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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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brauchen vor allem einen Offizier, auf dessen Umsicht voller Verlaß ist. Wer kommt also dafür in Frage?« Allmählich wurden so alle Einzelheiten festgelegt. Man brauchte tüchtige Schwimmer, die unter Wasser arbeiten konnten, und einen Meistersmaat, der im Dunkeln zuverlässig den letzten Schäkel auf die Kette setzte. Die Bootsgasten wurden sorgfältig ausgewählt, herbeigeholt und über den Plan in allen Einzelheiten unterrichtet. Als das Wachboot zur Ablösung seiner Besatzung längsseit kam, stand schon eine andere Besatzung bereit, die rasch und leise ins Boot ging, obwohl sie mit dem Ding und dem dazugehörigen Geschirr belastet war.
    Das Boot setzte sogleich wieder ab und strebte in die Finsternis hinaus. Hornblower stand auf dem Achterdeck und blickte ihm nach. Wie leicht konnte es geschehen, daß aus diesem Streich ein internationaler Zwischenfall entstand, oder - was ebenso schlimm gewesen wäre - daß man ihn vor aller Welt zum Narren stempelte. Er lauschte angestrengt nach irgendeinem Geräusch aus der Dunkelheit, das ihm verraten hätte, wie die Arbeit voranging - aber man hörte nichts. Die Landbrise hatte eben eingesetzt. Noch wehte sie schwach, aber ihre Kraft genügte doch, die Clorinda in die Windrichtung schwojen zu lassen. Diese Brise trug natürlich alle Geräusche von ihm weg, aber sie war zugleich insofern nützlich, als sie jeden verdächtigen Laut verwehte, der sonst vielleicht irgendeinem schlaflosen Mann an Bord der Estrella aufgefallen wäre. Wie nicht anders zu erwarten, hatte die Estrella ein volles Heck mit starkem Überhang. Ein Schwimmer, der dieses Heck ungesehen erreichte, konnte sich leicht unbeobachtet an ihrem Ruder zu schaffen machen.
    »Mylord«, hörte er Gerard leise sagen, »wäre es jetzt nicht an der Zeit, ein wenig zu ruhen?«
    »Sie haben vollkommen recht, Mr. Gerard«, gab Hornblower zur Antwort, blieb aber weiter lauschend über die Reling gelehnt. »Möchten Mylord also nicht...?«
    »Ich habe Ihnen recht gegeben, Mr. Gerard, genügt Ihnen das nicht?«
    Aber Gerard war nicht so leicht einzuschüchtern.
    Unbarmherzig wie die Stimme des Gewissens ließ er sich weiter vernehmen:
    »Ich habe in der Kajüte kalten Braten servieren lassen, Mylord. Dazu frisches Brot und eine Flasche Bordeaux.« Das war etwas anderes! Hornblower wurde plötzlich gewahr, daß er einen Wolfshunger hatte. Eine dürftige Mahlzeit war in den letzten dreißig Stunden seine ganze Nahrung gewesen, die kalte Stärkung, die er sich auf dem Empfang erwartet hatte, war ja leider nicht in Erscheinung getreten. Aber er wollte wenigstens so tun, als ob er über leibliche Genüsse erhaben wäre.
    »Sie hätten eine vorzügliche Amme abgegeben, Mr. Gerard«, sagte er, »wenn Sie von der Natur etwas üppiger bedacht worden wären. Es scheint mir wirklich nichts anderes übrigzubleiben, als mich Ihrer bohrenden Hartnäckigkeit zu fügen, weil Sie mir sonst das Leben vollends zur Qual machen würden.«
    Auf dem Weg zum Niedergang begegneten sie Fell, der ruhelos auf dem Achterdeck auf und ab schritt, und hörten seine erregten Atemzüge. Hornblower freute sich im stillen über die Entdeckung, daß auch diese muskelstarken Helden nicht ganz von der Angst verschont blieben. Vielleicht wäre es höflich oder liebenswürdig von ihm gewesen, Fell zu diesem verspäteten kalten Abendbrot einzuladen, aber er ließ den Gedanken gleich wieder fallen. Er hatte Fells Gesellschaft heute schon so ausgiebig genossen, daß sein Bedarf reichlich gedeckt war.
    Unter Deck erwartete sie Spendlove in der erleuchteten Kajüte.
    »Die Geier haben sich versammelt«, sagte Hornblower. Es amüsierte ihn zu sehen, daß auch Spendlove einen blassen und nervösen Eindruck machte. »Ich hoffe, die Herren werden mir Gesellschaft leisten.« Die jungen Männer aßen schweigend.
    Hornblower hob sein Glas an die Nase und nahm bedächtig den ersten Schluck.
    »Sechs Monate in den Tropen sind diesem Bordeaux nicht gut bekommen«, bemerkte er. Da er der Gastgeber, der Admiral und der Älteste war, blieb den Gästen nichts anderes übrig, als seiner Meinung beizupflichten. Spendlove brach als erster das neuerliche Schweigen: »Das Schiemannsgarn, Mylord«, sagte er. »Der Zug, den es aushält...«
    »Mr. Spendlove«, sagte Hornblower, »wenn wir noch so viel darüber reden, wir können nichts mehr daran ändern. Es dauert ohnedies nicht mehr lange, dann wissen wir Bescheid. Darum wollen wir uns jetzt nicht mit technischen Erörterungen den

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