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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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brachte dem erschöpften
alten Mann ein Glas Wasser.
    Als es nach etwa einer Viertelstunde unten an der Tür schellte und
er nach unten stapfte, um Tanja Gerber die Tür zu öffnen, hatte er eine
ziemlich genaue Vorstellung davon, warum Franz Örtler immer wieder von zu Hause
ausriss.
     
    Iris saß zu dieser Zeit bereits im Polizeiposten
Laufenburg, rutschte auf einem harten Holzstuhl hin und her und wartete auf
zwei Leute vom Verfassungsschutz. Sie hatte mit dem Glücklichen telefoniert und
die Anweisung erhalten, zunächst ausschließlich mit diesen Männern zu reden.
Und so saß sie da, vor sich tatsächlich einen Schnaps, den Postenchef Buchmann
besorgt und mit den Worten »Sie sind ein wenig bleich um die Nase« vor sie
hingestellt hatte, und machte sich Vorwürfe. Sie nippte an dem Glas. Es war ein
guter Obstler, so wie er schmeckte, stammte er wahrscheinlich von einem der
beiden Obsthöfe im benachbarten Luttingen.
    Die Herren, die sie befragten, stellten sich mit den Namen Schott
und Schütte vor. Und anders als angekündigt, war nur Schütte vom
Verfassungsschutz, Schott kam vom Landeskriminalamt in Stuttgart. Der Leutseligere
von beiden war Schütte, jedenfalls gab er sich so. Nichts von verspiegelter
Sonnenbrille, Hut und Regenmantel. Er machte Scherzchen und präsentierte sich
als gemütlicher Zeitgenosse, doch Iris konnte die Angespanntheit hinter der
jovialen Fassade spüren. Fast kam es ihr vor, als sei sie die einzige Hoffnung
der Herren auf der Suche nach dem Wächter .
Natürlich sagte Schütte das nicht. Schott sprach sowieso kaum. Er hat im
Wortsinn die Schotten dicht gemacht, dachte Iris.
    Und zum ersten Mal im Leben spürte sie, was andere Zeugen oder
Verdächtige in Befragungen oder Verhören empfinden mussten. Unsicherheit. Das
nagende Gefühl, womöglich das Falsche zu sagen. Immer wieder wanderte ihr Blick
zur verschlossenen Miene von Schott. Unwillkürlich versuchte sie, sein
Wohlwollen zu erringen. Doch es funktionierte nicht. Aber es wirkte, ihre
Verunsicherung wuchs. Dabei war sie doch auf der richtigen Seite, bei den
Guten, eine Kollegin. Dass sie das wusste, machte es allerdings auch nicht
besser.
    Wie leicht zu verunsichern die Menschen doch sind, selbst die, die
es besser wissen müssten, dachte sie später auf dem Heimweg. Wieder stiegen ihr
die Tränen in die Augen. Was hätte sie anders machen können? Hätte sie etwas
anders machen müssen und die Bombe vielleicht selbst entschärfen
sollen? Nicht gleich Alarm schlagen? Dann wäre vielleicht niemand verletzt
worden. Sie schniefte. In ihrer Hosentasche brannte der Zettel, den sie neben der
Bombe gefunden hatte. Verdammt, vor lauter Verwirrung über die ungewohnte
Situation hatte sie vergessen, ihn den Herren Schott und Schütte zu geben.
Immerhin, erzählt hatte sie davon. Die beiden hätten ja auch mal danach fragen
können. Nun, sie hatten wohl angenommen, der Zettel sei mit in die Luft
geflogen.
    Die dritte Warnung, die dritte Warnung,
hämmerte es in ihrem Kopf. Das bedeutete doch, dass es woanders noch mindestens
einen weiteren Sprengsatz geben musste. Eine dritte Bombe mit der zweiten
Warnung. Sie hatte aber nichts von einer weiteren Bombe gehört. Buchmann auch
nicht, sonst hätte er bestimmt etwas gesagt. Also musste sie noch irgendwo
ticken.
    Sie konnte auch nicht glauben, dass der Sprengstoffexperte einen
Fehler beim Entschärfen gemacht haben könnte, wie Buchmann behauptete. Das war
ein erfahrener Mann, sie kannte ihn. Was allerdings nur einen Schluss zuließ:
Die Bombe war zu früh hochgegangen, früher als geplant jedenfalls. Und aufgrund
der eingestellten Uhrzeit hatte sich der Sprengstofffachmann in Sicherheit
gewiegt. Verdammt, warum hatte sie nicht auf das Zifferblatt geachtet? Dann
müsste sie jetzt nicht so herumspekulieren. Oder war das alles nur eine Taktik
des Wächters , um das Chaos noch größer zu machen?
    Es sprach noch etwas für ihre Theorie. Wenn die Bombe laut
eingestellter Zeit kurz vor der Explosion gestanden hätte, dann wäre der
Sprengstoffexperte nicht mehr drangegangen. Dann hätten sie einfach die Gegend
abgesperrt. Es waren ja keine Menschenleben in Gefahr gewesen, nur ein Stück
Beton. Und das ließ sich ersetzen. Vermutlich würde das bei den Gesamtkosten
des Autobahnbaus noch nicht einmal groß ins Gewicht fallen. Ja, je länger sie
darüber nachdachte, desto sicherer wurde sie: Die dritte Explosion hatte vor
der zweiten stattgefunden.
    Und noch eine Frage machte ihr zu schaffen. Wieso

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