hot directions (German Edition)
Ich öffne die Tür und werfe das Handy quer über die Berliner Straße, wo es mit Schwung auf den Straßenbahnschienen landet. Das nächste Geräusch, das man vom Handy hört, ist zeitgleich sein letztes: Ein »Knack«, als die soeben anfahrende Straßenbahn darüber fährt.
»So etwa hört es sich an, wenn Apfelringe von 12 Tonnen Tram zerquetscht werden«, kommentiere ich trocken, während ich meinen Platz an der Bar wieder einnehme, und sich der Stecher von dem komischen Ding mit mir schlagen will, während seine Trine draußen auf der Straße um sein Handy weint. Für einen Moment überlege ich mir, ob ich mich wirklich dazu herablassen soll, dieses Kind zu schlagen, dann entscheide ich mich für die bessere Variante. Ich packe den Möchtegern-Beschützer am Schlafittchen, und das nächste, was der stolze Ex-Handybesitzer nun sieht, ist, wie die Tür aufgeht und sein Freund vorbeistolpert, den ich mit Schwung auf die Straße befördert habe. Dann knalle ich die Tür hinter mir zu und lege den Riegel vor. Harry, der Wirt des Lokals, serviert mir in Folge gleich noch einen doppelten Wodka und grinst mich an.
»Haben die überhaupt schon bezahlt?«, frage ich.
»Ach, die eine Cola... geht aufs Haus, für die Show, ebenso wie der Wodka«, erwidert er. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie die beiden Huschen verzweifelt an der Tür zerren, um wieder ins Innere des Lokals zu kommen. Harry grinst, geht ins Büro und kommt mit seinem silbernen Hut auf dem Kopf und einer schwarzen Federboa um den Hals hinaus. Er trägt ein Schild in der Hand, geht damit zur Tür, öffnet die Guckklappe und hängt von innen ein Schild »Geschlossene Gesellschaft« vor die Nase der keifenden Tucken. Dann knallt er die Klappe wortlos zu und schnappt sich sein Mikrofon, um zu Rex Gildos »Fiesta Mexicana« die singende Wirtin zu geben. Zwei doppelte Wodka später ordere ich mir ein Taxi, denn nach »Fiesta Mexicana« und »Die Fischerin vom Bodensee« ist mein Bedarf an Schlagern für heute erst einmal gedeckt. Draußen vor der Tür haben sich die zwei Huschen scheinbar in einen Hauseingang zurückgezogen, denn als ich ins Taxi steige, kommen sie »Halt« und »Hilfe« schreiend angesaust. Der Taxifahrer, ein zottelig-grauer Langhaariger mit Brille, verriegelt die Türen und mustert die beiden misstrauisch.
»Gabelsberger 2«, sage ich nach vorne.
»Machen die beiden Ärger?« fragt er zurück.
»Die sollen nur mal herkommen, ich habe die Hausapotheke griffbereit«, kündigt er an und greift in die Innentasche, während die beiden inzwischen hektisch ans Fahrerfenster klopfen. Der Fahrer lässt die Scheibe zwanzig Zentimeter nach unten, was den Handyheuler dazu verleitet, heute den zweiten Fehler zu machen und mit den Händen ins Auto zu greifen. Es macht »Pfft«, ein brauner Strahl sprüht nach draußen, dann wird es an der Ampel grün und der Taxifahrer gibt Gas. Auf der Straße brechen zwei Tucken weinend zusammen. Ich lasse mir von dem Taxifahrer seine Hausapotheke zeigen. Pfefferspray, und zwar die Marke, die wir auch einsetzen. Nun kann ich verstehen, warum beide Huschen geweint haben. Ich grinse und lasse mir die Handynummer des Taxifahrers geben. Der ist cool, finde ich. Er fährt nur nachts, und auf dem kurzen Weg zu Timo erfahre ich schon, dass er Guido heißt, hetero ist, aber nichts gegen Schwule hat, solange sie die Finger von ihm lassen. Er hat zwei kleine Kinder und ist mit einer Frau verheiratet, die wohl ziemlich gut kocht. Aber bevor ich noch mehr Details aus seinem Familienleben erfahre, stehen wir bereits vor Timos Haus. Ein Blick auf den Taxameter beweist mir, dass es eine gute Entscheidung war, mir seine Handynummer geben zu lassen. Der Fahrpreis ist nämlich fast drei Euro weniger als bei seinen pakistanischen und afghanischen Kollegen. Diesen Weg, den wir gefahren sind, habe ich allerdings auch noch nie genommen. Wir tauschen Nummern, dann schaue ich mal, was meine Männer und Alex treiben.
Als ich oben die Wohnungstür aufschließe, trifft mich allerdings fast der Schlag. Im Wohnzimmer sitzen drei Typen, die ich noch nie gesehen habe, die aber irgendwie gut aussehen. Von Alex, Steven und Timo keine Spur, dafür sitzt diese Violette mit einer Zigarette Marke »M«, also einem Nuttenstengel, und einem Wasserglas und der Flasche Wodka, die ich vorhin gesucht habe, und labert irgendwelches Zeug. Ich ziehe meine Dienstwaffe, entsichere sie, und trete dann ins Wohnzimmer, die Waffe schussbereit in der
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