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Hornblower 02 - Leutnant Hornblower

Hornblower 02 - Leutnant Hornblower

Titel: Hornblower 02 - Leutnant Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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langgestreckten, eichegetäfelten Raum, zahlreiche brennende Kerzen machten die Düsternis des Tages freundlicher, und im Kamin prasselte ein mächtiges Feuer. In der Mitte stand eine Anzahl Kartentische mit je vier Stühlen darum, die beiden Enden waren mit bequemen Polstermöbeln ausgestattet. Ein Diener in grüner Schürze wischte die Tische ab und kam sofort auf sie zu, um beiden die Hüte und Bush den Mantel abzunehmen. »Guten Tag, Sir«, sagte er. »Guten Tag, Jenkins«, sagte Hornblower.
    Dann eilte er mit unverhohlener Hast zum Kamin und wärmte sich am Feuer. Bush konnte sehen, daß seine Zähne klapperten.
    »Um ohne Peajackett auszugehen, ist es heute reichlich kalt«, sagte er.
    »Stimmt«, sagte Hornblower.
    Seine Antwort war so kurz angebunden, daß sie nicht mehr so ganz gleichgültig klang, wie sie wohl hätte klingen sollen. Bush zog daraus den Schluß, daß Hornblower nicht etwa aus bloßer Spleenigkeit oder Gedankenlosigkeit an einem so bitterkalten Tag ohne Mantel ging. Auf diese Erkenntnis hin musterte er ihn mit einem scharfen, prüfenden Blick und hätte sich vielleicht sogar zu einer wenig taktvollen Frage an ihn verstiegen, wenn nicht in diesem Augenblick dicht neben ihnen eine Tür aufgegangen wäre, die wohl zu den rückwärtigen Räumen führte. Herein trat ein kleiner, dicker, aber ausgesucht eleganter Herr, der nach der allerletzten Mode gekleidet war, nur daß er sein Haar nach Väterweise lang, zurückgebunden und gepudert trug. Das machte es schwierig, sein Alter richtig einzuschätzen.
    Er blickte die beiden Leutnants mit scharfen dunklen Augen an.
    »Guten Tag, Marquis«, sagte Hornblower. »Es ist mir ein Vergnügen, die Herren bekannt zu machen: Monsieur le Marquis de St. Croix - Leutnant Bush.«
    Der Marquis machte eine elegante Verbeugung, und Bush versuchte, es ihm nachzutun, so gut es gehen wollte. Über seinen höfischen Bemühungen wurde er zunächst gar nicht gewahr, daß ihn der Marquis mit kalt abschätzenden Augen musterte. So sah sich etwa ein Leutnant einen Matrosen an, ob er wohl kräftig genug war, so prüfte ein Bauer ein Schwein auf dem Markt, ehe er sich zum Kauf entschloß. Endlich merkte auch Bush, was vorging, und hatte bald erraten, daß der Marquis sich ein Bild davon machen wollte, für welche Summe Bush am Spieltisch gut war. Darüber fiel ihm plötzlich siedend heiß ein, wie schäbig und abgetragen sein Uniformrock aussah. Offenbar war der Marquis sehr bald bei der gleichen Beobachtung gelandet. Dennoch eröffnete er jetzt die Unterhaltung.
    »Ein bitterkalter Wind«, sagte er.
    »Ja«, sagte Bush.
    »Da wird es im Kanal allerhand Seegang geben«, fuhr der Marquis fort, indem er höflich ein Thema anschlug, das den Herren beruflich vertraut war.
    »Das kann man wohl sagen«, stimmte ihm Bush bei.
    »Von Westen her kommt bei solchem Wetter kein Schiff auf.«
    »Ausgeschlossen.«
    Der Marquis sprach ein ausgezeichnetes Englisch. Er wandte sich jetzt an Hornblower. »Haben Sie Mr. Truelove in letzter Zeit gesehen?« fragte er.
    »Nein«, sagte Hornblower, »aber ich traf Mr. Wilson.«
    Die Namen Truelove und Wilson waren auch Bush wohlvertraut. Die beiden waren die bekanntesten Prisenagente in ganz England. Ein Viertel der Marine bediente sich dieser Firma, um ihre gekaperten Schiffe und Güter zu Geld zu machen. Der Marquis wandte sich wieder an Bush: »Ich hoffe, das Glück hat auch Ihnen Prisengelder in Fülle beschert, Mr. Bush.«
    »Nun ja, es hätte mehr sein können«, meinte Bush und dachte an die hundert Pfund, die er in Kingston in zwei Tagen durchgebracht hatte.
    »Die Summen, die die beiden umsetzen, sind phantastisch, es gibt kein anderes Wort dafür als phantastisch. Ich höre, daß die Besatzung der Caradoc nicht weniger als siebzigtausend Pfund bekommen wird, sobald das Schiff einläuft.«
    »Das dürfte nicht übertrieben sein«, sagte Bush. Er hatte schon von den Prisen gehört, die der Caradoc in der Biskaya in die Hände gefallen waren.
    »Solange aber dieser Ostwind weht, müssen die armen Kerle noch warten und dürfen ihr Glück nicht genießen. Sie wurden bei Friedensschluß nicht gleich abgemustert, sondern nach Malta geschickt, um einen Teil der abgelösten Inselbesatzung an Bord zu nehmen. Aber jetzt werden sie täglich zurückerwartet.«
    Für einen eingewanderten Zivilisten zeigte der Marquis ein anerkennenswertes Interesse an allem, was mit der britischen Marine zusammenhing. Außerdem war er ein bestrickend liebenswürdiger

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