Hotel Pastis
Malertruppe diskutierten mit den Elektrikern, die Zweifel über den Verlauf des alten Stromnetzes zum Ausdruck brachten; und die wie Wasserfälle rauschenden Toiletten und wasserspeienden Hähne waren ein Beweis für die Sorgfalt des Installateurs, der ein letztes Mal den optimalen Wasserdruck und den prompten Abfluß überprüfte, wie der Blitz vom Bidet zur Wanne und wieder zurück schoß und dabei zufrieden nickte. Die Zimmerleute paßten Türen und Schränke ein, hobelten und schmirgelten und verbreiteten überall feinen Holzstaub, der auf Waldies frisch bemalte Wände hinabrieselte und eine weitere Krise in den anglo-französischen Beziehungen heraufbeschwor.
Monsieur Blanc bewegte sich entschlossen und zielbewußt durch dieses Tollhaus, Mrs. Gibbons mit einer ellenlangen grauen Plastikleine zwischen den Zähnen war ihm stets auf den Fersen. Beide begaben sich zu Nicole und Simon und Ernest in die Küche, wo gerade ein tapenade -Soufflé auf Herz und Nieren geprüft wurde, das Madame Pons als eines der Standardgerichte auf der Speisekarte vorgeschlagen hatte. Blancs Nasenflügel bebten anerkennend, bevor er zu sprechen begann. Es sei, sagte er, ein kleines Problem aufgetaucht, nichts Gravierendes. Die Nachbarn, ein älteres Ehepaar, hätten Bedenken wegen des Swimmingpools. Nicht wegen des Swimmingpools an sich, der ja ein Wunderwerk des guten Geschmacks und über alle Vorwürfe erhaben sei. Nein, es gehe um das, was um den Swimmingpool herum passiere. Die Nachbarn hatten in der Zeitung von widernatürlichen Praktiken in Saint-Tropez gelesen, wo Leute tout nu sonnenbadeten. Ein solches Verhalten in Brassière, einem Dorf mit zwei Kirchen, wäre für Madame, die bereits an Herzschwäche litt, äußerst beunruhigend. Monsieur seinerseits hatte offenbar keine derartigen Ängste zum Ausdruck gebracht. Dennoch wäre es ausgesprochen wünschenswert, diese Befürchtungen zu zerstreuen.
Simon wischte das restliche Soufflé mit Brot von seinem Teller. »Das ist ja lächerlich. Zwischen ihrem Garten und dem Pool ist eine drei Meter hohe Wand. Sie müßten ja auf Stelzen gehen, um etwas zu sehen.«
»Beh oui.« Blanc lächelte entschuldigend. »Aber Madame ist die Tante von einem hohen Verwaltungsbeamten in Avignon. Un gros bonnet.«
Nicole legte Simon beschwichtigend ihre Hand auf den Arm. »Ach, chéri. Sei einmal für fünf Minuten diplomatisch.«
Simon stand auf und beugte sich zu Madame Pons hinüber. »Es war ein Gedicht.« Den anderen zeigte er ein diplomatisches Lächeln. »Ist das gut so?«
»Ein wenig tapenade zwischen Ihren Zähnen, mein Lieber«, sagte Ernest. »Sonst sehr hübsch. Das Tantchen wird sich geschlagen geben müssen.«
Simon ging fünfhundert Meter weit die Straße hinab und klopfte zweimal an die schwere Eisentür. Schritte, dann wurde das kleine Sprechgitter in der Tür geöffnet. Argwöhnische, bebrillte Augen starrten ihn an. Er mußte sich bücken, damit sein Gesicht begutachtet werden konnte.
»Oui?«
»Bonjour, madame. Ich bin Ihr Nachbar, vom Hotel.«
»Oui?«
»Der Hotelbesitzer.«
»Ah bon.«
»Ja.« Simon fühlte sich beinahe wie ein Hausierer mit üblem Mundgeruch. » Madame , könnte ich mit Ihnen sprechen? Nur für ein paar Minuten?«
Sie musterte ihn hinter ihrer Brille und schloß dann das Sprechgitter wieder zu. Dann das Geräusch von schweren Bolzen. Ein Schloß schnappte auf. Endlich wurde die Tür geöffnet, und Madame bedeutete Simon einzutreten.
Das Haus war dunkel, zum Schutz gegen die Sonne waren sämtliche Fensterläden geschlossen. Simon folgte Madame, die, klein und mit aufrechtem Gang, in die Küche vorausschritt. Er nahm ihr gegenüber an einem langen Tisch Platz, an dessen einem Ende ein Fernsehapparat stand. Von der Decke hing eine erleuchtete Lampe herab. Es hätte genausogut Mitternacht sein können. Madame preßte die Hände fest zusammen, ebenso die Lippen.
Simon räusperte sich. »Ich habe gehört, daß Sie und Ihr Mann beunruhigt sind über äh, über den Swimmingpool.« Madame nickte. »Gewisse Aktivitäten.«
»Ach, das.« Simon versuchte ein beruhigendes Lächeln. Die Lippen seines Gegenübers schienen sich nicht entspannen zu wollen. »Also, ich kann Ihnen versprechen, daß wir unsere Gäste dazu anhalten werden, sich taktvoll zu verhalten.«
»Nicht wie in Saint-Tropez?«
Simon hob abwehrend und entsetzt die Arme. »Ganz gewiß nicht wie in Saint-Tropez! Eher wie...« O Gott, wie hieß nur das französische Gegenstück zu Bognor Regis?
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