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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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hinweggerissen zu werden, aber es blieb ihm Zeit für einen zweiten, einen dritten Atemzug. Nun wollte er leben, so köstlich war dieses schmerzlose Atmen. Gleichzeitig aber überkam ihn eine bleierne Müdigkeit. Wenn er nur hätte schlafen können. Er kam auf die Füße, fiel hin, als ihn die Strömung wieder umwarf, planschte und kämpfte in wahnsinnigem Selbsterhaltungstrieb, rutschte auf Händen und Knien durch seichtes Gewässer, stand auf, tat ein paar Schritte und fiel dann vorwärts mit dem Gesicht in den Schnee des Uferrandes, während seine Füße noch im rauschenden Wasser lagen.
    Eine menschliche Stimme, die ihm irgend etwas ins Ohr brüllte, weckte ihn. Er hob den Kopf. Eine schattenhaft dunkle Gestalt beugte sich über ihn, die mit Browns Stimme sprach:
    »Hallo! Herr Kap'tän!... Herr Kap'tän!«
    »Hier...«, stöhnte Hornblower, und nun kniete Brown neben ihm.
    »Gott sei gedankt, Sir... Der Kommandant ist hier, Mr. Bush!«
    »Schön«, ließ sich in der Nähe eine schwache Stimme vernehmen. Bei ihrem Klang schüttelte Hornblower die übelkeiterregende Schwäche ab und richtete sich auf. Wenn Bush noch lebte, musste man sich sofort um ihn kümmern.
    Vermutlich lag er jetzt nackt im Schnee. Taumelnd gelangte Hornblower auf die Beine. Er klammerte sich an Browns Arm.
    Noch konnte er nicht seine Gedanken sammeln.
    »Da drüben ist Licht, Sir«, sagte Brown heiser. »Ich wollte schon hingehen, als ich Sie nicht fand.«
    »Ein Licht?«
    Hornblower wischte sich mit der Hand über die Augen und starrte zum Ufer hinauf. Zweifellos war das ein vielleicht hundert Meter entferntes Licht. Wenn man sich dorthin begab, so bedeutete das die Ergebung, dachte er sofort. Hier aber harrte ihrer der sichere Tod. Die Flucht war also missglückt...
    »Wir wollen Mr. Bush hinübertragen«, sagte er. »Aye, aye, Sir.« - Durch den Schnee stapften sie dorthin, wo der Kapitänleutnant lag.
    »Da ist ein Haus dicht beim Ufer, Bush. Wir werden Sie hinbringen.« Hornblower wunderte sich selbst darüber, daß er, ungeachtet seiner furchtbaren Schwäche, noch klar denken konnte. Unwirklich und nur vermeintlich kam ihm diese Fähigkeit vor.
    »Aye, aye, Sir.«
    Ihren gemeinsamen Anstrengungen gelang es in der Tat, den Kameraden aufzuheben. Bush legte ihnen die Arme um die Schultern. Unter dem triefnassen Mantel trug er nur ein flanellenes Nachthemd. Mühsam arbeiteten sie sich so die Uferböschung empor; taumelnd und ausgleitend. Einmal fielen sie zu Boden, und Bush stieß einen Schmerzensschrei aus.
    »Weh getan?« fragte Hornblower.
    »Nur den Stumpf angestoßen. Herr Kapitän, lassen Sie mich hier liegen, und schicken Sie mir Hilfe vom Haus aus.«
    Hornblower konnte immer noch denken. Wohl würde es ihnen ohne ihre Last vielleicht etwas schneller gelingen, das Haus zu erreichen, aber vermutlich gab es bei der Tür allerlei Verzögerungen, bis er den Bewohnern in seinem gebrochenen Französisch klargemacht hatte, worum es sich handelte.
    Mittlerweile aber, bis sich endlich die Träger auf den Weg machten, konnte Bush hier im Schnee erfrieren. Auch stand noch gar nicht fest, daß Leute im Haus waren, die ihn holen konnten.
    »Ach was«, sagte Hornblower aufmunternd. »Ist ja nur noch ein kleines Ende. Los, Brown.«
    Sie wankten weiter auf das Licht zu. Bush war schwer.
    Hornblower kam fast um vor Erschöpfung, und ihm war, als würden ihm die Arme aus den Gelenken gezerrt. Dennoch blieb irgendwo in seinem Hirn die eiserne Willenskraft lebendig.
    »Wie kamt ihr denn eigentlich aus dem Fluss?« fragte er und wunderte sich dabei über die Klanglosigkeit seiner Stimme.
    »Die Strömung warf uns sofort ans Ufer, Sir«, antwortete Bush leicht befremdet. »Ich brauchte bloß meine Decken abzuschütteln, da war auch schon Brown bei mir und schleppte mich an Land.«
    Die Launen eines hochgehenden Flusses waren phantastisch.
    Als sie ins Wasser stürzten, waren die drei Männer kaum einen Meter weit voneinander entfernt; er selbst war in die Tiefe gerissen worden, während die anderen fast sofort in Sicherheit gelangten. Sie ahnten demnach nichts von seinem verzweifelten Kampf ums Leben, und sie würden auch nichts davon erfahren, denn niemals würde er imstande sein, es ihnen zu erzählen. Im Augenblick empfand er ein Gefühl bitteren Grolles gegen die Gefährten, das wohl aus seiner Müdigkeit und seiner Schwäche hervorgehen mochte. Er atmete schwer und dachte, daß er gern ein Vermögen dafür gegeben haben würde, wenn er wenige

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