Hornjäger (German Edition)
wieder an. »Tragt ihn, Euphena, ich bitte Euch! Er steht Euch doch so wohl zu Gesichte!« Helwyr machte eine ausholende Geste.
Sie lachte. Manchmal hatte er etwas von einem Schauspieler, wie sie an Festtagen am Markt zu sehen waren. Galant nahm ihr Freizeit-Gaukler ihr den Steckkamm aus den Fingern und beugte sich vornüber, um ihn erneut in Euphenas Haarknoten festzumachen. Helwyrs Hand verblieb einen kurzen Augenblick länger an ihrem schlanken Nacken, als nötig.
Sofort sprühte sie bunte Funken. Helwyr lachte auf und zog seine Hand weg. Die Lichtlein erloschen wieder. Euphena grummelte leise. Es wurde Zeit, dass sie diesen Kamm loswurde. Wenn ihr Gefühlsleben ein offenes Buch für ihre Umwelt darstellte, würde sie in nächster Zeit mehr damit beschäftigt sein rot zu werden, als das vergessene Volk zu suchen!
Vorsichtig sah sie zu Helwyr. Er hatte sich wieder ganz dem Reiten gewidmet und summte leise vor sich hin. Sein verletztes Bein hing kraftlos an Hestus Flanke herab. Euphena wusste, dass es immer schlimmer um ihn stand. Der Zwergenumschlag hatte ihm gewiss etwas Linderung verschafft, aber eine Heilung brauchte Zeit und keinesfalls die Anstrengungen einer Reise! Wundbrand zog sich wie schleichendes Gift durch das Fleisch und verpestete das Leben. Zuhause hatte sie Soldaten gesehen, die verwundet aus Fengus Schachten heimgekehrt waren und durch das Faulen ihres Fleisches ganze Gliedmaßen oder sogar ihr Leben verloren hatten. Euphena wollte Helwyr nicht so leiden sehen. Aber wenn er seinen Sturschädel durchsetzen musste, würde sie kaum eine Chance haben ihn umzustimmen.
Gegen Abend zeigten sich die ersten Anzeichen menschlichen Lebens in der Landschaft. Sie kamen an Äckern, Weiden und einfachen landwirtschaftlichen Gebäuden vorbei. Sie fanden Jägerhütten und Reste einer Wallanlage, die aber schon länger nicht mehr in Gebrauch zu sein schien.
Dennoch hielten sie sich abseits der Siedlungen. Helwyr war darauf bedacht nicht entdeckt zu werden und steuerte gezielt zwischen den kleinen Gehöften ringsherum durch. Wenn ihnen Menschen entgegen kamen, verließen sie die Straße und beobachteten das Treiben aus der Ferne. Viele Männer waren bewaffnet, was wie Helwyr meinte, auf eine erhöhte Gefahrensituation in diesen Landen hindeuten musste. Eine Sense in der Hand einer Bäuerin, die ihren Hof verteidigte, konnte zehnmal tödlicher sein, als das Schwert eines Soldaten. Euphena betrachtete eine Gruppe Knechte, die sich auf den Heimweg machten. Besonders einladend sahen ihre Gesichter wahrlich nicht aus! Irgendetwas schien sie in ständiger Anspannung zu halten. Leise zogen sie weiter. Wenn sie Glück hatten, gab es hier in der Nähe eine Stadt, in der sie unbemerkt, ihre Vorräte aufstocken und sich nach der Umgebung erkundigen konnten. Zwar war es nicht besonders wahrscheinlich, dass Astos ihnen bis hierher gefolgt war, aber auszuschließen war es eben auch nicht.
»Es wird langsam dunkel ...!«
»Falls das eine Anspielung darauf sein soll, dass Ihr heute Nacht in einem gemütlichen Wirtshausbett übernachten wollt, könnt Ihr das gleich vergessen! Viel zu gefährlich, wir wissen nicht, wie man hier mit Unbekannten verfährt und ich kann Euch momentan nicht so beschützen, wie ich es gern wollte. Also fürchte ich, müsst Ihr Euch noch eine Nacht gedulden!«
Euphena zog eine Schnute.
»Morgen früh gehe ich sofort ins Dorf, versprochen! Aber dafür ist es heute zu spät!«
»Glaubt Ihr wirklich, dass wir gelyncht werden, wenn wir um ein warmes Bett und etwas Nahrung bitten? Ihr habt doch noch ein bisschen Geld übrig, ... zahlende Kunden jagt man nicht so leicht fort!«, protestierte sie.
»Euphena vertraut mir, es ist besser so. Ich möchte kein Risiko eingehen!« Helwyr war nicht bereit zu diskutieren.
Sie nickte. »Ich verstehe.«
»Das ist gut.« Er lächelte wieder.
»Ich muss nur ständig, an einen Zuber heißen Wassers denken, versetzt mit Stutenmilch und herrlich duftenden Blütenessenzen. Oder an eine Mahlzeit, die nicht aus den Überresten eines Riesenwildschweins besteht.«
»Ich bräuchte jetzt bloß einen nüchternen Arzt, einen Humpen Beerenwein und dazu jemanden, der mir die Schultern durchknetet, um vollkommen glücklich zu sein!« Verträumt dehnte Helwyr seinen Nacken.
Euphena lachte. »Eines Tages werden wir das alles wieder haben! Ihr werdet sehen, dann speisen wir im Palast und Fengus wird seine persönliche Dienerschaft aufmarschieren lassen und uns jeden Wunsch von
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