Hotel Pastis
Sicherheit.« Die Finger seiner schmalen, blassen Hand zappelten bedeutungsvoll. »Ohne genaue Belege, das sage ich meinen Angestellten immer, würde die Welt aufhören zu funktionieren. Dokumente sollten wie pures Gold behandelt werden.«
Der General nickte, und wieder klopfte er mit kurzen Schlägen auf die beiden zusammengefalteten Exemplare des Provençal. »Besonders diese hier.« Er beugte sich vor. »Ich möchte sie gerne hier aufbewahren, in einem Ihrer Tresore. Das erscheint mir sicherer als zu Hause.«
»Ach, wären nur alle Menschen so vorsichtig wie Sie. Hier in Vaucluse haben wir die höchste Einbruchsrate in ganz Frankreich — ausgenommen Paris natürlich.« Millet zuckte mit den knochigen Schultern und gestattete sich ein Lächeln. »Zum Glück lernen die Leute dazu.« Er griff in seine Tasche und holte einen dicken Schlüsselbund heraus, der mit einer Kette an seinem Hosengürtel befestigt war. Dann sperrte er die Schublade unter dem Telefon auf und zog einen dicken Ordner hervor.
»Hier«, sagte er und setzte sich die Brille auf, »habe ich die Belegung unserer Tresorfächer aufgelistet. Dreihundert Fächer wurden letztes Jahr eingerichtet — auf meinen Vorschlag hin, wie ich in aller Bescheidenheit bemerken darf — , und heute, lassen Sie mich nachschauen..., haben wir nur noch achtunddreißig, die nicht vermietet sind.« Er schürzte die Lippen und legte ein abtrünniges Blatt Papier, das aus dem Stapel hervorspitzte, wieder an seinen Platz. »Zweihundertundzweiundsechzig Fächer vermietet, in weniger als einem Jahr.« Er blickte den General an. »Ja, die Leute lernen dazu.«
Der General zupfte an seinem Schnurrbart. »Wie ermutigend. Vermutlich alles Leute aus der Gegend hier, wie ich.«
»Das, monsieur, darf ich Ihnen nicht verraten.« Millet nahm die Brille ab und faßte sie mit spitzen Fingern am Bügel. »Wir garantieren allen unseren Kunden Diskretion. Diskretion und Sicherheit.«
»Ausgezeichnet.« Der General nickte. »So sollte es auch sein, wie in der Schweiz.«
Millet rümpfte die Nase. »Von der Schweiz brauchen wir nichts zu lernen. Sie werden es sehen, wenn ich Ihnen den Tresorraum zeige. Tja. Sollen wir nun zu den Formalitäten übergehen?«
Der General hatte einen Augenblick lang erwogen, einen falschen Namen anzugeben, doch dann war er zu dem Schluß gekommen, daß dies die Sache nur unnötig komplizierte. Er tat ja nichts Unrechtes. Sein Tresorfach würde ausgeraubt werden wie alle anderen auch. Weshalb sollte er das Risiko auf sich nehmen, eines Tages — so unwahrscheinlich dies auch war — zufällig Millet auf der Straße zu begegnen und von ihm mit einem Namen begrüßt zu werden, der nicht sein richtiger war? Also füllte er das Formular aus und stellte einen Scheck mit dem Betrag für eine Jahresmiete aus, wobei er ein Scheckheft benutzte, von dessen Existenz Mathilde nichts wußte — ein Konto, das er sich in all den Jahren aufgebaut hatte und das jetzt seine Operationsbasis bildete.
Millet entschuldigte sich für ein paar Minuten und kam dann mit den Schlüsseln für den Tresorraum und das persönliche Tresorfach des Generals zurück. Dann gingen sie gemeinsam auf eine unbeschriftete Tür im hinteren Teil des Bankgebäudes zu.
»Nun«, sagte Millet und lächelte den General an, »stellen Sie sich vor, Sie seien ein Bankräuber. Eine amüsante Flypothese, nicht wahr?« Er erwartete keine Antwort. »Bon. Sie sind bis hierher gekommen, Was sehen Sie?«
Der General schaute sich um und zuckte die Achseln. »Eine Tür.«
Millet hob den Zeigefinger und schwenkte ihn ausgestreckt hin und her wie ein Metronom. »Ihr erster Fehler. Es ist ein Panzer aus hartem Stahl. Passen Sie auf.«
Er suchte zwei Schlüssel heraus, sperrte die Tür auf und zog sie auf. Sechs bis sieben Zentimeter dick, schätzte der General. Gewiß nicht aus Weißblech. Er nickte und gab sich Mühe, beeindruckt auszusehen.
Millet wies stolz auf das nächste Hindernis, eine zweite Tür, diesmal aus rechtwinklig angeordneten Stahlstäben, jeder so dick wie seine Faust. Der General inspizierte sie pflichtschuldig.
»Sagen Sie, Monsieur Millet«, fragte er, »warum ist diese zweite Tür aus Gitterstäben?«
Millet wählte zwei weitere Schlüssel aus seiner Kollektion aus. »Wir besitzen selbstverständlich überall in der Bank ein elektronisches Überwachungssystem — Videokameras, Alarmanlagen, die neueste, hochsensible Technologie. Aber wir dürfen eins nicht vergessen.« Er wandte sich dem
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