Hot Pink: Erotischer Roman (German Edition)
Aber Tess war in Bezug auf Männer auch nicht so direkt wie sie. Sie würde nie einen Mann anrufen oder den ersten Schritt machen. Nicht, dass sie prüde gewesen wäre. Sie konnte nur nicht als Erste sagen »Ich will dich«.
Tess kreuzte die Finger und grinste. »Vielleicht habe ich ja heute Glück. Also, zieh dich schnell an. Auf Rosie brauchen wir nicht zu warten. Sie kann nicht. Sie musste zur Geburtstagsparty ihrer Mutter.«
»Ja, sie hat gestern angerufen«, erwiderte Chloe und stand auf. »Ich habe ganz vergessen, es dir zu sagen, aber ich wusste es. Was macht der liebe Markie Mark?«
»Sie hat sich gestern Abend die Augen ausgeheult. Er ist wieder mal nicht erschienen.«
»Blöder Kerl. Ich dachte, sie wollten zu dem Guthrie-Konzert?«
»Ich bin mit ihr gegangen.«
»Sie sollte nicht mehr mit ihm reden. Er ist ein richtiger Arsch.«
Tess verdrehte die Augen. »Sie ist verliebt …«
»In einen Arsch«, ergänzte Chloe hitzig. »Hat er auch nur einen liebenswerten Zug? Einen einzigen?« Sie drehte sich zu ihrer Freundin um. »Er hat mich kürzlich angemacht. Ich wollte es eigentlich gar nicht erwähnen, aber …« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe zu ihm gesagt, warum, zum Teufel, sollte ich mit dir ausgehen wollen? Du hast doch schon eine Freundin. Ich glaube, du bist sogar verlobt ! Es hat ihn überhaupt nicht gekratzt. Dann vielleicht ein anderes Mal, hat er gesagt.« Chloe zog ein lavendelblaues T-Shirt aus dem Schrank.
»Zieh das nicht an. Darunter kann man deine Nippel sehen.«
»Man kann unter allem meine Nippel sehen. Ich trage nie einen BH.«
»Dann zieh irgendwas Dunkles an.«
»Bist du heute bei der Modepolizei? Seit wann stört dich das denn?«
»Seit wir in Daves Atelier gehen, und ich möchte, dass er auf meine Nippel guckt.«
Chloe lachte. »Was bei dem engen T-Shirt auch gut sein könnte. Wie fändest du es, wenn ich Schwarz anzöge?«
»Schwarz ist gut.«
Um ihre Freundin zu unterstützen, die seit über zwei Monaten eine Schwäche für Dave Lepinski hegte, der bisher kaum Notiz von ihr genommen hatte, zog Chloe ein schwarzes Leinenmännerhemd an, in dem man kaum etwas von ihrem Körper sah, und dazu eine Khakihose und Sandalen. »Geht es so?«, fragte sie grinsend, breitete die Arme aus und wirbelte einmal um die eigene Achse.
»Perfekt. Danke, Chloe. Ich will ihn so sehr!« Tess zog eine Schnute, die ihre vollen, sinnlichen Lippen hervorhob – Lippen, um die Chloe sie immer schon beneidet hatte.
»Und du fragst mich, ob ich Rocco wiedersehen will? Hey, Babe, ruf ihn doch endlich an. Du weißt doch, dass Dave unendlich schüchtern ist. Warum malt er sonst diese Escher nachempfundenen Bilder, für die er mindestens ein Jahr braucht? Er ist der introvertierteste Mann, den ich kenne.« Er war auch der Typ Mann, bei dem sie kein zweites Mal hingeschaut hätte, aber Tess hatte ihren eigenen – kurzsichtigen – Geschmack.
»Ja, das sollte ich wahrscheinlich tun.«
»Ganz genau, das solltest du.«
»Ich dachte, ich kaufe eins seiner Bilder und bitte ihn, mir beim Aufhängen zu helfen.«
Tess war leitende Angestellte in einer Bank, deshalb konnte sie sich ein Bild, dessen Fertigstellung ein Jahr beanspruchte, vermutlich leisten. »Und dann empfängst du ihn nackt an der Tür und passt auf, ob es ihm auffällt. Da bin ich mir nämlich gar nicht so sicher.«
»Ich bin nicht so unverfroren wie du.«
»Ja, das stimmt.« Dabei fiel ihr der Mann ein, der mindestens ebenso unverfroren und kühn war wie sie selbst; ihre Vagina zuckte ein wenig bei der Erinnerung. Verdammt, er war so gut gewesen. Dann jedoch kehrte sie in die reale Welt zurück, wo Tess darauf wartete, mit ihr zu Dave zu gehen. Sie lächelte ihre beste Freundin an. »Dann wollen wir dem schüchternen Dave mal das Leben schwer machen.«
Kapitel 6
Als sie in Daves Atelier ankamen, war es schon fast fünf, und die Besucherscharen nahmen langsam ab. Auf dem Weg dorthin hatten sie in einem Dutzend Ateliers vorbeigeschaut; Tess hatte so lange getrödelt, bis das Ende der Tour näher rückte, damit sie leichter mit Dave reden konnte.
Chloe hätte am liebsten gesagt: »Egal wie viele Menschen da sind, er redet ja sowieso nicht.« Aber sie unterstützte die Freundin und hielt den Mund. Und sie hatte nicht einkalkuliert, welchen Einfluss der fünfstündige Genuss von Alkohol auf Dave hatte. In allen Ateliers wurden Wein und Horsd’œuvres angeboten, und er hatte die Gelegenheit genutzt, um seine Schüchternheit
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