Hornjäger (German Edition)
kletterten in die Felsen. Das Lämmchen sprang auf seinen langen Beinen mal hierhin, mal dorthin und beobachtete die Ankömmlinge aus sicherer Entfernung.
»Euphena, du stehst gut!«, kommandierte Larin. »Jetzt keine schnellen Bewegungen!«
Gerade als das Lämmchen den Kopf senkte, um die fremden Gräser zwischen den Steinen zu kosten, sprintete die Aigidin los. Empört blökte das kleine Flauschding auf und brachte sich in letzter Sekunde mit einem Satz in Sicherheit. Larin fluchte und strich sich die Haare aus der Stirn. Kerfluns näherte sich von der anderen Seite und trieb es weiter ins Tal. Helwyr und Euphena warteten, bis sie wieder die Weiden erreicht hatten, und jagten es dann zwischen sich im Zickzack hin und her. Larin versuchte ihm den Weg abzuschneiden, und verpasste es um Hornesbreite.
»Scheinen immerhin klug genug zu sein, sich nicht einfangen zu lassen!« Euphena grinste.
»Pah! Instinkte, sonst nichts!« Kerfluns wedelte mit der Hand.
»Wir müssen genauer zusammenarbeiten!«, rief Larin ihnen zu. »Helwyr und ich können am schnellsten Laufen, also treiben wir es euch beiden in die Arme!«
Sie brachten sich mit einem weiten Bogen über dem Lämmchen in Position.
»Jetzt!« Helwyr und Larin sprinteten los. Erschrocken blökte das Schäfchen auf und sprang in die entgegengesetzte Richtung. Schnell bückte sich Euphena hinter einen Stein. Als es munter vorbeigehoppelt kam, sprang sie blitzschnell hervor, verfehlte das Lämmchen, setzte noch einen halben Sprung an und schnappte es sich im Abrollen bei den Hinterbeinchen.
Das kleine Schaf begann jämmerlich zu rufen und zu strampeln.
»Alles gut, mein kleiner Freund!« Vorsichtig legte sie es sich um die Schultern und stieg zu den anderen zurück.
»Wir haben es geschafft!«, jubelte Larin begeistert und machte einen Luftsprung.
Kerfluns klopfte ihr anerkennend auf die Schultern und Helwyr küsste sie stolz.
Freudestrahlend blies sich Euphena eine Haarsträhne aus der Stirn. »Jetzt will ich auch einen Becher Wein!« Kerfluns lachte laut auf und schlug ihr so fest auf den Rücken, dass sie das Lämmchen beinahe wieder fallen gelassen hätte. »Bringen wir es zurück zu seiner Herde!«
Ludrin und Borf hatten beim Reparieren des Zaunes inzwischen Hilfe von Redlef und Gafr bekommen und diskutierten lautstark darüber, ob es sonnvoller war, ihn neu aufzustellen, oder ob eine Reparatur reichen würde.
Sie gesellten sich zu ihnen.
»So mein kleiner Freund, du bist frei!« Euphena drückte dem Lämmchen einen Kuss auf das wollig-weiche Köpfchen und setzte es im Gatter ab. Blökend stolperte es zu seiner Herde zurück, wo es sofort aufgeregt beschnuppert wurde.
»Ihr Männer kommt hier klar?« Kerfluns gelbe Augen bohrten sich in die seines Sohnes. »Dann gehen wir wieder los und widmen uns dem Regieren!« Er zog Helwyr und Euphena mit sich. Larin gab Gafr einen Kuss und folgte ihnen ebenfalls.
»Aufregend nicht wahr?« Kerfluns grinste die beiden mit seinem schelmischen Grinsen an.
»Zumindest aufregender, als alles, was an unserem Hof passiert!«, lachte Euphena.
»Jaja!« Kerfluns seufzte gedehnt und wartete auf seine Tochter. »Schafen muss man eben ständig helfen ...«
Helwyr nahm Euphena bei der Hand und stieg mit ihr gemeinsam die steile Weide zum Wald hinab. »Fehlt dir der Hof?«, fragte er vorsichtig.
»Ja und nein ...« Sie ließ ihren Blick über die herrliche Landschaft schweifen. »Ich meine Fengus vermisse ich keinesfalls« Sie schenkte ihm einen spöttischen Blick »aber meine Freunde, das Prinzesschen, die Arkadengänge im Frühling ...«
»Die Frist ist bald abgelaufen«, stellte Helwyr sachlich fest.
»Noch ist ein bisschen Zeit!« Sie drückte seine Hand ein wenig fester. »Ein paar Tage haben wir noch, bis der Mond voll ist ... was möchtest du denn, dass wir tun?« Sie sah ihn mit großen Augen an.
»Uh!«, machte er. »Vor der Frage habe ich mich gefürchtet!« Helwyr verzog das Gesicht. »Wenn wir zurückkehren - was unserem moralischen Empfinden entsprechen würde - begeben wir uns freiwillig in Fengus‘ Gewalt. Wenn wir gemeinsam fortlaufen, irgendwo ein neues Leben aufbauen, sind wir frei ... aber ich vermute, du würdest auf Dauer den Hof vermissen.« Helwyr richtete seine Augen auf Euphenas Gesicht.
»Vermutlich.« Sie musste schmunzeln. »Außer zur Hofdame, eigne ich mich, wie man gesehen hat, zu nichts. Wobei ich noch nicht einmal das richtig zu Stande gebracht habe ...«
»Ach ...« Helwyr verzog
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