Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
noch zu bergen sein.«
Hornblower war schon dabei, den letzten Absatz seines Berichts zu formulieren:
›Ich habe Grund anzunehmen, daß bei diesem Unternehmen mindestens zehn Küstensegler versenkt beziehungsweise gezwungen wurden, auf Grund zu laufen. Dieses glückliche Ergebnis...‹
»Da haben wir ein Vermögen eingebüßt«, brummte Bush vor sich hin. »Ein tüchtiger Batzen Prisengeld liegt dort gestrandet auf den Felsen.« Damit hatte er ohne Zweifel recht, aber heute nacht, im entscheidenden Augenblick, konnte natürlich von einer Kaperung keine Rede sein. Die Hotspur hatte die Aufgabe, möglichst viel Nachschub der Franzosen zu vernichten, es ging nicht an, daß sich ihr Kommandant die leeren Taschen füllte, indem er Boote aussandte, um das eine oder andere Fahrzeug wegzunehmen, darüber jedoch die Hälfte des kostbaren Jagdwilds entkommen ließ. Das wollte Hornblower eben sagen, aber er kam nicht mehr dazu, weil an Steuerbord querab in der ruhigen See plötzlich hintereinander drei Wasserfontänen aufsprangen. Eine Kugel kam rekochettierend auf sie zugeflogen und verschwand eine Kabellänge vor der Bordwand endgültig in der Tiefe. Zugleich hörte man den Donner eines Geschützes, und die augenblicklich herumgerissenen Gläser zeigten die Qualmwolke, die die Batterie von Toulinguet noch immer in ihre Schwaden hüllte.
»Schieß du nur, Monseer le Frog«, sagte Bush, »unsere Arbeit ist getan.«
»Immerhin brauchen wir uns nicht unbedingt in Schußweite zu begeben«, meinte Hornblower. »Bitte gehen Sie über Stag.«
So gut es ging, versuchte er, genau wie Bush im Feuer sein kaltes Blut zu wahren. Dabei sagte er sich, daß es klug und nicht etwa feige war, wenn er jetzt sicherging, daß seine Hotspur nicht durch eine Salve von Vierundzwanzigpfündern eingedeckt wurde. Als er sich bei diesem Gedanken ertappte, hätte er am liebsten höhnisch über sich selbst die Nase gerümpft. Dabei hatte er doch einen anderen, recht triftigen Grund, mit sich zufrieden zu sein. Als Bush wieder von dem leidigen Prisengeld anfing, hatte er wohlweislich den Mund gehalten. Schon beim ersten Wort war er drauf und dran gewesen, dieses ganze System als Krebsschaden der Navy in Grund und Boden zu verdammen, aber dann hatte er sich doch noch beherrscht. Bush hielt ihn sowieso für einen komischen Kauz, das wußte er.
Wenn er ihm nun gar noch seine Meinung über die Prisengelder - die Art, wie sie verdient und bezahlt wurden - entwickelt hätte, dann wäre er seinem Ersten Offizier bestimmt geradezu unheimlich geworden. Für Bush war er dann einfach nicht mehr normal, sondern ein höchst verdächtiger Freigeist, ein gefährlicher Umstürzler, vor dem man sich sehr in acht zu nehmen hatte.
9. Kapitel
Hornblower stand bereit, über das Seefallreep in das wartende Boot zu steigen, und sprach zur Erfüllung der Form die gesetzlich vorgeschriebenen Worte:
»Mr. Bush, Sie übernehmen das Kommando.«
»Aye, aye, Sir.«
Dann, im letzten Augenblick, fiel es ihm ein, sich noch einmal umzusehen. Da standen die Fallreepsgäste in den weißen Handschuhen, die Bush eigens für solche feierlichen Zwecke aus weißem Zwirn hat anfertigen lassen. Ein Seemann, der mit einem winzigen Häkchen - Crochet nannte man es auf französisch - umzugehen verstand, hatte sie gemacht. Dann fiel sein Blick auf die Reihe der Bootsmannsmaate, deren Pfeifen ihm eben den Abschiedsgruß trillerten. Jetzt betrat er die Jakobsleiter. Die Pfeifen schwiegen, als er mit dem Fuß nach der Ducht des Bootes tastete, und hieraus konnte man ziemlich genau auf den Freibord der Hotspur schließen. Nach der Vorschrift hatte nämlich die Ehrenbezeigung aufzuhören, wenn der von Bord gehende Offizier mit dem Kopf in Deckshöhe war.
Hut, Handschuhe, Säbel und Bootsumhang machten Hornblower das Leben schwer, als er in die Achterplicht des Bootes kletterte, ärgerlich gab er Hewitt den Befehl zum Ablegen. Der Bootshaken ließ den Halt an der Bordwand fahren, und einen Augenblick ging scheinbar alles drunter und drüber, als das Boot abdrehte und vier kräftige Arme an seinem Mast das Luggersegel heißten. Für Hornblower war es ein seltsames Gefühl, so tief unten zu sitzen, daß er die grünen Wogen in greifbarer Nähe hatte, denn immerhin war es nun schon acht Wochen her, seit er das letzte Mal von Bord seines Schiffes gegangen war.
Bald lag das Boot auf seinem Kurs, es konnte raumschoots laufen, denn der Wind hatte ein paar Strich nach Süden gedreht.
Hornblower warf
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