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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Bechtle
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als Terroristen entlarvt, mit Blut an den Händen. Möglicherweise erklärt dies auch Zibas Zaudern. Dabei ist sie doch selbst Opfer.
    Ob ihr Schwager damit seine Macht über sie einbüßt? Jedoch stellen diese Iraner ja nicht die Religion in Frage, sondern nur das brutale System der Mullahs in ihrer Heimat. Dennoch glaube ich, dass sich eine neue Ausgangssituation ergeben und sich der Spielraum um Ziba erweitert hat. Und ich sitze im Flugzeug nach Berlin!
    Während die Lektorin und ich am Manuskript arbeiten, denke ich bei jedem Schritt Sarahs an Ziba. Der junge Deutsche und die Jüdin treten in den Hintergrund, alles dreht sich um Ziba und mich.
    Ich rufe regelmäßig in meiner Wohnung in Paris an, um den Anrufbeantworter abzuhören. Am dritten Tag finde ich eine Nachricht von Gérard vor. Ich rufe sofort zurück, er wollte sich nur über den Stand meiner Novelle über Johanna van Gogh erkundigen, denn Ziba sei nun wieder aufgetaucht, sie würde jederzeit gezielt Nachforschungen für mich durchführen. Ich solle ihm Bescheid geben. Auf meine Frage nach den Iranern meint er, die Presseberichte enthielten nichts Neues, die Gruppe stehe ja seit Ewigkeiten schon auf der Terroristenliste der Amerikaner, im Ort sei alles normal, die Iraner fielen so wenig wie bisher auf. Über den Schwager weiß er nichts zu berichten.
    Nachdem wir mit dem Manuskript durch sind, lade ich die Agentin zum Abendessen in ein französisches Restaurant in der Mommsenstraße ein.
    » Sarah wird dir den Durchbruch bringen. Ich wette darauf!«
    »Ich wäre da skeptischer, der Verleger, dem ich in Paris von Sarah erzählt hatte, war der Ansicht, dass der deutsche Markt für dieses Thema nicht offen sei. Noch nicht.«
    Als ich tags darauf in Paris meine Wohnung betrete, klingelt das Telefon.
    Zibas Stimme, zögernd, und doch verspielt. Als habe sie für ihre Rückkehr in mein Leben bewusst den Augenblick abgewartet, von dem an sie mich nicht mehr mit Sarah teilen muss.
    »Ich komme gerade aus Deutschland zurück. Hast du mich abgepasst, stehst du eventuell unten auf der Straße?«
    »Nicht ganz, aber ich bin in Paris! Wenn du ein wenig Zeit für mich hättest …«
    »So viel du willst! Wo bist du?«
    »Wir haben zu einer Großdemonstration vor der iranischen Botschaft aufgerufen, gegen den Entschluss der EU, uns als Terroristen abzustempeln. Völlig zu Unrecht! Maryam Radjavi, die Präsidentin des Freien Iran, wird eine Rede halten. Ich kenne die Rede und muss sie mir deswegen nicht unbedingt anhören. Können wir uns an der Place Vendôme treffen, gegenüber dem Ritz Carlton? Sagen wir in etwa zwanzig Minuten?«
    Eine angenehm warme Frühlingssonne durchflutet die Place Vendôme. Kurz nachdem ich dort ankomme, fährt Ziba im Taxi vor. Kaum wiederzuerkennen, in einem eng geschnittenen, ihre Formen betonenden hellblauen Hosenanzug, das seidene Kopftuch als Halstuch umgelegt, eine großgerahmte Sonnenbrille in das schwarze Haar gesteckt. Sie trägt einen zartroten Lippenstift, die Augen dunkel untermalt.
    »Wir haben nicht viel Zeit, lass uns gegenüber in der Bar des Ritz Carlton schnell einen Kaffee trinken!«
    Arm in Arm überqueren wir die Place Vendôme. Ich spüre Ziba, die Wärme ihres Körpers, atme den Duft ihres Jasmins. Sie bewegt sich völlig unbefangen. Ich beobachte staunend die immer neuen Seiten an ihr. Als erlebte ich mit, wie sich eine Knospe zu einer farbenprächtigen Blüte öffnet.
    »Ich war hier ein paarmal mit meinem Mann, wenn es uns in Auvers zu eng wurde. Dann hat sich mein Leben verändert. Und den Rest kennst du ja.«
    »Ich weiß eigentlich nichts über dich und deine Vergangenheit. Musst du wirklich zurück nach Auvers? Dieses riesige Paris, niemand würde dich je bei mir finden.«
    Ich streiche über ihre Hand, nichts erscheint selbstverständlicher, als hier mit Ziba zu sitzen. Sie lehnt sich an mich, alles um uns ist wie verwandelt.
    »Ich fühle mich meinem Mann gegenüber verpflichtet, der für unseren Befreiungskampf sein Leben gegeben hat. Andererseits wollte er immer mein Bestes. Aber ich komme nicht so leicht an meinem Schwager vorbei.«
    »Sie waren wohl sehr verschieden, dein Mann und sein Bruder.«
    »Sie stammen aus einer Kleinstadt im Norden Irans. Mein Mann hat in Teheran studiert und an der Universität gearbeitet. Dort habe ich ihn kennengelernt. Sein Bruder hat nie studiert, sein Leben ist seit jeher vom Islam geprägt.«
    »Es muss einen Weg für uns geben.«
    »Ich arbeite eng mit Maryam Radjavi

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