Hotel Transylvania
diesem Wissen gefangen nehmen. Solltest du in Saint Sebastiens Hände fallen, dann stelle sicher, dass du ein toter Mann bist. Zu viele Menschenleben hängen von deinem Schweigen ab.« Er sah auf, als sich die Tür öffnete und Roger in das Zimmer trat. »Was gibt es?«
»Das Bad ist bereit«, sagte Roger. »Ich habe eine Phiole mit Weihwasser beschafft und eine Hostie in Euren Kelch gelegt. Falls Ihr sie braucht.«
Saint-Germain nickte. »Danke, Roger«, sagte er. »Ich bin sofort bei dir.« Er wandte sich wieder Hercule zu. »Denke an meine Worte. Wenn du gläubig bist, lass dich heute Nacht noch segnen.«
Bei diesen unbarmherzigen Worten wurde Hercule weiß um den Mund, aber er sagte: »Ich werde den Priester binnen einer Stunde aufsuchen. St. Sulpice liegt nicht weit von hier, oder Saint-Germain-des Près.«
»Bon. Aber sage dem Priester nicht mehr, als er wissen muss. Du kannst nicht für Saint Sebastien beichten. Enthülle nicht mehr, als du musst.«
»Meine Sünden allein werden vergeben werden«, gelobte Hercule. Dann entfernte er sich unbeholfen humpelnd aus dem Zimmer.
Roger schwieg, während Saint-Germain ins Feuer starrte und die Stickerei am Stehkragen seines Umhangs betastete. »Du hältst es nicht für klug, dass ich Hercule vertraue?«
»Nein.«
»Einst vertraute ich dir, Roger, bevor ich dich kannte.«
»Mit gutem Grund.«
Saint-Germain hob die Brauen. »Und du zweifelst an Hercule? Warum das?«
»Er ist ein Diener, Herr. Er hat stets Saint Sebastien gedient. Gehorsam ist ihm zur Gewohnheit geworden. Saint Sebastien hat ihn verletzt, das ist wohl wahr, aber Gewohnheiten sind nicht leicht abzulegen. Wenn er mit seinem ehemaligen Herren zusammentrifft, stellt er vielleicht fest, dass er sich ihm nicht verweigern kann.«
»Vielleicht«, sagte Saint-Germain leise. »Und dennoch, weißt du, denke ich, dass er mich nicht verraten wird. Ich denke, dass sein Hass so unverfälscht ist, dass er die vergangenen Jahre aus ihm herausgebrannt hat wie die Scheite des letzten Jahres im Kamin.«
Roger nickte zurückhaltend, aber offenbar hatte er seine Zweifel noch nicht abgelegt.
»Komm«, sagte Saint-Germain laut, als er sich aus der nachdenklichen Stimmung riss, die ihn an den hypnotischen Tanz der Flammen gefesselt hatte. »Mein Bad, und danach den Hostienkelch.«
Roger trat beiseite, als Saint-Germain eilends das Zimmer verließ.
Brief von l'Abbé Ponteneuf an den Marquis de Montalia, datiert vom 4. November 1743, zurückgegeben an den Abbe von la Comtesse d'Argenlac am 17. Dezember 1743:
Mon cher Cousin, ich grüße Euch im Namen Gottes und der Heiligen Jungfrau.
Ich hatte gehofft, Eure Tochter an diesem Nachmittag zu empfangen, damit sie und ich das kleine Gespräch führen könnten, das Ihr Euch so gewünscht habt. Zweifellos hat sie jungfräuliche Verwirrung überwältigt, und sie zögert, ein solch intimes Thema mit mir zu besprechen, obgleich ich doch ihr Beichtvater bin. Ihr Billett, das ich das Vergnügen hatte heute Morgen zu lesen und das mich von der Bitte des Marquis Chenu-Tourelle in Kenntnis setzte, erklärt vieles, und ich hoffe jedenfalls, dass Madelaine sich der Ehre bewusst ist, die ihr durch diesen vornehmen jungen Gentleman widerfährt.
Es ist meine Absicht, am Mittwoch oder Donnerstag ihre Beichte zu hören, und zu diesem Zeitpunkt werde ich erneut versuchen, ihre Gedanken den Freuden der Ehe und den süßen Pflichten einer Ehefrau zuzuwenden. Sie hat meinen Brief, der diese Dinge erwähnt, gelesen und mir mitgeteilt, dass sie ihn sehr erhellend fand.
Ihr hattet zuvor ihre Bildung erwähnt, und ich freue mich, Euch mitzuteilen, dass sie auch weiterhin ihren Geist mit ehrwürdigen Themen beschäftigt. Ihre Lektüre der Geschichte ist bemerkenswert, obwohl sie über Themen liest, die eigentlich nicht für die Augen einer unverheirateten Frau geeignet sind. Sicher, es ist traurig zu denken, dass so vieles aus der Geschichte nicht geeignet ist für diejenigen, die als Adelige geboren und aufgezogen wurden. Sie hat gesagt, dass sie bis jetzt nicht viel der Sorgen und des Unglückes von anderen um sie verstand, aber dass die Geschichtslektüre ihr eine neue Sichtweise der Menschheit gegeben hat, und wo sie vorher verwirrt war, nimmt sie nun die Menschheit in wahrhaftigeren Farben wahr.
Eure Besorgnis um Eure Tochter ist sehr ehrenwert, Robert. Ich weiß, dass Eure Zuneigung viel dazu beigetragen hat, Eure Tochter zu der herausragenden jungen Frau zu machen, die sie
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