Hühner Voodoo (German Edition)
Profession hatte sie sehr bewusst gewählt, weil sie sich perfekt mit einer Familie, also eigenen Kindern, verbinden ließ. Nach ihrem Studium und einigen Jahren im Beruf war das nämlich ihr nächstes Ziel: die Gründung einer Familie. Das hatte sie Frederick bereits mehrmals mitgeteilt. Diese Information schreckte Frederick nicht ab. Im Gegenteil, genau das war es ja, was er ebenfalls anstrebte. Sie stellten erfreut fest, dass sie auch identische Ethik- und Moralvorstellungen hatten, also stand einem gemeinsamen harmonischen Leben nichts im Wege. Außer der Tatsache, dass Frederick noch den Tod seiner letzten Freundin überwinden musste. Auch dafür hatte Sandra Verständnis. «Das braucht Zeit, das verstehe ich. Wenn du so weit bist, dann machst du mir einen Antrag.» Sandra hatte mit einer Wartezeit von vielleicht einem Jahr gerechnet. Aber auch nach Ablauf eines weiteren Jahres blieb der Antrag aus. Sandra begann daran zu zweifeln, ob Frederick überhaupt vorhatte, sie zu heiraten. Er mied dieses Thema wie der Teufel das Weihwasser und wich auch sehr deutlichen Anfragen ihrerseits aus. Schließlich mied er Sandra sogar ganz.
Daher erschien sie an diesem Morgen verärgert bei ihm im Bestattungsinstitut.
«Was soll das?» Sie kam gleich zur Sache. «Wieso meldest du dich nicht mehr? Und wieso gehst du nicht ans Telefon, wenn ich dich anrufe?»
«Sandra, das hat nichts mit dir zu tun.»
«Sondern?», fragte sie, aber man konnte heraushören, dass es keine echte Frage war. Eher der Beginn einer Gardinenpredigt. «Hältst du mich hin? Hast du nicht den Mut, mir zu sagen, dass du es dir anders überlegt hast?»
«Nein, das ist nicht der Grund. Wirklich nicht. Sandra, du weißt doch … Ich hab dir doch erzählt, dass ich schlechte Erfahrungen gemacht habe.»
«Buhu! Ich weine gleich. In unserem Alter hat jeder schon mal schlechte Erfahrungen gemacht, Frederick.»
Frederick seufzte.
Er hatte Sandra die näheren Umstände erklärt.
«Du weißt doch, was passiert ist. Und … also, ich befürchte, das hatte mit meinem Heiratsantrag zu tun.»
«Es waren Unfälle.»
«Schon. Aber es waren wirklich sehr merkwürdige Umstände. Das musst du zugeben.»
«Ach, Frederick, wenn du dir auch so komplizierte Situationen ausdenkst. Was ist denn dagegen einzuwenden, einer Frau ganz traditionell bei einem romantischen Abendessen in einem schicken Restaurant einen Antrag zu machen? Keine Wespen, kein Sturz aus einem Ballon möglich. Ist dir das zu langweilig?»
Frederick schluckte. Und schwieg.
Sandras Geduld war zu Ende. Sie drehte sich um und wollte gehen.
«Sandra, warte.» Er hielt sie an der Schulter fest. «Ich will dich doch heiraten, aber wir müssen vorher reden.»
Sandra stöhnte auf. «Wir reden seit über zwei Jahren! Es gibt nichts mehr zu reden. Ich dachte, wir wären uns einig. Entscheide dich. Jetzt.»
«Sandra, ich muss jetzt zu einer Beerdigung.»
«Natürlich. Tolle Ausrede.»
«Das ist keine Ausrede, ich … Lass uns heute Abend gemeinsam essen gehen. Okay?»
Sie horchte auf. «Abendessen?»
«Ja. Ein romantisches Abendessen in einem schicken Restaurant. Okay?»
Sandra lächelte. «Versprochen?»
«Versprochen!»
Sie küsste ihn flüchtig auf die Lippen. «Okay. Wir gehen essen. Aber das ist deine letzte Chance.»
Sie drehte sich um und ging.
Frederick sah ihr unglücklich hinterher.
Auf dem Weg in die Stadt versuchte sich Gwendolyn daran zu erinnern, welchen Beruf Britta eigentlich hatte. Sie hielt es für strategisch klug, ihr erst einen Job zu suchen und danach eine Wohnung. Sie würde das nicht Britta überlassen, da sie dann keinen Einfluss auf die Dauer ihres Aufenthaltes in ihrem Haus hätte. Und nach Brittas Ankündigung, sie würde nun für immer bei ihr bleiben, war sie nicht so sicher, ob Britta genug Motivation verspüren würde, diesen Prozess überhaupt in Gang zu setzen.
Als sie durch die Stadt lief und an einem Blumengeschäft vorbeikam, fiel es ihr wieder ein. Richtig: Ihre Nichte war Floristin. Kurz entschlossen ging sie rein und fragte nach einer freien Stelle. Kein Glück. Aber das war ja nicht der einzige Blumenladen. Die nächsten beiden hatten auch keinen Job anzubieten. Vielleicht war es gar nicht so einfach, eine geeignete Arbeitsstelle zu finden. Sie müsste ihre Vorgehensweise ändern. Sie ging in ein Café, um nachzudenken. Erst nachdem sie bestellt hatte, fiel ihr ein, dass dort bestimmt erwartet würde, dass sie ihren Kaffee bezahlte. Sie ärgerte sich ein
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