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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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natürlich hatte sie recht. Tatsächlich hatte er ihr irgendwann einmal solch eine Kreuzfahrt versprochen, allerdings ohne sich auf einen Termin festzulegen. Inzwischen war er zu dem Entschluß gekommen, ein derartiges Unternehmen noch eine Weile aufzuschieben. In sechs bis sieben Jahren würde auch sein Tinchen das Alter erreicht haben, in dem sie sich mehr dafür interessierte, wie ihre Schuhe passen als ihre Pullover, sie würde hoffentlich nicht mehr darauf bestehen, jeden nur möglichen Landausflug mitzumachen, ein manchmal recht anstrengendes Vergnügen, das mit zunehmendem Alter immer beschwerlicher wird, sie würde einen gemächlichen Mondscheinspaziergang auf dem Oberdeck dem Trubel in den Gesellschaftsräumen vorziehen, also nicht mindestens ein halbes Dutzend Cocktailkleider brauchen, und sie würde bis dahin ein gepflegtes Dinner an Bord des Schiffes zu genießen wissen und nicht mehr in obskure Lokale einkehren wollen, um dort merkwürdige Speisen mit unaussprechlichen Namen zu probieren – kurz gesagt, im Gegensatz zu heute würde eine Kreuzfahrt so um das Jahr 2005 herum nicht nur weniger anstrengend werden, sondern auch wesentlich billiger!
    »Wieso soll ein Schiff nicht schwimmen können, sondern fahren müssen?« hakte Tinchen nach, denn erstens ging sie solchen Ungereimtheiten gerne auf den Grund, und zweitens muß man sich ja über irgendwas unterhalten; immer bloß auf's Wasser starren wird auf die Dauer langweilig. Ihren Krimi hatte sie schon über Neufundland ausgelesen gehabt. »Das ist unlogisch! Ein Schiff hat keine Räder! Was sagt man denn, wenn das Schiff mal nicht fährt?
Steht
es dann?«
    Auf diese Frage war Florian nicht vorbereitet, und entsprechend lange zögerte er die Antwort hinaus: »Es ankert im Hafen oder liegt auf Reede.«
    Pause. Und dann, vor unterdrücktem Lachen glucksend: »Es
liegt?
Gibt es denn überhaupt mal eine Situation, in der es
schwimmt?«
    Da gab er es auf. »Tine, mach mich nicht wahnsinnig!
Ich
habe die Terminologie der christlichen Seefahrt doch nicht erfunden!«
    Wieder kam eine Insel in Tinchens Blickfeld, kleiner als die vorherige, langgestreckt, beinahe oval und vor allem viel deutlicher zu erkennen, weil die Maschine jetzt schon ziemlich tief flog. »Flori, da unten, guck mal schnell! Das muß es sein, das Island in the sun! Sieh doch bloß diese vielen verschiedenen Grüntöne und die irre hellen Strände …«
    Florian konnte nichts sehen, er kämpfte mit Gundulas Wollmantel, der sich gleichmäßig über Kopf und Schultern ausgebreitet hatte. Die Klappe des gegenüberliegenden Handgepäckfachs war aufgesprungen, doch bevor noch andere Gepäckstücke herausfallen konnten einschließlich zweier sich verdächtig bauschender Duty-free-Tüten, hatte ein beherzter Passagier zugegriffen und Florians vorzeitiges Ableben oder doch zumindest ein paar gehörige Blessuren verhindert. »Ich habe diesen Dingern nie so richtig getraut!« sagte er, Tinchens Dankesbezeugungen abwehrend und die Klappe wieder schließend, »aber wenn der metallene Kamerakoffer runtergekommen wäre, dann hätten Sie unter Umständen als reiche Witwe zurückfliegen können. Soviel ich weiß, sind Fluggesellschaften recht gut versichert.«
    Nachdenklich sah Tinchen ihren Florian an. Er hatte sich inzwischen von dem Mantel befreit und fühlte sich nun bemüßigt, die aufgeregte Gundula zu beruhigen und sie davon zu überzeugen, daß ihm ja nichts passiert sei. Noch fünf Minuten länger, dann entschuldigt er sich bei
ihr,
ging es Tinchen durch den Kopf, da soll doch … Mit einem freundlichen Lächeln wandte sie sich an den Herrn, der immer noch an dem Verschluß der Klappe herumfummelte. »Könnten Sie den Deckel nicht noch eine Weile offenlassen?«
    Im selben Moment setzte der Flieger auf, Florians Retter landete auf Gundulas Schoß, und eine Lautsprecherstimme forderte die Passagiere auf, so lange sitzen zu bleiben, bis die Maschine endgültig zum Stehen gekommen sei.
    Es erschien Tinchen endlos lange, bis sie schließlich das Flugzeug verlassen, alle Kontrollen passiert, die nötigen Stempel im Paß und sogar ihr komplettes Gepäck nacheinander vom Band gezogen hatten. »Diesmal fehlt wirklich nichts?« vergewisserte sich Florian noch einmal, während er den großen Koffer auf den Gepäckwagen hievte, dann den kleinen Koffer, die Kosmetikbox, die Strandtasche, die leer nicht mehr in den großen Koffer hineingepaßt hatte und nun unbegreiflicherweise prall gefüllt neben der Sporttasche

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