Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
für schwer arbeitende Männer hier in den Tropen bitter wenig.
»Ihre Maßnahme ist durchaus richtig, Mr. Harcourt«, sagte Hornblower. Es war in der Tat unerläßlich, jede Möglichkeit in Rechnung zu stellen. Niemand konnte wissen, wie lange diese Reise dauerte, wie lange sie im Tobago-Kanal patrouillieren mußten, ohne ihre Wasserfässer auffüllen zu können. Es wäre der Gipfel der Torheit gewesen, wenn sie wegen sinnloser Verschwendung in die Zwangslage gekommen wären, vorzeitig einen Hafen anlaufen zu müssen.
»Ich werde Giles anweisen«, fuhr Hornblower fort, »für mich das gleiche Quantum zu empfangen.« Harcourt war darüber etwas erstaunt. Er hatte bisher wenig mit Admiralen zu tun gehabt und bildete sich darum ein, daß sich diese hohen Herren stets jeden Luxus erlauben konnten. Er hatte außerdem nicht bedacht, daß alle Freunde von Giles ebenfalls so viel Frischwasser bekamen, wie sie wollten, wenn dieser für seinen Admiral nach Belieben empfangen durfte. Hornblower hatte auch kein Lächeln für ihn gehabt, als er seine Absicht kundgab, er tat es mit dem gleichen verschlossenen und unnahbaren Ausdruck, den er gegen jedermann zur Schau trug, seit er nach dem Inseegehen seine neue Entscheidung getroffen hatte. Eines Nachmittags sichteten sie Cap San Antonio und konnten daraus entnehmen, daß sie den Yucatan-Kanal hinter sich hatten. Die Landmarke gab ihnen einen neuen Abgangspunkt für den zweiten Teil ihrer Fahrt, außerdem war es von diesem Punkt an nicht mehr gar so unwahrscheinlich, daß sie die Daring überraschend in Sicht bekamen, da beide Schiffe jetzt etwa den gleichen Kurs steuern mußten. In der übernächsten Nacht passierten sie Grand Cayman, - zwar bekamen sie es nicht in Sicht, wohl aber hörten sie das Donnern der Brandung auf einem der vorgelagerten Riffe. Man konnte daraus entnehmen, wie scharf Harcourt die Ecken schrammte. Hornblower fand das falsch, er wäre unter allen Umständen weiter von Grand Cayman abgeblieben, und es fiel ihm in diesem Augenblick noch schwerer als sonst, sich an das ungeschriebene Gesetz zu halten, wonach sich ein Admiral nicht in die Schiffsführung seines Flaggschiffs einmischen durfte. In der folgenden Nacht gelang es ihnen, die Pedro-Bank anzuloten, woraus sich ergab, daß Jamaika und Kingston kaum hundert Meilen zu luward lagen. Von diesem neuen Abgangspunkt aus konnte Harcourt den Kurs nach dem Tobago-Kanal absetzen, aber er war nicht imstande, ihn zu halten. Dem Passat fiel es nämlich ein, bis südlich von Ost auszuschießen, was jetzt, zu Beginn des Hochsommers, nicht einmal so verwunderlich war, aber er kam damit für die Crab so ziemlich recht von vorn. Harcourt ging sofort auf Backbord-Bug - kein Kapitän, der einen Schuß Pulver wert war, hätte in der Karibischen See auch nur einen Meter Nordbreite verschenkt - und legte sein Schiff mit dichtgeholten Schoten so hoch wie möglich an den Wind.
»Wie ich sehe, haben Sie die Marssegel weggenommen, Mr. Harcourt«, bemerkte Hornblower und rührte damit an die empfindliche Stelle eines jeden Kommandanten. »Jawohl, Mylord«, gab Harcourt zur Antwort und ließ sich erst zu weiteren Erklärungen herbei, als er den Blick seines Admirals immer noch fragend auf sich gerichtet sah. »Ein breitgebauter Schooner wie dieser hat schlechte Segeleigenschaften, wenn er zu weit überliegt, Mylord. Wir machen mit verkleinerter Segelfläche weniger Leeweg, Mylord, wenn wir bei so kräftiger Brise am Wind segeln.«
»Hm, natürlich, Sie kennen Ihr eigenes Schiff ja wohl am besten, Mr. Harcourt«, gab ihm Hornblower widerwillig zu.
Es war auch wirklich schwer einzusehen, daß die Crab mit kahlen Rahen, ohne ihre stolzen Marssegel, bei dieser Brise besser vorankam. Gewiß hatte die Daring jetzt jeden Quadratmeter Segel stehen, über den sie verfügte - wenn es hoch kam, fuhr sie vielleicht ein Reff. Die Crab stampfte unterdessen tapfer gegenan, ab und zu nur kam über den Steuerbord-Bug grünes Wasser an Deck, dann galt es für jedermann, irgendwo Halt zu suchen und auf keinen Fall loszulassen. Als der nächste Morgen dämmerte, lag recht voraus in zarten blauen Umrissen Land - die Berge der Insel Haiti. Harcourt hielt noch bis zum Mittag durch, so daß sie beim Näherkommen immer höher über die Kimm emporwuchsen, dann erst ging er über Stag.
Hornblower war diesmal mit Harcourt durchaus einverstanden, in einer oder zwei Stunden mochte ihnen die Landbrise zugute kommen, und sie brauchten auf alle Fälle
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