House of Night 7. Verbrannt
leicht und natürlich. Stevie Rae griff wieder nach dem Schalthebel, hielt aber in der Bewegung inne. Wäre es wirklich so klug, gerade jetzt zu Rephaim zu gehen?
Einerseits hatte sie eine Menge über Kalona und die Finsternis und so weiter von ihm erfahren.
Andererseits traute sie ihm nicht ganz über den Weg. Sie
durfte
ihm nicht ganz trauen.
Außerdem hatte er irgendwas mit ihrem Kopf angestellt. Als sie Kramishas Gedicht gelesen hatte, war sie so verflixt besessen von dem Gedanken an ihn gewesen, dass sie überhaupt nichts anderes in Betracht gezogen hatte – wie zum Beispiel, dass das Gedicht eine Warnung vor den bösen roten Jungvampyren sein könnte und sich nicht nur auf sie und den Rabenspötter bezog.
Also, was zur Hölle machte sie jetzt?
Sie hatte Rephaim versprochen, wieder nach ihm zu schauen, aber dass sie ihn gern gesehen hätte, lag nicht nur an diesem Versprechen. Stevie Rae sehnte sich danach, ihn zu treffen.
Sehnen?
Ja, gestand sie sich widerstrebend ein. Sie sehnte sich danach, den Rabenspötter zu treffen. Diese Erkenntnis erschütterte sie.
»Ich hab ’ne Prägung mit ihm. Das heißt, wir haben ’ne Verbindung, und dagegen kann ich nich viel tun«, murmelte sie vor sich hin und krallte die Hände ums Lenkrad des Käfers. »Ich muss mich halt daran gewöhnen und damit klarkommen.«
Und ich muss immer daran denken, dass er der Sohn seines Vaters ist.
Na gut. Okay. Sie würde nach ihm schauen. Sie würde ihn auch nach dem Licht und der Finsternis fragen und nach den zwei Kühen. Sie runzelte die Stirn. Stieren. Ach, egal. Aber sie sollte auch versuchen, ohne ihn ein bisschen was rauszufinden. Sie sollte tatsächlich ihr Element beschwören und sehen, ob es ihr Infos über die Kühe/Stiere geben konnte. Das wäre nur vernünftig. Dann grinste Stevie Rae und schlug mit der Hand aufs Lenkrad.
»Ich hab’s! Ich fahr einfach bei dem netten kleinen Park kurz vorm Gilcrease vorbei und mach da ein bisschen Erdhokuspokus. Und dann besuch ich Rephaim. Easy-peasy!«
Natürlich musste sie sich erst in den Nyx-Tempel zurückstehlen und eine grüne Kerze, ein paar Streichhölzer und etwas Süßgras einpacken. Jetzt, da die Entscheidung gefallen war, fühlte sie sich gleich viel besser. Sie wollte gerade losfahren, da hörte sie das Klacken von Cowboystiefeln auf dem Asphalt und dann Dallas’ übertrieben lockere, laute Stimme.
»Ich mach hier nur einen Spaziergang zu Zoeys Auto. Ich hab überhaupt nicht vor, mich an Stevie Rae ranzuschleichen und ihr einen Heidenschrecken einzujagen.«
Stevie Rae ließ das Fenster herunter und grinste ihn an. »Heyho, Dallas! Ich dachte, Kramisha hätte gesagt, du wärst mit Dragon beim Training.«
»War ich auch. Hey, schau mal, was für ein cooles Messer er mir gegeben hat. Meinte, es wär ein Langdolch. Und ich hätte ’ne Begabung dafür.«
Stevie Rae sah zweifelnd zu, wie Dallas ein spitzes, zweischneidiges Messer aus einem Lederhalfter an seiner Hüfte zog und es unsicher vor sich hielt, als hätte er Angst, es könnte jemanden oder ihn selbst verletzen.
»Sieht wahnsinnig scharf aus.« Sie versuchte, so was wie Begeisterung in ihre Stimme zu legen.
»Ja, deshalb benutze ich es auch noch nicht im Training, aber Dragon hat gemeint, ich könnte es ruhig tragen. Fürs erste. Wenn ich vorsichtig bin.«
»Oh, okay. Gut.« Und wenn sie eine Million Jahre alt werden würde, diesen Jungskram würde sie nie verstehen. Da war Stevie Rae sicher.
»Ja, also, ich war also mit dem Dolchtraining fertig, da bin ich auf dem Weg von der Sporthalle in Kramisha reingerannt«, sagte Dallas und steckte den Langdolch wieder weg. »Sie sagte, sie hätte sich hier von dir getrennt, weil du dabei wärst abzuhauen, um irgendein Erdbrimborium zu machen. Ich dachte, ich fang dich noch ab und komme mit.«
»Oh. Das ist nett, Dallas, aber ich komm schon allein klar. Aber du könntest mir ’nen Riesengefallen tun, wenn du zum Nyx-Tempel rennen und ’ne grüne Kerze und ’n paar Streichhölzer holen würdest. Und wenn du im Tempel zufällig Süßgras siehst, kannst du das auch mitbringen, ja? Ich weiß nich, wo ich mit den Gedanken war, aber das Erde-Beschwören geht tausendmal besser, wenn man ’ne Erdkerze hat, und die hab ich total vergessen, und das Süßgras für die positive Energie auch.«
Sie war überrascht, als Dallas nicht einfach ›kay‹ sagte und losjoggte. Stattdessen blieb er stehen, die Hände in den Hosentaschen, und betrachtete sie irgendwie
Weitere Kostenlose Bücher