Hotel Galactic
bis zum Einbruch der Nacht, um alle toten Fische zu bergen. An diesem Abend war Flachsbarth zu erschöpft, um sich noch den Büchern widmen zu können. Er zog sich in sein Zimmer zurück und ließ sich aufs Bett fallen. Ganz Cradi schien nach Fisch zu stinken.
Am nächsten Morgen kam starker Wind auf, und eines der kurzen, aber heftigen Gewitter entlud sich über dem See. Flachsbarth wachte auf, als es zu donnern begann. Er erhob sich und öffnete das Fenster. Wind und Regen würden das Wasser in der Bucht aufwühlen und es weitgehend von allen Rückständen säubern. Im Verlauf der Nacht waren noch ein paar kleinere Fische an die Oberfläche getrieben. Flachsbarth hoffte, daß es die letzten Opfer von Chukas übertriebenem religiösen Eifer waren.
Ein Blitz zuckte quer über den See und schien den Himmel zu spalten. Flachsbarth beendete seine Morgentoilette und begab sich nach unten. In der Empfangshalle stand Worp und blickte durch die offene Tür in den Regen hinaus.
»Wissen Sie, ob das Hotel einen Blitzableiter besitzt?« fragte ihn Flachsbarth.
»Was ist ein Blitzableiter?« erkundigte sich Worp.
Flachsbarth ersparte sich eine Erklärung, denn der Fahrer konnte ihm bestimmt nicht sagen, ob das Haus ordnungsgemäß gegen Blitzeinschlag geschützt war. Entschlossen, der Sache selbst auf den Grund zu gehen, stieg Flachsbarth zur obersten Etage hinauf und suchte nach einem Ausstieg aufs Dach. Parkie kam aus einem Zimmer und sah verwundert zu, wie Flachsbarth mit seinen Blicken die Decke absuchte.
»Wie kommt man von hier aus aufs Dach?« erkundigte sich Flachsbarth.
Parkie starrte ihn mit offenem Mund an.
»Ich muß aufs Dach«, sagte Flachsbarth. »Irgendwie muß man doch hinauskommen.«
»Was wollen Sie auf dem Dach?« wollte Parkie wissen. »Es regnet.«
»Ich will feststellen, ob …« Flachsbarth biß sich noch rechtzeitig auf die Unterlippe. Er ließ Parkie stehen und betrat eines der leeren Zimmer. Nachdem er das Fenster geöffnet hatte, kletterte er auf den Sims. Er hielt sich am Fensterrahmen fest und schob langsam den Oberkörper ins Freie. Mit einer Hand bekam er den Dachrand zu fassen. Als er sich vollständig aufrichtete, konnte er auf das flache Dach blicken. Ein Blitzableiter war nicht zu entdecken. Flachsbarth sprang ins Zimmer zurück.
»Ein Wunder, daß dieses Gebäude noch steht«, murmelte er und rannte nach unten.
Als er nach dem Telefon griff, um in der Stadt einen Blitzableiter zu bestellen, läutete es. Unwillkürlich zuckte Flachsbarth zusammen. Er hob ab.
»Flachsbarth«, meldete er sich.
»Wie lange soll ich hier noch im Regen stehen?« dröhnte eine überlaute Stimme aus der Hörmuschel. »Willst du mir nicht jemand schicken, der mich abholt?«
»Wood«, stammelte Flachsbarth. »Wood Coleman.«
»Ich habe schon sechsmal angerufen«, beschwerte sich Coleman.
»Wir haben ein Gewitter«, erklärte Flachsbarth. »Auf Cradi gibt es keine perfekten technischen Einrichtungen.« Er runzelte die Stirn. »Wie kommst du überhaupt nach Cradi? Das nächste Passagierschiff erwarten wir doch erst in vier Tagen.«
»Seit wann braucht Wood Coleman ein Passagierschiff, um auf einen anderen Planeten zu gelangen?« Coleman lachte mißtönend. »Meine Beziehungen zu den Handelsgesellschaften sind so gut, daß ich jederzeit an Bord eines Frachters reisen kann.«
»Auf jeden Fall bist du jetzt da«, sagte Flachsbarth und fügte in Gedanken hinzu: Und ich muß sehen, wie ich mit diesem Problem fertig werde.
»Also, was ist?« knurrte Coleman. »Hier sitzt so ein mickriger Kerl herum, der sich Swango nennt und einen Taxibetrieb leitet. Er weigert sich jedoch, weiter als zwanzig Meilen zu fahren. Wann kannst du mich holen?«
»Ich fahre sofort los«, versprach Flachsbarth.
»Du scheinst dich überhaupt nicht zu freuen, daß ich gekommen bin«, sagte Coleman mißtrauisch.
»Aber Wood, wie kannst du nur so einen Unsinn reden? Ich habe dich schon erwartet«, besänftigte ihn Flachsbarth.
»Deine Stimme klingt so gepreßt.« Coleman knirschte mit seinen künstlichen Zähnen. »Es ist doch hoffentlich alles in Ordnung?«
Flachsbarth versicherte ihm, daß es keinen Grund zur Sorge gebe. Er war froh, als Coleman auflegte. Flachsbarth ging in den Aufenthaltsraum hinüber, wo Miß Hayling damit beschäftigt war, Cocktailgläser zu polieren. Sie war in den letzten Tagen ständig hinter der Bar zu finden. Obwohl Flachsbarth dadurch mehr Zeit für die Bücher fand, war er von ihrer Mithilfe
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