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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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starken katalanischen Miqueletes aus den in den Pyrenäen gelegenen Schlupfwinkeln hervorbrechen und sich auf die Eskorte stürzen würden. Neue Hoffnung regte sich in Hornblower bei dem Gedanken, daß ihm sozusagen jeder Augenblick die Freiheit zurückgeben konnte.
    Seine Pulse klopften schneller; unruhig schlug er immer wieder die Beine übereinander, vorsichtig, um Bush nicht zu stören. Er wünschte nicht, wegen einer Justizkomödie nach Paris gebracht zu werden. Er wollte nicht sterben! Immer mehr steigerte er sich in einen Zustand fieberischer Erregung, bis ihm sein gesunder Verstand zu Hilfe kam und er sich dazu zwang, in Gleichgültigkeit zu versinken.
    Bolzengerade, mit verschränkten Armen saß Brown ihm gegenüber. Fast hätte Hornblower verständnisvoll lächeln müssen, denn offenbar war Brown befangen. Wahrscheinlich war er noch nie im Leben so nahe mit einigen Offizieren zusammengekommen, und daß er sich nun in nächster Nähe von zwei so hohen Persönlichkeiten wie seinem eigenen Kommandanten und seinem Ersten Offizier befand, musste ihn verlegen machen. Übrigens konnte man ruhig eins zu hundert dagegen wetten, daß Brown jemals zuvor in einer Kutsche gefahren war, in der er auf Lederpolstern saß und einen Teppich unter den Füssen hatte. Auch besaß er natürlich gar keine Erfahrung als herrschaftlicher Diener, denn seine Pflichten als Bootsmann des Kommandanten waren vorwiegend seemännischdienstlicher Art. Etwas rührend Komisches war in dem Aussehen Browns, wie er sich mit der beinahe sprichwörtlichen Anpassungsfähigkeit britischer Seeleute bemühte, sich so zu benehmen, wie es seiner Meinung nach ein vorbildlicher Gentleman tun musste. Vor allem versuchte er, eine bocksteife Haltung zu bewahren. - Wieder begann der Wagen heftig zu schwanken. Schneller rollten die Räder, und die Pferde trabten an. Jetzt musste sich der Zug auf der Kuppe des langgestreckten Berges befinden. Später würden sie irgendwo in der Nähe von Llanza, dessen Küstenbatterie er unter dem Schutz der Trikolore weggenommen hatte, wieder den Strand erreichen. Es war das damals ein Unternehmen gewesen, auf das er noch heutigentags stolz war, obwohl er es sich nicht hätte träumen lassen, daß es ihn in seinen Folgen nach Paris und zur Hinrichtung bringen würde. Durch das Fenster auf Bushs Seite konnte er die bräunlichen Hänge der Pyrenäen sehen, die sich in abgerundeten Formen aufwärts erstreckten, und als die Kutsche in beängstigender Weise eine Kurve nahm, gewahrte er tief unter sich für wenige Augenblicke das Meer, das in den Strahlen der Nachmittagssonne flimmerte. Er reckte den Hals, um es besser sehen zu können, das Meer, das manchmal recht unglimpflich mit ihm umgesprungen war und das er dennoch liebte. Die Kehle wurde ihm etwas eng, als er daran dachte, daß er es heute zum letzten Mal vor Augen hatte.
    Morgen würde man die Grenze überschreiten und nach Frankreich hineinrollen. In zehn oder vierzehn Tagen aber lag er bereits in Vincennes in seinem Grab. Schwer fiel es ihm, dieses Dasein zu verlassen; selbst angesichts aller Zweifel und Ungewissheiten; und das Meer zu verlieren mit all seinen unberechenbaren Launen, Maria und sein Kind, Lady Barbara...
    Das waren weiße Bauernhäuser, die dort vor dem Fenster vorüberschwankten, und auf der anderen, dem Meer zugekehrten Seite gewahrte er auf der grasbewachsenen Klippe die Batterie von Llanza. Er sah einen weiß und blau uniformierten Wachtposten, sah die wehende Trikolore, die Bush vor wenigen Wochen niedergeholt hatte. Dann knallte die Peitsche des Kutschers, und schneller rollte der Wagen weiter.
    Noch waren bis zur Grenze zwölf Kilometer zurückzulegen, und offenbar legte Caillard Wert darauf, vor Einbruch der Dunkelheit französischen Boden zu erreichen. Die mit Fichten bestandenen Berghänge drückten die Strasse bis hart ans Meer heran. Warum erschienen nicht Claros und Rovira, um ihn zu befreien? An jeder Biegung gab es vortreffliche Gelegenheiten für einen Hinterhalt. Bald aber würde man in Frankreich sein, und dann war es natürlich zu spät. Wieder musste sich Hornblower Mühe geben, um äußerlich ruhig zu bleiben. Die Aussicht, binnen kurzer Frist die Grenze des feindlichen Landes zu überqueren, ließ ihn sein Schicksal noch bestimmter und näher bevorstehend erscheinen.
    Schnell wurde es jetzt dunkel. Hornblower versuchte sich das Bild der Landkarte zu vergegenwärtigen, die er so oft in Händen gehalten hatte, doch vergebens besann er

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