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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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streckte die Hand aus und tätschelte ihm die Wange.
    »Trink aus«, sagte er. »Eines Tages wird Champagner da drin sein.«

5
     
     
     
     
     
    S imon verließ früh das Hotel, um den Kampf mit dem Pariser Stoßverkehr aufzunehmen, mit diesen vom Koffein aufgeputschten Kamikazefahrern in ihren Renaults 5, die fest entschlossen sind, die Überlegenheit der Franzosen unter Beweis zu stellen, wann immer sie jemandem begegnen, der törichterweise einen Wagen mit ausländischem Kennzeichen fährt. Er hatte das bequemste seiner drei Autos für die Fahrt ausgewählt, den kongoschwarzen Porsche mit Klappdach, der es auf eine Höchstgeschwindigkeit von zweihundertsechzig brachte. Natürlich war es lächerlich, mit so einer Maschine in London herumzukutschieren, wo man selten über den zweiten Gang hinauskam; nichts weiter als ein Männerspielzeug, das dem Image diente. Doch draußen auf der autoroute konnte er ihn voll ausfahren, und mit ein bißchen Glück und Bleifuß müßte er in sechs Stunden im Süden sein.
    Als er aus Paris hinausfuhr und die Blechlawine auf der périphérique hinter sich gelassen hatte, waren fast nur noch Lkws unterwegs. Er erreichte beinahe zweihundert Stundenkilometer. Das Telefon, das in London nahezu ununterbrochen piepste, um die neuerliche Krise eines Kunden oder einen verschobenen Termin zu verkünden, schwieg. Er drückte den Rufknopf und versuchte, Liz zu erreichen. AUSSER BETRIEB. Er konnte nichts weiter tun als fahren und nachdenken.
    Als ungebundener, gesunder und rechnerisch gesehen reicher Mensch — er besaß große Anteile an der Agentur — befand er sich in einer Position, um die ihn viele Leute beneidet hätten. Solange das Geschäft blühte, würde es ihm nie an ein paar Hunderttausend Pfund fehlen, und das trotz Carolines ungebremster Neigung zum Geldausgeben. Er erinnerte sich noch, wie ihr einmal ihre American-Express-Karte gestohlen worden war. Er hatte es wochenlang hinausgeschoben, den Verlust zu melden, denn der Dieb hatte weniger ausgegeben, als sie es normalerweise tat. Zwar würde sie ihm auch weiterhin ständig Ärger und Unkosten bereiten, aber er konnte sie jederzeit auszahlen.
    Sein berufliches Leben war weniger unkompliziert. Die Zeit der Herausforderung, in der es galt, eine Agentur aufzubauen, war vorbei. Nun war die Agentur da und mußte aufrechterhalten und ständig mit neuen Kunden gefüttert werden. Ein Auftrag über fünf Millionen Pfund, der früher Anlaß für euphorische Festivitäten gewesen wäre, war jetzt nichts weiter als ein Knochen, den man wieder einmal der City hinwarf. Der Nervenkitzel hatte sich verflüchtigt und gut bezahlter Plackerei Platz gemacht.
    Und dann war da New York — und Ziegler. Als Simon gezwungen war, Saatchis und Lowe nach Amerika zu folgen, hatte er mit Global Resources, einem der aggressivsten Werbekonzerne, der von einem der unsympathischsten Menschen geleitet wurde, ein Tauschgeschäft ausgehandelt. Niemand konnte Ziegler leiden. Aber niemand konnte auch leugnen, daß er ausgesprochen effektiv arbeitete. Allem Anschein nach war er in der Lage, die Kunden so zu drangsalieren, daß sie in seine Agentur kamen und sich durch Versprechungen auf höhere Verkaufszahlen und mehr Profit um den Finger wickeln ließen. Simon hatte ihn Dutzende Male in Aktion gesehen, er war geradezu brutal gegenüber seinen Untergebenen und ging in beinahe manischer Art und Weise auf Kundenfang. Angst war der Knüppel, mit dem er die Agentur auf Trab hielt, indem er sein Personal zunächst übermäßig bezahlte und dann terrorisierte. Eine Angst anderer Art — die Angst, Marktanteile zu verlieren — war die Grundlage seiner Verhandlungsstrategie. Er konnte eine sechzigminütige Tirade über sein Lieblingsthema loslassen — »Verkaufen ist Krieg, und diese Bastarde wollen euch schnappen!« — , was normalerweise bewirkte, daß auch die ausgefuchstesten Kunden nervös über ihre Schultern blickten und dann ihren Etat erhöhten.
    Simons Beziehung zu Ziegler wurde (natürlich nur, wenn die beiden außer Hörweite waren) mit zwei Hunden verglichen, die sich eine zu kleine Hundehütte teilten. Jeder von beiden wollte die ganze Hütte für sich allein — welche in diesem Fall die Welt war. Ihre gegenseitige Abneigung tarnten sie mit einer geschäftsmäßigen Höflichkeit, als ob sie niemals jemanden übers Ohr hauen würden, mit sorgfältig formulierten Notizen, die vor boshaften Bemerkungen strotzten, und einer aufgesetzten Kumpelhaftigkeit, wann

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