft, wo sie Königin wurde und jede Menge Kinder hatte, die allerdings nicht ihre eigenen waren.«
    (Hier die Fakten: Adelheid von Sachsen-Meiningen ( 1792 – 1849 ) wird im April 1818 mit dem bereits dreiundfünfzigjährigen Wilhelm Heinrich von Großbritannien (Herzog von Clarence) verlobt, der aus einer morganatischen Ehe mit der Schauspielerin Dorothy Blend bereits zehn Kinder mit in die Ehe bringt. Im Juli 1818 heiraten sie, eine politische Verbindung, aus der sechs weitere Kinder hervorgehen, von denen fünf im Kindbett sterben, das sechste wird keine drei Monate alt. Adelheid, vielsprachig, gebildet, kunstsinnig, zeigt für politische Belange wenig Interesse. Sie kümmert sich ausschließlich um ihren Gemahl (der König stirbt im Juni 1837 ) und dessen zahlreiche Kinder und Enkelkinder. Ihre Hofhaltung gilt den Engländern als so bescheiden wie langweilig, die »hässliche deutsche Frau« (
Morning Chronicle
) als »reaktionär, dominant, eine Feindin des Volkes« (
Times
). Im Dezember 1849 stirbt Adelheid in Anwesenheit Queen Victorias und ihrer Geschwister. Die Bestattung, »so einfach wie möglich«, findet in Windsor statt./fh)
    Es ist anzunehmen, dass Felicitas bereits auf der
Adelheid
mit der Niederschrift jener seltsamen Erzählung begann, die, obwohl später immer wieder und mit bemerkenswert großem Aufwand umgearbeitet, trotzdem ein literarisch dürftiges Fragment und weit hinter einigen anderen ihrer Jugendwerke zurückbleibt. Der Umgang mit historischen Stoffen, der sie immer wieder gereizt hat, war auch später nie recht mit ihrer überbordenden Phantasie in Einklang zu bringen. Nicht selten drohen die realhistorischen Figuren unter einer Fülle eigener Geschichten und Assoziationen unterzugehen.
    Der Titel des ersten Entwurfs der genannten Erzählung,
Die hässliche Königin
, wird in den unterschiedlichen Fassungen mehrfach gegen andere Titel ausgetauscht, so zum Beispiel:
Die Volksfeindin
,
Zehn Schauspieler und sechs Tote
,
Königskinder
,
Die heilige Adelheid
,
Bushey Park
oder
Die Königin und ihr Matrose
, wobei Letzterer am ehesten widerspiegelt, worum es im Text eigentlich geht, in dem Felicitas Queen Adelheid ein Jahr nach dem Tod ihres Gatten auf eine Kreuzfahrt durch das Mittelmeer schickt (die Kreuzfahrt ist historisch verbürgt), in deren Verlauf die Königswitwe einem stotternden polnischen Matrosen ihre Lebensgeschichte erzählt, dem die Autorin an der einen oder anderen Stelle das Privileg zugesteht, den ziemlich monotonen und stilistisch nicht besonders abwechslungsreichen Monolog der Königin zu kommentieren oder durch die eine oder andere (eher unbeholfene) Frage zu unterbrechen: »Er (Wilhelm Heinrich/fh) hat Eure Majestät also wirklich niemals geliebt?«
    Am Ende jedoch übernimmt überraschend souverän der Matrose das Ruder der Rede, indem er pathetisch (und erstaunlicherweise ganz ohne zu stottern) ausführt: »Und doch seid Ihr eine große Frau, Majesty Queen, und eines Tages wird auch die Welt das erkennen, und auf der ganzen Welt werden sich alle Schauspielerinnen (nur die Größten der Größten) darum reißen, Euch auf der Bühne geben zu dürfen! Man wird viel und überall von Euch sprechen. Nicht nur wird man Bücher über Euch schreiben, Verse auf Euch schmieden, Euch mit Sonetten bedichten, Euch Lieder singen und Opern zueignen, sondern Flüsse und Inseln, Berge und Täler, ganze Länder und halbe Kontinente, endlose Haupt-, Neben- und Bundesstraßen wird man nach Euch benennen, Parks und Chausseen und Avenuen werden Euren Namen tragen, Bibliotheken, Theater und Botschaftsresidenzen, Zoologische und Botanische Gärten, Kindergärten, Schulen und Universitäten, sogar die eine oder andere Kirche!«
    Auf Adelheids den so naiven wie enthusiastischen Redefluss des Matrosen (der abschließende Matrosenmonolog umfasst im handschriftlichen Manuskript weit

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