Hornjäger (German Edition)
Knie, rappelte sich etwas unbeholfen hoch und rempelte den Hünen einfach wie ein wütender Stier aus dem Türrahmen. Gemeinsam purzelten sie aus der Taverne in das nächtliche Seitengässchen. Da Helwyr diesmal mit seinem Sturz gerechnet hatte, rollte er sich weiter über das Pflaster, um so schnell wie möglich Abstand zwischen ihn und den Hünen zu bringen.
Jetzt zählte jede Sekunde! Der Hauptmann und seine Männer kamen aus der Tür gerannt, wie ein Wolfsrudel auf der Jagd. Angespornt durch ihre Gier nach Blut. Jetzt war es wirklich Zeit zu verschwinden! Helwyr rannte. Er rannte so schnell, wie er vermutlich noch nie in seinem Leben gerannt war, die Gasse entlang. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass sie ihm dicht auf den Fersen folgten.
»Bleib stehen du elender Feigling!« Helwyr wusste nicht, wer da geschrien hatte. Es war ihm auch egal. Er rannte einfach weiter und bog bei der ersten Gelegenheit links ab. Die verwinkelten Gässchen der Stadt waren jetzt seine einzige Chance!
Er schnaufte schon schwer und sein Bein brannte wie Feuer. Er nahm die nächste Quergasse links, bog dann an einer Schneiderei rechts ab und sprang nicht ganz so elegant wie sonst über einen Gartenzaun. Jetzt erst wagte Helwyr, sich umzuschauen. Die Stiefeltritte waren zwar in weniger Entfernung zu hören, aber es schien so, als hätten sie seine Spur verloren und würden sich für die Suche aufteilen. Er duckte sich hinter den Zaun und wartete einen Augenblick, bis sich sein Atem etwas beruhigt hatte. Wenn er auf der Flucht kollabierte, konnte er sich gleich stellen und sich persönlich die Kehle durchschneiden. Er schnaubte. Vermutlich würde der Hauptmann genau das tun, wenn er ihn heute noch in die Finger bekam. Oder ihm zumindest genussvoll die Nase brechen. So wütend, wie der ausgesehen hatte, den Kopf hochrot, als konnte er jeden Moment platzen.
Helwyr schmunzelte, obwohl ihn sein Bein fast umbrachte und ihn im Heilungsprozess um mindestens zwei Tage zurückwarf. Irgendwie erinnerte ihn das Ganze hier an seine Jugend, als er mit Astos in eine dumme Entscheidung nach der anderen gerutscht war. Helwyr grinste leise. Wenn man seinem ältesten Freund jetzt begegnete, würde man das gar nicht für möglich halten.
Schwere Schritte in der Gasse hinter ihm schreckten ihn aus seinen Gedanken. Helwyr zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren.
Vorsichtig kroch er über den Hinterhof eines der etwas prachtvolleren Stadthäuschen, weg von der Straße und weg von dem Soldaten, der gerade dabei war mit einer verdreckten Laterne jeden dunklen Winkel auszuleuchten.
Langsam tastete sich Helwyr durch die Dunkelheit und hielt sich stets dicht an der niedrigen Beeteinfassung, die den Hinterhof wie ein in liebevoller Kleinarbeit gesetztes Mosaik überspannte. Sogar beim Kriechen auf allen Vieren merkte er den Alkoholeinfluss noch deutlich. Er hatte einen leichten Linksdrall. Erschöpft lies Helwyr sich hinter eine Regentonne sinken und verbarg sich halbherzig vor den Blicken des Stadtwächters, der noch immer dabei war die Gasse auszuleuchten. Wie ein Hündchen, das vergessen hatte, wo es seinen Knochen versteckt hielt, dachte Helwyr und bereute sofort seine Gedanken. Jede Form der Hirnakrobatik trieb den Kreisel in seinem Kopf nur noch weiter an. Stöhnend ließ er sich zur Seite plumpsen. Verfluchter Wein!
Zum Glück entfernte sich der Stadtwächter mit leisen Schritten und mit ihm schwand auch das Licht seiner Laterne. Auf einmal lag alles in vollkommener Dunkelheit da. Nur auf der anderen Straßenseite hatte jemand im zweiten Stock noch eine Kerze brennen lassen, ansonsten schienen die Menschen in den kleinen Gässchen zu schlafen. Helwyr stand auf. So schön auch der Mond seinen silbernen Schleier über das Straßenpflaster legte, hier konnte er trotzdem nicht bleiben. Vorsichtig schlich er die Hauswand entlang und stieg auf der anderen Seite des schmalen Grundstückes erneut über den Zaun.
Helwyr fand sich auf einer Gasse direkt gegenüber einer Buchbinderei wieder. Das Zunftzeichen über der Tür quietschte leise im Wind und ein Kater antwortete mit einem sehnsuchtsvollen Ruf. Links oder rechts? Helwyr wandte sich hin und her. Nach links führte die Gasse nach wenigen Schritten über einen länglichen Platz mit Brunnen, rechts verlor sie sich im Gewirr der engen Straßen.
Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Zaun. So ließ es sich leichter überlegen. Wo wollte er überhaupt hin?
Die Stadt verlassen und zu
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