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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Felicitas’ musikalisches Talent (»Sie hat ja weit mehr als nur das absolute Gehör!«) nicht nur erkannte und nach seinen eigenen Möglichkeiten unterstützte, sondern vor allem ihr bis dahin äußerst beschränktes musikalisches Repertoire erheblich erweiterte und sie damit, wie Felicitas später bemerkte, »aus den Fängen von Glenn Bach und Lucy Gould« befreite, »weil ich bei ihm alles spielen durfte, was mir gefiel. Von der Fuge über den Walzer bis hin zu schlechten Schlagern. Er sang sogar mit, manchmal, wenn die Stimmung danach war, sang sogar Joey mit (der gleichfalls höchst musikalisch war, er spielte seit seinem siebten Lebensjahr Horn, gab aber später die Musik zugunsten des Cricketspiels auf/fh), ein Trio, das Virginia und Wicket hassten!«
    Übrigens beschränkte Quentin seine musikalische Erziehung nicht auf das Klavier, sondern ließ Felicitas, ganz nach Wunsch, mehr als drei Jahre lang, all jene Instrumente ausprobieren, die bereits Lucy Bell ihrem Temperament zugeschrieben hatte (Posaune, Klarinette, Oboe, Violoncello), auch wenn Quentin nicht verborgen blieb, worauf bereits Lucy Bell hingewiesen hatte, dass Felicitas nämlich, von ihrer Beharrlichkeit auf dem Klavier abgesehen (sie machte innerhalb kürzester Zeit bemerkenswerte Fortschritte, was nicht zuletzt dem Einsatz von Lucy Ayrton geschuldet sein dürfte), in ihren Neigungen höchst sprung- und wechselhaft war, was nichts daran änderte, dass sie nach zwei Jahren immerhin leidlich Klarinette und Trompete spielte, während sie auf dem Cello kaum über die zweite Lage hinauskam, obwohl sie dieses Instrument angeblich ganz besonders liebte, »wahrscheinlich deshalb, weil es genauso groß wie sie selbst ist«, wie Joey einmal spöttisch bemerkte. (Die Vierzehnjährige maß kaum einen Meter fünfzig, während Joey fast zwei Köpfe größer war./fh)
    Was die Größe betrifft, dürfte Felicitas dem Cello allerdings jenes Instrument vorgezogen haben, das Lucy Bell ihr damals nicht zugedacht hatte, das aber ihrem Lebensgefühl und Temperament wie ihrer jugendlichen Sehnsucht nach Drama und Theatralik am nächsten kam, auch wenn sie nur höchst selten die Gelegenheit hatte, es zu spielen, die Orgel nämlich, »weil man hier alle Register ziehen kann, Pomp und Posaune, Kirmes und Kirche, Gott und den Teufel! Und weil man mit Händen und Füßen spielt«.
    Die Orgel war übrigens Quentins »vorletzte Trumpfkarte«, die er immer dann zum Einsatz brachte, wenn Felicitas’ Eifer nachzulassen drohte. Denn er scheute durchaus nicht davor zurück, sie zu ködern, und versprach ihr, wie Felicitas an anderer Stelle in ihrer bereits oben erwähnten Erzählung
Fische am Haken
schreibt, sie dürfe, sei das Ziel erst einmal erreicht, ihn zur Belohnung in die Kirche begleiten, wo Quentin in der Regel an Freitagnachmittagen, nachdem er seine Praxis geschlossen hatte, vor den abendlichen Chorproben übte.
    »Ich glaube«, schreibt sie fast zwanzig Jahre später in einem der wenigen Briefe an Quentin, die zugänglich sind, »dass ich niemals glücklicher gewesen bin als an jenen Nachmittagen freitags gegen halb sechs, wenn ich auf die Orgelbank steigen durfte, um endlich mit Händen und Füßen zu spielen.« Für die Orgelausflüge nahm sie sogar den Quintenzirkel in Kauf (den sie untereinander scherzhaft als »Quentinzirkel« bezeichneten), ebenso Quentins erbarmungslose Kritik an ihren ersten kompositorischen Versuchen: »So schlechte Choräle wie du schreibt im gesamten englischen Königreich garantiert keiner!«
    Die letzte Trumpfkarte war Adelaides
State Opera Theatre
, eine Karte, die Quentin wesentlich seltener zog, weil die Besuche der Oper bis zum Schluss das Privileg seiner Frau Virginia blieben, die, ihrer geradezu bigott anmutenden Liebe zur reinen Kirchenmusik zum Trotz, nichts mehr liebte, als in die Oper zu gehen, und empfindlich darauf reagierte, dass Joey nicht das geringste Interesse dafür aufbrachte (»Wozu die Oper, wenn es doch Cricket gibt!«), weshalb sie die dritte Karte nur höchst ungern abgab.
    Allerdings bleibt bemerkenswert, dass es nicht Quentin, sondern Virginia war, die Felicitas, als sie siebzehn wurde, für das Geburtstagskind vollkommen unerwartet, ein Ticket für einen Besuch in der zwei Jahre zuvor eröffneten Oper in Sydney schenkte, Reisekosten inbegriffen, beigelegt folgende Glückwunschkarte: »Für Wicketoo, die die Musik so sehr liebt. Wärst du ein paar Jahre früher gekommen, hättest du miterleben können, wie eine

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