Hotel Galactic
nicht sehr angetan. Da sie jedoch in zwei Wochen abreisen würde, hielt er es für überflüssig, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
»Guten Morgen, Chef!« begrüßte sie ihn.
Flachsbarth verzog schmerzlich das Gesicht, denn er fand diese Anrede geradezu vulgär.
»Einen doppelten Wodka«, sagte er.
Sie schenkte für sich und für ihn ein und blickte ihn prüfend an.
»Was ist Ihnen auf den Magen geschlagen?«
»Das Hotel hat keinen Blitzableiter«, sagte er. Seine letzten Worte wurden von rollendem Donner übertönt, und er fand sie daher um so wirkungsvoller.
»Das ist ja allerhand«, sagte Miß Hayling. »Vielleicht werden wir alle verbrennen.«
Flachsbarth lächelte pflichtschuldig. In Gedanken befand er sich bereits bei Wood Coleman und malte sich aus, wie er ihm gegenübertreten würde.
»Soll ich nachgießen?«
»Nein«, sagte Flachsbarth. »Ich muß jetzt zum Raumhafen.«
Nun war es heraus! Er hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Seine Bemerkung war dazu angetan, die Neugier dieser Frau anzustacheln.
»Haben Sie noch einen Platz frei für mich?« fragte sie und beugte sich vertraulich vor.
Der Gedanke, mit ihr zum Raumhafen zu fahren, entsetzte Flachsbarth. Er bediente sich einer Notlüge.
»Ich hole Gäste ab und muß außerdem unterwegs noch einige Körbe Obst laden«, sagte er.
Er floh förmlich aus der Bar. Wie immer kostete es Nervenkraft, von Worp die Wagenschlüssel zu bekommen. Der Cradianer ging einfach nicht von der Meinung ab, daß das Fahrzeug sein Eigentum war. Flachsbarth hoffte, daß während seiner Abwesenheit nichts passierte. Das Hotel war jetzt einigermaßen in Ordnung, so daß es selbst der gewiß sehr strengen Beurteilung eines Wood Coleman standhalten konnte.
Als Flachsbarth losfuhr, hörte es auf zu regnen. Die Straße war naß und rutschig, trotzdem fuhr Flachsbarth mit Höchstgeschwindigkeit, denn er wollte vermeiden, daß Coleman durch eine lange Wartezeit gereizt wurde. Kurz nach seinem Aufbruch verzogen sich die Wolken, und die Straße begann in der Sonnenwärme zu dampfen. Das Land zeigte sich in seiner ganzen Pracht, und Flachsbarth hoffte, daß Wood Coleman fähig sein würde, etwas von dieser einmaligen Schönheit in sich aufzunehmen.
Als er in das Tal einbog, wo der Raumhafen lag, sah Flachsbarth am Straßenrand neben den Gebäuden Wood Coleman. Er trug seine übliche Kleidung: Metallfadenhosen und eine ärmellose Jacke, die über der Brust offenstand. Neben ihm stand ein schäbig aussehender Koffer.
Flachsbarth hielt an und sprang aus dem Wagen, um seinen alten Freund zu begrüßen.
Coleman blickte Flachsbarth nicht an, als er ihm die Hand schüttelte. Er betrachtete den Wagen.
»Was ist das für ein Museumsstück?« grollte er. »Willst du mir einreden, daß damit die Hotelgäste abgeholt werden?«
»Ich habe das Fahrzeug von meinem Vorgänger übernommen«, sagte Flachsbarth. »Bisher hat es seinen Zweck erfüllt.«
Coleman umrundete den Wagen, als könnte er immer noch nicht glauben, daß ein solches Gefährt existierte.
»Du hättest einen Gleiter kaufen sollen«, warf er Flachsbarth vor. »Zumindest einen moderneren Wagen. Du scheinst nicht den Mut für Investitionen zu haben. Dabei sind sie das Geheimnis eines jeden geschäftlichen Erfolgs.«
Erst jetzt fiel Flachsbarth auf, daß Coleman sich verändert hatte. Neben den Tränensäcken hatten sich dunkle Ringe unter seinen Augen gebildet. Sein Bauch war schlaff geworden, und sogar seine Bewegungen wirkten nicht mehr so dynamisch wie früher.
»Fahren wir los!« rief Coleman. Er riß die Tür auf und ließ sich auf den Beifahrersitz sinken. Flachsbarth schleppte den schweren Koffer zum Wagen und schob ihn auf die Ladefläche. Vorn hörte er Coleman an den Kontrollhebeln hantieren. Der Motor brüllte auf, als Coleman versehentlich eine falsche Schaltung vornahm. Flachsbarth beeilte sich, den Fahrersitz einzunehmen.
Coleman blickte ihn von der Seite her an.
»Du siehst gut aus«, sagte er neidisch. »Braun und kräftig.«
Flachsbarth blickte an sich herab. Coleman hatte recht. Sein Körper war gebräunt. Er war nicht mehr so hager wie zum Zeitpunkt seiner Ankunft auf Cradi.
»Du siehst auch gut aus«, sagte er lahm.
»Ach was!« fauchte Coleman. »Ich weiß genau, wie ich aussehe. Mir geht’s nicht gut. Deshalb bin ich ja hier, um mich ein bißchen zu erholen.«
Einer inneren Eingebung folgend, fragte Flachsbarth: »Was ist mit dem Sholun-Projekt? Wie kommst du voran?«
Coleman
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