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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Achterdeck und mußte fortgesetzt aufgeregt schlucken. Jetzt ging es also doch noch auf Leben und Tod, noch eine Stunde, dann war hier der Teufel los.
    Dann bestochen die Karronaden der Flame mit ihren Ladungen aus gehacktem Blei das Deck, auf dem er stand. Noch eine Stunde, dann war er vielleicht tot, oder er schrie unter dem Messer des Feldschers. Gestern Abend hatte ihm Mißerfolg gedroht, heute drohte ihm der Tod. Die angenehme Wärme, die ihn nach seinem Bad durchglüht hatte, war völlig verflogen, er spürte, wie er in der Morgenkühle zu frösteln begann. Eine tiefe Verachtung gegen sich selbst erfüllte ihn, und er zwang sich, mit raschen, lebhaften Schritten auf dem winzigen Achterdeck auf-und abzugehen. Seine schönen Erinnerungen, so sagte er sich, machten ihn zur Memme. Da war der Gedanke an Richard, wie er im sinkenden Abend neben ihm herlief und seinen Finger dabei eisern mit dem kleinen Händchen umklammert hielt, oder die Erinnerung an Barbara, ja selbst die Vorstellung von Smallbridge oder von der Wohnung in der Bondstreet - er wollte sich von diesen schönen Dingen nicht trennen, er hatte noch keine Lust, »des warmen Lebens heiteren Bezirk« zu verlassen.
    Mit allen Fasern hing er an diesem Dasein und stand dabei vielleicht schon kurz vor seinem Ende.
    Die Flame hatte mehr Segel gesetzt - das Gaffelgroßsegel und ein paar Klüver. Sie konnte damit am Wind Honfleur anliegen, ohne in den Feuerbereich der Porta Coeli zu geraten. Nun wandte sich Hornblowers rastloser Geist, ungeachtet aller aufwühlenden Empfindungen, alsbald den taktischen Problemen zu, die sich aus der Lage des Augenblicks ergaben. Darüber traten auch die leidigen Angstzustände rasch in den Hintergrund.
    »Sorgen Sie bitte dafür, daß die Leute bald Frühstück bekommen, Mr. Freeman«, sagte er. »Und dann möchte ich gern, daß die Geschütze noch nicht ausgerannt werden.«
    »Aye, aye, Sir.« Das bevorstehende Gefecht war vielleicht langwierig und erbittert, deshalb mußte die Mannschaft unbedingt vorher gefrühstückt haben. Und wenn sie die Geschütze ausrannten, dann wußte auf der Flame gleich jedermann, daß die Porta Coeli einen Kampf erwartete. Das mochte sie auf den Gedanken bringen, daß ihre Flucht unter französischen Schutz vielleicht doch nicht so einfach war, wie sie sich dachte. Je gründlicher man sie überraschte, desto besser waren die Aussichten auf einen leichten Sieg. Hornblower starrte durch sein Glas zur Flame hinüber. Er fühlte eine dumpfe, verbissene Wut gegen diese Meutererbande, die an aller Bedrängnis schuld war und deren Wahnsinnstat nun sogar sein Leben in Gefahr brachte. Das Mitgefühl, das er für diese Leute noch aufbringen konnte, als er in der Admiralität im sicheren Zimmer saß, hatte sich in wütende Feindschaft verwandelt. Die Lumpen verdienten wirklich nichts anderes als den Strick...
    Dieser Gedanke rief einen plötzlichen Wandel in seiner Stimmung hervor, so daß er sogar zu lächeln vermochte, als nun Freeman vor ihn hintrat und ihm die Brigg gefechtsklar meldete.
    »Danke sehr, Mr. Freeman.«
    Sein Blick zuckte förmlich vor Erregung, er faßte sofort wieder die Flame ins Auge, da hörte man neuerlich einen Ruf aus dem Topp. »An Deck! Von Land her kommen viele kleine Fahrzeuge. Halten anscheinend Kurs auf die Flame, Sir.«
    Die Meutererbrigg machte heute wieder genau das gleiche Manöver wie gestern, sie hielt auf die französische Küste zu, ehe die Porta Coeli in Schußweite kam. Offenbar wollte sie immer noch lieber Schutz suchen als kämpfen. Die Meuterer nahmen wohl an, daß jene kleinen Fahrzeuge eine Art Begrüßungsgeleit darstellten und sie in den Hafen bringen sollten. Außerdem konnte das Wetter jeden Augenblick wieder dick werden, so daß sie der Sicht entzogen waren. Da! Die Flame hielt ihr Großsegel lebend, ihr ganzes Verhalten deutete auf zunehmende Unentschlossenheit hin. Wahrscheinlich war jetzt auf ihrem Achterdeck eine hitzige Auseinandersetzung im Gange. Ein Teil der Kerle bestand wohl darauf, daß man außer Schußweite der Porta Coeli blieb, während eine andere Partei doch vor dem unwiderruflichen Entschluß zurückschrecken mochte, sich den Franzosen auszuliefern. Vielleicht, höchstwahrscheinlich gab es noch eine dritte Gruppe, die darauf erpicht war, kehrtzumachen und zu kämpfen, und endlich eine vierte, die Angsthasen und die am wenigsten Belasteten, die nichts anderes wünschten, als sich zu ergeben und auf die Milde des Kriegsgerichts zu bauen.

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