Hornjäger (German Edition)
geschwollen an. Entweder hatte sie das Ding fester erwischt, als sie gedacht hatte, oder sie war bei ihrer überstürzten Flucht aus dem Wasser ausgerutscht. Missmutig humpelte sie weiter und angelte sich ihr Leinenkleid vom Ast. Der See lag nun wieder ruhig da, nur die Regentropfen spielten weiter ihr Lied auf der Oberfläche. Dort wo sie dem Vieh den Schwanz abgeschlagen hatte, war das Ufer von dunklem Blut verfärbt, aber sonst erinnerte nichts an den wilden Kampf am See.
Euphena zog sich ihr Kleid über den Kopf. Auch wenn der Stoff nass und kalt an ihrer Haut klebte, fühlte sie sich bedeutend wohler mit etwas am Leib. Vor allem, da sie sich ganz offensichtlich in Helwyr getäuscht hatte. Erhobenen Hauptes humpelte sie an ihm vorbei und gesellte sich zu Antha, die genüsslich alles abzupfte, was grün war und in der Reichweite ihres Mauls wuchs.
»Hast du dich verletzt?« Helwyr schob sein Schwert in die Halterung an Hestus Sattel.
Euphena fand es fast ein bisschen schade, dass er jetzt wieder seine verdreckten Kleider trug. Aber andererseits musste sie aufhören, in dieser Art an ihn zu denken! Die Botschaft im See war deutlich genug gewesen!
»Es geht schon!« Sie schlug seine Hilfe aus und versuchte allein auf Antha zu klettern. Fast wäre Euphena wieder heruntergerutscht, hielt sich aber schnell an ihrer Mähne fest und zog sich hinter die Riemen. Schweigend zogen sie den Waldweg entlang. Niemand sagte etwas. Euphena wusste nicht, wie lange sie so dahinritten, aber die Sonne senkte sich stetig hinter die Bäume.
»Wir sollten ein Nachtlager suchen.«
»Dann sucht eines!«
»Ja, Herrin. Sofort!« Helwyr verdrehte die Augen. Offensichtlich hatte ihn Euphenas förmliche Anrede härter getroffen, als sie gedacht hatte. Sofort tat er ihr Leid. Euphena kämpfte gegen das Bedürfnis an, ihn versöhnlich anzulächeln und seine Hand zu nehmen. Sie waren in der Wildnis aufeinander angewiesen ... mehr nicht!
Helwyr kramte das Stück Pergament hervor. »Ach du große ...« er hielt sich gerade noch zurück.
»Was?«, fragte Euphena unwirsch.
Wortlos hielt er ihr das Blatt unter die Nase. Die schwarzen Kohlestriche waren komplett verronnen, außer dem Fleck, der vor kurzem noch der Totenkopf gewesen war, konnte man rein gar nichts mehr erkennen. Euphena hob überrascht die Augenbrauen. Offensichtlich hatte er doch zum See gehört!
»Die Karte können wir vergessen!« Helwyr nahm sie aus Euphenas Hand und warf sie hinter sich.
»Du hättest eben besser darauf aufpassen müssen!«
Helwyr keuchte überrascht auf. »Wer wollte denn von uns beiden unbedingt in einen gruseligen Tümpel springen, Fräulein?« Das letzte Wort hatte er richtiggehend ausgespuckt.
Euphena schrie empört auf. Jetzt auf einmal war der See gruselig gewesen?! Na klar! Ihre Finger krallten sich in Anthas Mähne.
»Und wer hat selenruhig ein Nickerchen gemacht, während ich das Monster vertrieben habe? Ich habe dich soeben gerettet schon vergessen?«
»Danke.« Er verneigte sich spöttisch. »Jetzt sind wir quitt!« Helwyr verschränkte die Arme und schmollte.
Euphena hatte so eine Wut im Bauch. Am liebsten hätte sie Helwyr eigenhändig erwürgt. Mit einem lauten Knurren meldete sich auch noch ihr Magen zu Wort. Fest biss sie die Zähne aufeinander, um nicht loszuschreien.
S ie schwiegen, bis sie die Höhle erreicht hatten. Es war eigentlich gar keine richtige Höhle ... mehr ein Felsüberhang, der nur bedingt Schutz vor dem Wetter bot. Der leichte Sommerregen hatte sich inzwischen zu einem Gewitter entwickelt und kühlte die Luft so stark ab, dass Euphena in ihren nassen Sachen die Zähne klapperten.
Sie banden die Pferde an und rückten so tief sie konnten an die Felswand. Außer ein paar Spinnen und Asseln gab es hier nichts. Seufzend ließ sich Euphena auf sie drauf fallen. Sie hatte weder die Kraft noch den Willen sich ein Plätzchen ohne die grauslichen Viecher zu suchen. Immerhin wollte sie hier niemand fressen, das war an sich schon ein Fortschritt!
Wortlos breitete Helwyr den Umhang über Euphena und hockte sich mit einem Abstand, der ihr unwillkürlich einen Stich versetzte, neben sie.
»Streiten wir?« Seine Stimme durchbrach wie ein Donner die Stille in der Höhle. Vor dem Eingang tobte immer noch der Sturm, aber zum Glück spürten sie hier kaum etwas von dem Wind. In der Höhle wurde es immer finsterer, bis Euphena den Ausgang nur noch als dämmrigen Fleck wahrnahm. Sie hoffte, dass sich die Wölfe und Bären bei
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