Horror Factory 10 - Rachegeist
sich auf den Rücken.
Ihre Augen bleiben auf mich gerichtet.
Ihre Biegsamkeit beeindruckt mich nicht mehr.
»Wann kommt sie wieder?«, frage ich ungeduldig.
»Ich weiß nicht.«
»Du nervst, Katze.«
»Und du löst dich bald auf.«
Ich schicke mich an, das Schlafzimmer zu verlassen.
»Sie könnte dir sowieso nicht helfen«, ruft mir die Katze hinterher.
Ich gleite rückwärts aus der Wand.
Langsam werde ich echt gut darin.
»Wieso nicht?«
»Sie hält sich für eine Hexe. Aber sie ist bestenfalls eine theoretische Hexe.«
»Womit du mir vermutlich sagen möchtest, dass sie mich auch nicht sehen können wird.«
»So ist es.«
»Also ist sie genauso nutzlos wie du. Sie tut nur so, als könnte sie einem helfen.«
Das ruft das mir bestens vertraute Schnurren hervor, das ich für mich als Katzengelächter identifiziert habe.
»Ich könnte dir durchaus helfen«, versetzt die Katze und rollt sich wieder auf den Bauch.
Sie richtet ihre Augen auf mich.
Der Trick wird allmählich langweilig.
Lästig ist das Tier schon lange.
»Aber?«, schnappe ich.
»Aber ich will nicht.«
Ich gebe einen unartikulierten Laut von mir und stürze mich wutentbrannt auf das pelzige Mistviech.
Die Katze verharrt seelenruhig auf der Bettdecke.
Wie der verdammte König des Dschungels.
Bis sich meine Finger in ihr Nackenfell krallen.
Wir sind beide überrascht.
Für einen langen Moment sehen wir einander perplex an.
Regungslos.
Dann reißt sich die Katze für den Preis von einem Büschel Fell los und schießt wie der Blitz davon.
Ich starre noch kurz meine unsichtbaren Finger an, zwischen denen nur die Katzenhaare zu sehen sind.
Dann nehme ich die Verfolgung auf.
Das Tier rennt panisch durch die mit allerhand Nippes vollgestopfte Wohnung und hechtet am Ende des engen Flures durch die Katzenklappe, ohne langsamer zu werden.
Als ob die Tür mich aufhalten könnte!
Ich jage die Katze durch den ungepflegten Vorgarten und über den breiten Gehweg.
Mit großen Sätzen springt sie auf die Straße.
Der Toyota erwischt sie mit voller Wucht.
Reifen quietschen.
Der Motor wird abgewürgt.
Die Fahrertür geht auf.
Die Katze liegt da schon tot auf dem Asphalt.
Ihr Körper sieht verdrehter aus als je zuvor.
Diesmal ist es keine Absicht und auch kein Trick.
Ich schwebe dicht über ihr.
Blut sickert aus ihrem Maul und ihrer Nase.
Der Rest sieht nicht besser aus.
Echt hässlich.
»Das hast du davon«, speie ich dem überfahrenen Tier entgegen, das nun gar nicht mehr so vorlaut wirkt.
Doch auch meine traurige Überlegenheit gegenüber dem sterbenden Haustier einer Verrückten währt nur kurz.
Denn plötzlich spüre ich eine gewaltige Kraft von außen an mir zerren und ziehen.
So massiv war es noch nie.
Meine Gedanken rasen.
War’s das nun endgültig?
Habe ich mein letztes bisschen Zeit hier aufgebraucht, indem ich eine Katze in den Tod gehetzt habe?
Kein schöner Epilog.
Reflexartig kämpfe ich gegen das Ziehen an.
Aber der Sog ist zu stark.
Ich bin ihm ausgeliefert.
Wieder einmal schreie ich vergebens.
Dann schlage ich die Augen auf und sehe durch einen Schleier aus Schmerz und Blut und Verwirrung den Fahrer des Toyotas, der in der Hocke über mir aufragt und mit der Entscheidung hadert, ob er mich anfassen soll.
»Jesus, Katze!«, sagt er zu mir, seine Stimme eine Mischung aus Anklage und Verlegenheit.
Ich will ihm antworten.
Kriege natürlich keinen Ton raus.
Also versuche ich, mich zu bewegen, bekomme jedoch bloß ein schwaches letztes Zucken zustande.
»Hey, alles in Ordnung?«, ruft da eine zweite Stimme.
»Yeah, danke! Mir ist ’ne Katze vors Auto gerannt!«
»Oh. Shit. Ist sie …?«
»Weiß nicht. Denk schon. Sieht nich gut aus.«
»Shit.«
»Wissen Sie, wem sie gehört?«
»Moment.« Die zweite Stimme kommt näher. »Woah. Shit. Heftig. Ja. Sie gehört der alten Lady da drüben. Das zurückversetzte Haus. Die …«
Was immer noch gesagt wird, ich bekomme es nicht mehr mit.
Abermals bin ich machtlos einer fremden Kraft ausgeliefert, die mich herumschubst, wie es ihr beliebt.
Diesmal fühlt es sich jedoch so an, als würde ich fortgeschleudert werden.
Ausgespuckt.
Wie ein Rauswurf.
Kurzzeitig ist mal wieder alles Schwarz.
Als Erstes kehrt der Ton zurück.
»Ich hab ihr meine Visitenkarte in den Briefkasten geschmissen.«
»Gute Idee. Hey. Ich wohn gleich um die Ecke. Wenn Sie wollen, hole ich eine Tüte und ein paar Handschuhe.«
»Mh. Ja. Danke. Ich warte hier.«
»Aber nicht
Weitere Kostenlose Bücher