Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
langweilig, die ganze Zeit allein herumzusitzen.«
»Nicht um die Welt würde ich mich davon abhalten lassen«, sagte Bush.
20. Kapitel
In den Long Rooms drängten sich wie alle Abende die Menschen. An fast allen Tischen im äußeren Saal saßen ernste Männer beim ernsten Spiel, durch den Vorhang nach hinten drang ein unaufhörliches Gemurmel, aus dem man schließen konnte, daß das Spiel dort aufregend und geräuschvoll war. Für Bush, der voll innerer Unruhe neben dem Feuer stand und nur ab und zu mit einem Vorübergehenden eine zerstreut Bemerkung tauschte, gab es jedoch in diesem ganzen Getriebe nur einen einzigen Punkt, dem sein Interesse galt, das war der kerzenbeleuchtete Tisch nahe der Wand, an dem Hornblower in illustrer Gesellschaft dem Spiel oblag. Zu der Partie gehörte außer den beiden Admiralen noch ein Oberst von der Infanterie, den Parry und Lambert mitgebracht hatten, ein schwerer, massiger Mann mit einem richtigen Portweingesicht, das fast so rot war wie sein Waffenrock. Der Flaggleutnant, der vorher Parrys Partner gewesen war, sah sich zum Zuschauer degradiert.
Er stellte sich neben Bush und erging sich in unverständlich leisen Bemerkungen über das Spiel. Der Marquis hatte wiederholt in den Saal geschaut, und Bush hatte wohl bemerkt, daß sein Blick den bewußten Tisch jedesmal mit dem Ausdruck höchster Zufriedenheit streifte. In diesem Fall machte es nichts aus, daß auch noch andere Leute spielen wollten und daß die Regeln des Hauses jedem Besucher das Recht einräumten, nach Beendigung eines Rubbers an einem der Tische einzuspringen.
Eine Partie, zu der zwei Flaggoffiziere und ein hoher Stabsoffizier der Armee gehörten, konnte tun und lassen, was in ihrem Belieben stand.
Endlich merkte Bush zu seiner größten Freude, daß Hornblower den ersten Rubber gewonnen hatte. Er hatte weder den Einzelheiten des Spiels noch den Aufschreibungen sicher genug folgen können, erst als die Karten zusammengeworfen wurden und die Verlierer sich ans Zahlen machten, schwand ihm der letzte Zweifel über den Ausgang. Er sah, wie Hornblower eine Summe Geldes in der bewußten Brusttasche verschwinden ließ.
»Es wäre doch schön«, meinte der Admiral Parry, »wenn wir unsere gute alte Goldwährung wiederhätten, nicht wahr? Was gäben wir alle darum, wenn wir endlich wieder von den schmutzigen Banknoten loskämen und zu unseren echten goldenen Sovereigns zurückkehren könnten.«
»Ja, weiß Gott«, sagte der Oberst.
»Die Küstenhaie«, sagte Lambert, »suchen ja jedes Schiff heim, das von Übersee kommt. Diese Burschen bieten für eine Guinee zur Zeit nicht weniger als dreiundzwanzig Shilling, so daß man sicher sein kann, daß sie unter Brüdern mehr wert ist als das.«
Parry langte in seine Tasche und legte eine Münze auf den Tisch. »Sie sehen, meine Herren, Boney hat die alte Goldwährung wieder eingeführt«, sagte er. »Man nennt dieses Goldstück hier einen Napoleon - er ist ja Erster Konsul auf Lebenszeit. Aber es sind eben doch zwanzig Francs - ein Louisdor, wie wir zu sagen pflegten.«
Der Oberst griff nach dem Goldstück und sah es neugierig an.
»Napoleon, Erster Konsul«, las er ab, dann drehte er es um:
»Französische Republik.«
»›Republik‹, das ist natürlich nichts als dumme Heuchelei«, sagte Parry. »Seit den Tagen Neros hat es keine schlimmere Diktatur mehr gegeben.«
»Wir werden ihm die Maske schon noch vom Gesicht reißen«, sagte Lambert.
»Das weiß der Himmel«, sagte Parry und steckte die Münze wieder ein. »Aber wir versäumen darüber unser eigentliches Geschäft, zu dem wir uns heute abend zusammengefunden haben, und ich fürchte, das ist meine Schuld. Lassen Sie uns ziehen. Aha, diesmal sind Sie mein Partner, Oberst. Macht es Ihnen etwas aus, den Platz zu wechseln, oder soll ich... ach so, beinahe hätte ich ganz vergessen, Ihnen für Ihre ausgezeichnete Unterstützung zu danken, Mr. Hornblower.«
»Sie sind zu gütig, Mylord«, sagte Hornblower und nahm den Stuhl zur Rechten des Admirals.
Der nächste Rubber wurde schweigend begonnen und ebenso schweigend bis zum Ende durchgespielt.
»Ich freue mich, zu sehen, daß Ihnen die Karten freundlich gesinnt sind, Mr. Hornblower«, sagte Parry, »obwohl unser Honneurs Ihrem Gewinn diesmal Eintrag tun. Fünfzehn Shilling macht es wohl, nicht wahr?«
»Gehorsamsten Dank«, sagte Hornblower und nahm das Geld in Empfang. Bush folgte aufmerksam jeder Bewegung. Hatte ihm Hornblower nicht erklärt, er könne drei
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